Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
zurückgebunden wurde, und war fast eine Handspanne größer als Nynaeve – aber sie erinnerte ihn stets an sie. Sie versperrte den Eingang.
»Perrin Aybara, Ihr seid ungestüm.« Ihre helle Stimme war ausgeglichen, aber er hatte den Eindruck, dass sie ernsthaft darüber nachdachte, ihm eins hinter die Ohren zu geben. »Auch wenn das unter den Umständen verständlich ist. Was wollt Ihr?«
»Wie …?« Er musste innehalten, um zu schlucken. »Wie wird man sie behandeln?«
»Das kann ich nicht sagen, Perrin Aybara.« Ihre Miene war ohne jedes Mitleid, ja sogar ausdruckslos. Darin hätten Aiel den Aes Sedai noch Unterricht geben können. »Feuchtländer zu Gefangenen zu machen ist gegen die Tradition, die einzige Ausnahme bilden die Baummörder, obwohl sich auch das geändert hat. Das Gleiche gilt für das wahllose Töten. Aber viele haben sich geweigert, die vom Car’a’carn enthüllten Wahrheiten zu akzeptieren. Einige sind von der Trostlosigkeit erfasst worden und haben ihre Speere niedergeworfen, aber vielleicht nehmen sie sie wieder auf. Andere sind einfach gegangen, um so zu leben, wie sie glauben, dass wir leben sollten. Ich kann nicht sagen, welche Sitten von jenen, die Clan und Sept verlassen haben, eingehalten oder verworfen werden.« Nur am Ende zeigte sie so etwas wie eine Gefühlsregung, als sie jene erwähnte, die Clan und Sept verließen.
»Licht, Frau, Ihr müsst doch eine Vorstellung haben! Sicherlich könnt Ihr eine Vermutung äußern …«
»Verliert nicht den Kopf!«, unterbrach sie ihn mit scharfer Stimme. »So reagieren Männer in solchen Situationen oft, aber wir brauchen Euch. Es wird Eurem Stand bei den Ghealdanern und Mayenern nicht guttun, wenn wir Euch fesseln müssen, bis Ihr Euch beruhigt habt. Geht in Euer Zelt. Wenn Ihr Eure Gedanken nicht kontrollieren könnt, dann trinkt, bis Ihr nicht mehr denken könnt. Und stört uns nicht beim Rat.« Sie duckte sich zurück in das Zelt, und die Eingänge wurden ruckartig zusammengezogen und fingen an zu zucken, als sie wieder verschnürt wurden.
Perrin betrachtete den Eingang nachdenklich, fuhr mit dem Daumen über die Messerklinge und rammte sie dann in die Scheide. Wenn er dort hereinplatzte, würden sie womöglich genau das tun, was Nevarin ihm angedroht hatte. Und sie konnten ihm nicht sagen, was er wissen wollte. Er glaubte nicht, dass sie zu so einem Zeitpunkt vor ihm Geheimnisse haben würden. Schon gar nicht, wenn es um Faile ging.
Auf dem Hügel war es ruhiger geworden, jetzt, da die meisten der Männer von den Zwei Flüssen gegangen waren. Der Rest von ihnen beobachtete noch immer wachsam das tiefer gelegene Lager der Ghealdaner; sie stampften gegen die Kälte mit den Füßen auf, aber keiner sprach. Die umherhuschenden Gai’shain machten kaum Geräusche. Sowohl das Lager der Ghealdaner wie auch das der Mayener wurde teilweise von Bäumen verdeckt, aber Perrin konnte sehen, dass man Wagen belud. Er entschied, trotzdem weiterhin Wachen aufzustellen. Möglicherweise wollte Arganda nur sein Misstrauen beschwichtigen. Ein Mann, der so roch, konnte … irrational handeln, beendete er den Gedanken trocken.
Für ihn gab es auf dem Hügel nichts mehr zu tun, also machte er sich auf den Weg zu seinem eine halbe Meile entfernten Zelt. Das Zelt, das er mit Faile teilte. Er stolperte genauso oft, wie er normal ging, musste sich mühsam weiterkämpfen, wenn der Schnee bis zu seinen Beinen reichte. Er hielt den Umhang eng um sich gezogen, nicht nur, damit er nicht im Wind flatterte, sondern auch um mehr Wärme zu haben. Aber da war keine Wärme.
Als er im Lager der Zwei Flüsse eintraf, herrschte dort emsiges Treiben. Die Wagen bildeten noch immer einen großen Kreis, und Männer und Frauen von Dobraines Gütern in Cairhien beluden sie, während andere die Pferde fürs Satteln vorbereiteten. Die Cairhiener, die wegen der Witterung so sehr vermummt waren, dass sie doppelt so dick wie gewöhnlich erschienen, schenkten ihm kaum einen Blick, aber jeder Mann von den Zwei Flüssen, der ihn erblickte, hielt inne, um ihn offen anzustarren, bis jemand ihm einen Stoß gab, damit er sich wieder seiner Tätigkeit zuwandte. Perrin war froh, dass keiner das in diesen Blicken liegende Mitleid zusätzlich mit Worten ausdrückte. Hätte es jemand getan, wäre er vermutlich zusammengebrochen und hätte geweint. Zumindest glaubte er das.
Hier schien es auch nichts für ihn zu tun zu geben. Sein großes Zelt – seines und Failes – war bereits abgebaut
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