Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
Gawyn. »Ein Schattenfreund ? Da würde ich eher glauben, dass meine Mutter eine Schattenfreundin ist. Sag Cauthon, er soll die Finger vom kaiserlichen Branntwein seiner Frau lassen; offensichtlich hat er zu viel davon gehabt.«
»Ich bin geneigt, Gawyn zuzustimmen«, sagte Egwene langsam. Dennoch konnte sie die Unregelmäßigkeiten in der Führung des Heeres nicht ignorieren. Sie würde das durchdenken müssen.
»Mat passt immer auf Leute auf, auf die man nicht aufpassen muss«, sagte sie dann. »Er versucht lediglich, mich zu beschützen. Sag ihm, dass wir die Warnung … zu schätzen wissen.«
»Egwene«, sagte Min. »Er schien sich sicher zu sein. Das ist kein Scherz. Er will, dass du ihm deine Heere übergibst.«
»Meine Heere«, sagte Egwene tonlos.
»Ja.«
»In den Händen von Matrim Cauthon.«
»Äh … ja. Vielleicht sollte ich erwähnen, dass die Kaiserin ihm den Befehl über sämtliche seanchanische Truppen übergeben hat. Er ist jetzt Generalmarschall Cauthon.«
Ta’veren. Egwene schüttelte den Kopf. »Mat ist ein guter Taktiker, aber ihm die Verbände der Weißen Burg zu übergeben … Nein, das ist einfach unmöglich. Davon abgesehen könnte ich ihm die Heere gar nicht überlassen – der Saal der Burg hat die Autorität darüber. Und nun, wie können wir diese Herren, die dich umgeben, davon überzeugen, dass du mich gefahrlos begleiten kannst?«
So ungern Egwene das auch zugab, sie brauchten die Seanchaner. Sie würde ihre Allianz nicht aufs Spiel setzen, um Min zu retten, vor allem, da es nicht den Anschein hatte, als befände sie sich in unmittelbarer Gefahr. Falls die Seanchaner allerdings entdecken sollten, dass Min ihnen damals in Falme den Treueid geleistet hatte und dann geflohen war …
»Mach dir um mich keine Sorgen.« Min schnitt eine Grimasse. »Ich schätze, ich bin bei Fortuona besser dran. Dank Mat hat sie von einem gewissen Talent meinerseits erfahren, und dadurch könnte ich ihr möglicherweise helfen. Und dir.«
Die Bemerkung war voller Andeutungen. Die Totenwächter waren zu stoisch, um ihr Missfallen zu zeigen, dass Min die Kaiserin beim Namen nannte, aber sie schienen steifer zu werden und ihre Mienen sich zu verhärten. Pass bloß auf, Min, dachte Egwene. Du steckst in einem Dornengebüsch.
Min schien das nicht zu kümmern. »Wirst du zumindest über Mats Worte nachdenken?«
»Dass Gareth Bryne ein Schattenfreund ist?«, sagte Egwene. Es war wirklich lächerlich. »Kehr um und sage Mat, er soll uns seine Vorschläge für die Schlachtordnung zukommen lassen, wenn er darauf besteht. Und jetzt muss ich meine Befehlshaber finden, um unsere nächsten Schritte zu planen.«
Gareth Bryne, wo steckst du?
Schwarze Pfeile erhoben sich beinahe unsichtbar in die Luft und fielen dann wie eine brechende Welle. Sie trafen Ituraldes Heer am Passeingang zum Tal von Thakan’dar und prallten von Schilden ab oder bohrten sich in Fleisch. Einer landete nur wenige Zoll entfernt von Ituraldes Standort auf einem Felsvorsprung.
Ituralde zuckte nicht zusammen. Aufrecht stand er da, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Aber er murrte: »Wir haben die Dinge etwas zu nahe herankommen lassen, was?«
Der Asha’man Binde, der an seiner Seite in der Nacht stand, verzog das Gesicht. »Tut mir leid, Lord Ituralde.« Es war seine Aufgabe, die Pfeile abzuwehren. Bis jetzt hatte er gute Arbeit geleistet. Aber manchmal trat ein gedankenverlorener Ausdruck auf sein Gesicht, und dann murmelte er etwas davon, dass »sie« versuchten, sich »seine Hände zu holen«.
»Aufmerksam bleiben«, mahnte Ituralde.
Sein Kopf dröhnte. Früher in dieser Nacht waren da wieder Träume gewesen, so schrecklich realistisch. Er hatte zugesehen, wie Trollocs seine Familienangehörigen lebendig fraßen, und er hatte sie nicht retten können. Er hatte gekämpft und geweint, als sie Tamsin und die Kinder verschlungen hatten, aber zugleich hatte ihn der Gestank des kochenden und brennenden Fleisches angezogen.
Am Ende des Traums hatte er sich den Ungeheuern bei ihrem Festmahl angeschlossen.
Denk nicht mehr dran, sagte er sich. Das fiel nicht leicht. Die Träume waren so lebendig gewesen. Der Trolloc-Angriff hatte ihn geweckt, worüber er froh war.
Er war bereit dafür gewesen. Seine Männer zündeten die Holzstöße an den Barrikaden an. Die Tiermenschen hatten schließlich seine Dornenhindernisse überwunden, dafür aber einen gewaltigen Blutzoll bezahlt. Jetzt kämpften seine Soldaten am Passeingang und
Weitere Kostenlose Bücher