Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
tief treibende Wolkenfetzen ihn dann verbargen und stetig dichter werdende Mondschatten über den Schnee glitten. Es fing an zu schneien. Schnee, der alle Spuren begraben würde. Die beiden Männer standen schweigend in der Kälte, sahen dem Schneefall zu und warteten und hofften.
KAPITEL 3
Sitten und Gebräuche
V on der ersten Stunde der Gefangenschaft an, in der sie sich durch die verschneiten Wälder kämpften, hatte Faile Angst zu erfrieren. Wind kam auf und erstarb wieder. Nur wenige der verstreut stehenden Bäume trugen noch Blätter, von denen die meisten braun und verwelkt waren. Der Wind strich ungehindert durch den Wald, und so kurz die Böen auch andauerten, trugen sie dennoch Eiseskälte mit sich. Sie dachte kaum an Perrin, einmal abgesehen von der Hoffnung, dass er irgendwie von Masemas geheimen Aktivitäten erfuhr. Und natürlich von den Shaido. Selbst wenn diese Hure Berelain die Einzige war, die ihn jetzt darüber noch informieren konnte. Sie hoffte, dass Berelain dem Hinterhalt entgangen war und Perrin alles berichtet hatte. Und dann in ein Loch gefallen und sich den Hals gebrochen hatte. Aber sie hatte viel dringlichere Sorgen als ihren Ehemann.
Sie hatte dieses Wetter als herbstlich bezeichnet, aber im saldaeanischen Herbst kam es vor, dass Menschen erfroren; von ihrer Kleidung waren nur noch ihre dunklen Wollstrümpfe übrig geblieben. Mit dem einen hatte man ihr die Ellbogen auf dem Rücken fest zusammengebunden, während der andere als Leine um ihren Hals lag. Mutige Worte boten eine dürftige Bedeckung für nackte Haut. Ihr war zu kalt, um zu schwitzen, doch ihre Beine schmerzten schon bald durch die Anstrengung, mit ihren Entführern Schritt zu halten. Die Shaido-Marschreihe, die aus verschleierten Männern und Töchtern des Speers bestand, wurde langsamer, sobald der Schnee bis zu ihren Knien reichte, nahm aber sofort ihren normalen Dauerlauf wieder auf, wenn er nur bis zu ihren Knöcheln ragte, und sie schienen nicht zu ermüden. Pferde wären nicht schneller vorangekommen. Am ganzen Leib zitternd kämpfte sich Faile am Ende ihrer Leine voran und mühte sich, durch Zähne, die sie zusammenbiss, um sie am Klappern zu hindern, ausreichend Atem zu schöpfen.
Die Shaido waren weniger, als sie beim Angriff gedacht hatte, kaum mehr als hundertfünfzig, und fast alle hielten Speere oder Bogen bereit. Kaum vorstellbar, dass sie jemand überraschen konnte. Sie hielten das Land, das sie durchquerten, aufmerksam im Auge, und abgesehen von dem leisen Knirschen des Schnees unter ihren weichen, kniehohen Stiefeln huschten sie geistergleich lautlos daher. Allerdings hob sich das Grün und Grau und Braun ihrer Kleidung von der weißen Landschaft ab. Seit der Überquerung der Drachenmauer hatte man dem Cadin’sor Grün hinzugefügt, um sich in einem grünen Land besser verbergen zu können. Das hatten ihr Bain und Chiad verraten. Warum hatten diese Leute kein Weiß für den Winter hinzugefügt? Im Moment konnte man sie aus einiger Entfernung sehen.
Faile versuchte, sich alles zu merken, was sich später als nützlich erweisen könnte, wenn die Zeit zur Flucht gekommen war. Sie hoffte, dass es ihre Mitgefangenen auch taten. Perrin würde die Shaido mit Sicherheit jagen, aber der Gedanke an eine Rettung fand keinen Eingang in ihre Berechnungen. Warte auf die Rettung und womöglich wartest du für alle Zeiten. Außerdem mussten sie so schnell wie möglich fliehen, bevor ihre Entführer sich mit dem Rest der Shaido vereinigten. Noch sah sie keine Möglichkeit, aber es musste einen Weg geben. Zumindest hatten sie das Glück, dass sich die Hauptgruppe der Shaido Tage von ihnen entfernt befinden musste. In diesem Teil von Amadicia herrschte das Chaos, aber sie hätten davon gehört, wenn sich Tausende von Shaido in ihrer Nähe befunden hätten.
Ganz zu Anfang hatte sie einmal versucht, zu den Frauen zurückzublicken, die zusammen mit ihr gefangen worden waren, aber der Versuch hatte lediglich zu einem Sturz in eine Schneebank geführt. Zur Hälfte unter weißem Pulverschnee begraben, hatte die eisige Berührung sie nach Luft schnappen lassen, und dann hatte sie erneut gekeucht, als der riesenhafte Shaido, der ihre Leine hielt, sie wieder auf die Füße setzte. Rolan, der so breit wie Perrin und mindestens einen ganzen Kopf größer war, hatte sie einfach an den Haaren in die Höhe gezerrt und sie mit einem Schlag auf den nackten Hintern angetrieben, um dann wieder in jenen weit ausholenden Dauerlauf zu
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