Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
beide auf! Das wisst Ihr!«
Er hatte recht, zumindest in gewisser Weise. Wenn die Wächter sie hier fanden, würden sie beide in den Verliesen unterhalb der Ratsherrinnenhalle landen. Noch mehr Rasseln ertönten. Die Hüter mussten bemerkt haben, dass drei Männer nacheinander in die Gasse geschlüpft waren. Vielleicht hatten sie sogar Kismans Schwert gesehen. Rand nickte zögernd.
Der Tairener wich vorsichtig zurück, und als er sah, dass Rand keinerlei Anstalten machte, ihm zu folgen, stieß er das Schwert in die Scheide und rannte mit wehendem Umhang los.
Rand warf das geborgte Schwert auf Rochaids Leiche und rannte in die andere Richtung. Aus dieser Richtung ertönten noch keine Rasseln. Mit etwas Glück würde er wieder auf der Straße sein und in der Menge untertauchen können, bevor er entdeckt wurde. Er hatte andere Dinge als die Schlinge zu fürchten. Um dem Henker zu entgehen, musste er bloß die Handschuhe ausziehen und die Drachen auf den Armen zeigen, davon war er überzeugt. Aber der Rat hatte verkündet, dass er Elaidas seltsame Proklamation anerkannte. Sobald er in einer Zelle steckte, würde er dort auch bleiben, bis ihn die Weiße Burg abholen ließ. Also rannte er so schnell, wie er nur konnte.
Kisman tauchte in der Menge unter und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als drei Straßenhüter in die Gasse liefen, aus der er gerade gekommen war. Er hielt den Umhang fest, um das Schwert zu verbergen, und passte sich an den Verkehrsstrom an. Nur nicht die Aufmerksamkeit eines Hüters erregen. Zwei von ihnen passierten ihn; sie hatten einen Gefangenen gefesselt und in einen großen Sack gesteckt, den sie an einem quer über die Schultern gelegten Stab trugen. Nur der Kopf des Mannes ragte heraus; sein Blick war wild und irrte umher. Kisman erschauderte. Sollten seine Augen zu Asche verbrennen, das hätte er sein können! Er!
Er war ein Narr gewesen, sich überhaupt von Rochaid dazu überreden zu lassen. Eigentlich hatten sie warten sollen, bis alle eingetroffen waren; sie waren einer nach dem anderen in die Stadt gekommen, um jede Aufmerksamkeit zu vermeiden. Rochaid hatte den Ruhm begehrt, derjenige zu sein, der al’Thor tötete. Der Murandianer war von dem Verlangen verzehrt worden, sich als besserer Mann als al’Thor zu beweisen. Jetzt war er tot, und um ein Haar wäre Raefar Kisman mit ihm gestorben, und das machte ihn sehr wütend. Er wollte eher Macht als Ruhm, vielleicht Tear vom Stein aus regieren. Vielleicht auch mehr. Er wollte unsterblich werden. Dies hatte man ihnen versprochen, das stand ihm zu. Ein Teil seiner Wut rührte daher, dass er sich nicht einmal sicher war, ob sie al’Thor tatsächlich töten sollten. Der Große Herr wusste, dass er es wollte – er würde erst wieder ruhig schlafen, wenn der Mann tot und begraben war! – trotzdem …
»Tötet ihn«, hatte der M’Hael befohlen, als er sie nach Cairhien schickte, aber die Tatsache, dass sie aufgeflogen waren, hatte ihn mindestens genauso verstimmt wie ihr Versagen. Far Madding sollte ihre letzte Chance sein; das hatte er deutlich zum Ausdruck gebracht. Dashiva war einfach verschwunden. Kisman wusste nicht, ob er geflohen war oder ob der M’Hael ihn getötet hatte, und es war ihm auch egal.
»Tötet ihn«, hatte Demandred später befohlen, aber er hatte hinzugefügt, dass es besser wäre, wenn sie starben, statt sich erneut dabei erwischen zu lassen. Egal von wem, selbst vom M’Hael, als wäre ihm Taims Befehl unbekannt.
Und noch geraume Zeit später hatte Moridin gesagt: »Tötet ihn, wenn es sein muss, aber bringt vor allem seine sämtlichen Besitztümer. Damit werdet ihr eure früheren Fehler wiedergutmachen.« Der Mann behauptete, einer der Auserwählten zu sein, und niemand war so verrückt, so eine Behauptung in die Welt zu setzen, wenn es nicht stimmte, doch ihm schienen al’Thors Besitztümer wichtiger zu sein als sein Tod, der Mord an ihm eine zufällige Beigabe und eigentlich unnötig.
Kisman hatte nur diese beiden Auserwählten kennengelernt, aber sie hatten ihm Kopfschmerzen bereitet. Sie waren schlimmer als Cairhiener. Vermutlich konnte das, was sie nicht sagten, einen Mann schneller töten als ein von einem Hochlord unterzeichneter Befehl. Nun, sobald Torval und Gedwyn eintrafen, konnten sie einen Plan schmieden …
Plötzlich verspürte er einen Stich im rechten Arm, und er starrte verblüfft auf das Blut, das sich auf seinem Umhang ausbreitete. Es fühlte sich nicht wie ein tiefer Schnitt
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