Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
dich aussetzen und Tuon sagen, dass sie dich nach deiner Gefangennahme kaufen kann, wenn sie dich dann noch will. In meinem Zorn werde ich die perfekte Hochlady sein. Sie werden mir glauben, Entchen. Ich habe Suroth bereits gesagt, dass ich mir die Haare abrasieren will.«
Mat grinste kläglich. Er glaubte ihr. Sie würde ihn wirklich verkaufen, wenn man ihn einfing. Frauen sind ein Labyrinth in einem nächtlichen Dornengestrüpp, lautete ein altes Sprichwort, und nicht einmal sie kennen den Weg.
Tylin bestand darauf, ihre Fesselung zu überwachen. Sie schien sogar stolz darauf zu sein. Sie musste mit Stoffbahnen gebunden werden, die er aus ihren Röcken herausschnitt, als hätte sie ihn überrascht und wäre überwältigt worden. Die Knoten mussten fest sein, damit sie nicht entkommen konnte, ganz egal, wie sehr sie auch dagegen ankämpfte, und sobald sie geknüpft waren, kämpfte sie damit und warf sich wild herum, dass es den Anschein hatte, als wollte sie sich tatsächlich befreien; ihr Mund verzog sich wütend, als es ihr nicht gelang. Knöchel und Handgelenke mussten auf ihrem Rücken zusammengebunden werden, und eine Leine musste von ihrem Hals zu einem der langen Bettpfosten führen, damit sie nicht auf dem Boden in den Korridor robben konnte. Und natürlich durfte sie auch nicht um Hilfe rufen. Als er ihr eines ihrer seidenen Taschentücher vorsichtig in den Mund schob und ein zweites davorband, um es an Ort und Stelle zu halten, lächelte sie, aber in ihren Augen lag ein wildes Funkeln. Ein Labyrinth in einem nächtlichen Dornengestrüpp.
»Ich werde dich vermissen«, sagte er leise, als er sie unter das Bett schob. Zu seiner Überraschung erkannte er, dass es die Wahrheit war. Licht! Rasch nahm er Umhang, Handschuhe und Speer und löschte auf dem Weg nach draußen die Lampen. Frauen konnten einen Mann in diesem Labyrinth einfangen, ohne dass er es bemerkte.
Die Korridore waren noch immer leer und still bis auf den Klang seiner hinkenden Schritte, aber jede Erleichterung, die er verspürte, verschwand in dem Augenblick, in dem er die Eingangshalle vor dem Stallhof erreichte.
Die einsame Lampe warf ihr flackerndes Licht auf die unweigerlich mit Blumen verzierten Wandteppiche, aber Juilin und seine Frau waren nicht da, genauso wenig wie Egeanin und die anderen. Bei der Zeit, die Tylin ihn aufgehalten hatte, hätten sie mittlerweile alle auf ihn warten müssen. Jenseits des Säulengangs strömte der Regen in einem schwarzen Vorhang zu Boden, der alles verbarg. Waren sie möglicherweise zu den Ställen gegangen? Diese Egeanin schien seinen Plan ständig zu ändern, wenn es ihr in den Sinn kam.
Er murmelte unhörbar vor sich hin, zog den Umhang um sich und bereitete sich darauf vor, durch den strömenden Regen zu den Ställen zu gehen. In dieser Nacht hatte er genug von Frauen ertragen.
»Also wollt Ihr wirklich gehen. Das kann ich nicht zulassen, Spielzeug.«
Mit einem Fluch drehte er sich auf dem Absatz herum und sah sich Tuon gegenüber; ihr dunkles Gesicht hinter dem langen, durchsichtigen Schleier war ernst. Der schmale Reif, der den Schleier auf ihrem rasierten Kopf hielt, war eine Masse aus Feuersteinen und Perlen, noch ein Vermögen, wenn man von dem breiten, juwelenbesetzten Gürtel um ihre Taille und der langen Kette um ihren Hals absah. Ein guter Zeitpunkt, um sich für Juwelen zu interessieren, ganz egal, wie kostbar sie waren. Wieso, beim Licht, war sie wach? Blut und Asche, wenn sie losrannte und nach den Wachen rief, um ihn aufzuhalten …
Verzweifelt griff er nach dem schmalen Mädchen, aber sie entwand sich ihm und stieß ihm den Ashandarei aus der Hand; der kurz angesetzte Schlag betäubte fast sein Handgelenk. Er erwartete, dass sie die Flucht ergriff, aber stattdessen deckte sie ihn mit einem Hagel aus Schlägen ein, hieb mit den Knöcheln zu, setzte ihre Hände wie Axtklingen ein. Er hatte flinke Hände, laut Thom die schnellsten, die der alte Gaukler jemals im Leben gesehen hatte, aber er war vollauf mit der Abwehr beschäftigt und konnte vergessen, sie packen zu wollen. Hätte er sich nicht so abmühen müssen, um zu verhindern, dass sie ihm die Nase brach – oder etwas anderes, was das anging; für eine so winzige Person konnte sie sehr hart zuschlagen –, hätte er das Ganze vielleicht sogar witzig gefunden. Obwohl er kaum mehr als über eine durchschnittliche Größe verfügte, ragte er hoch über sie hinaus, dennoch griff sie ihn wütend an, so als wäre sie die Größere
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