Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
Mayener, der ungeschickt seinen Speer und ein Kurzschwert in den Händen hielt, folgte dem größeren Aielmann etwas langsamer. Eine kleine Armee marschierte hinter dem Far Aldazar Din her, Diener in den verschiedensten Livrees; ein tairenischer Verteidiger des Steins mit glänzendem Brustharnisch und im schwarz-goldenen Rock, ein Soldat aus Cairhien, der den Vorderteil seines Schädels kahl geschoren hatte und dessen Harnisch viel eingedellter und benutzter wirkte als bei dem Tairener, zwei junge Aielfrauen in dunklen, schweren Röcken und lose hängenden weißen Blusen, die Rand als Schülerinnen der Weisen Frauen zu erkennen glaubte. Die Nachricht von seiner Ankunft würde sich schnell verbreiten. Das war immer so.
Wenigstens war Alanna weit entfernt. Auch Verin natürlich, aber vor allem Alanna. Er spürte ihre Gegenwart noch immer, selbst auf diese Entfernung. Es war aber nur der unbestimmte Eindruck, sie befinde sich irgendwo im Westen. Als berühre eine Hand beinahe, aber doch nicht ganz, die Härchen in seinem Nacken. Gab es eine Möglichkeit, sie ganz loszuwerden? Er griff einen Augenblick lang nach Saidin , spürte aber keinen Unterschied.
Du wirst nie den Fallen entgehen, die du selbst aufstellst. Lews Therins Murmeln klang verwirrt. Nur eine größere Macht kann solch einen Bann brechen, und dann sitzt du schon wieder in der Falle. Für alle Ewigkeit gefangen, damit du nicht sterben kannst.
Ihm schauderte. Manchmal erschien es Rand wirklich so, als unterhalte sich die Stimme mit ihm. Wenn das Gequatsche nur von Zeit zu Zeit einen Sinn ergäbe, dann wäre das Gefühl leichter zu ertragen, sie im Kopf mit herumzuschleppen.
»Ich sehe Euch, Car’a’carn «, sagte einer der Brüder des Adlers. Seine grauen Augen befanden sich auf einer Höhe mit Rands Augen, und die Narbe, die sich schräg über seinen Nasenrücken zog, hob sich weiß von dem sonnengebräunten Gesicht ab. »Ich bin Corman von den Mosaada Goshien. Mögt Ihr heute Schatten finden.«
Rand hatte keine Gelegenheit, die passende Antwort zu geben, denn schon schob sich der mayenische Offizier mit dem rosa Gesicht an ihm vorbei. Na ja, er hatte Schwierigkeiten damit, denn er war zu schmächtig, um einen Mann wegzuschieben, der einen Kopf größer war als er selbst und um die Hälfte breiter gebaut, und dann war es ja auch noch ein Aiel, wenn auch jung genug, dass er hätte glauben können, der Mann werde sich das gefallen lassen. Aber er drängte sich neben Corman, sodass er direkt vor Rand stand, wobei er den roten Helm mit einer einzigen schmalen roten Feder unter den Arm klemmte. »Mein Lord Drache, ich bin Havien Nurelle, Lordleutnant der Geflügelten Wache« – auf die Seiten seines Helms waren tatsächlich Flügel gelötet worden – »im Dienst von Berelain sur Paendrag Paeron, der Ersten von Mayene, und stehe Euch zu Diensten.« Corman warf ihm einen amüsierten Blick zu.
»Ich sehe Euch, Havien Nurelle«, sagte Rand ernst, und der Junge blinzelte überrascht. Der Junge? Wenn er es sich überlegte, war er keineswegs jünger als Rand. Diese Erkenntnis kam wie ein Schock! »Wenn Ihr und Corman mir bitte zeigen würdet …« Mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass Aviendha fort war. Er mühte sich nach Kräften, diese Frau zu meiden, und beim ersten Mal, als er sich bereitfand, sie in seiner Nähe zu dulden, schlüpfte sie weg, kaum dass er seinen Blick abgewandt hatte! »Bringt mich zu Berelain und Rhuarc«, befahl er grob. »Sollten sie nicht beisammen sein, bringt Ihr mich zu dem, der sich näher befindet, und dann sucht Ihr den anderen.« Zweifellos war sie gleich zu den Weisen Frauen gerannt, um zu berichten, was er alles getan hatte. Er würde die Frau hier zurücklassen!
Was du willst ist das, was du nicht haben kannst. Was du nicht haben kannst ist das, was du willst. Lews Therin lachte irr. Es störte Rand nicht in dem Maße wie früher. Nicht ganz so jedenfalls. Was ertragen werden musste, konnte ertragen werden.
Corman und Havien besprachen, wen sie zuerst aufsuchen sollten, und dann machten sie sich gemeinsam mit Rand auf den Weg, wobei sie ihre Männer zurückließen. Trotzdem gab es noch eine regelrechte Prozession, da alle Töchter und Roten Schilde ihnen in kurzem Abstand folgten und alles sich in dem niedrigen Gang drängte. Der Korridor erweckte einen düsteren, bedrückenden Eindruck, obwohl die Lampen auf den Kandelabern brannten. Es gab überall sehr wenig Farbe, außer bei den Wandbehängen. Die Menschen hier
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