Das Rätsel deiner Leidenschaft
Hinterzimmer, maß die nötigen Ingredienzen ab und mischte sie – bis auf das Elixier, das Agnes später hinzufügen würde. So viel Zeit mit Max zu verbringen schwächte ihre Barrieren und verführte sie dazu, nicht nur an das zu denken, was ihr Körper wollte, sondern auch an das, wonach ihr Herz verlangte. Eine Nacht in seinen Armen war nicht genug gewesen, auch wenn sie das törichterweise angenommen hatte. Aber Max weckte eben mehr als nur Leidenschaft in ihr. Da war auch das leise Wispern ihres Herzens, das wissen wollte, was mit Liebe war ...
Sabine verdrängte diese Gedanken und konzentrierte sich auf ihre Aufgabe. Heute Morgen war viel zu tun im Laden, wie die fast unaufhörlich bimmelnden kleinen Glöckchen über der Eingangstür bewiesen. Ein Glück, dass Calliope sich um die Kunden kümmerte.
Doch nun trat sie um den Vorhang herum. »Sabine, da draußen ist ein Mann, der sagt, er ginge nicht eher, bis er mit dir gesprochen hat.«
Sabine beendete die Zugabe des Rosenöls zu ihrer Mischung und verschloss das Gefäß, bevor sie vom Tisch aufstand und in den Laden hinausging.
Sie sah den Mann sofort, der sie sprechen wollte, da er der einzige männliche Besucher im Geschäft war. Sie sah, wie er jedes einzelne Produkt in der Auslage begutachtete, wie er Flaschen und Tiegel öffnete, daran schnupperte und die gläsernen Behälter dann ins Licht hielt. Der arme Kerl wirkte ein wenig hilflos, wahrscheinlich suchte er nach einem Geschenk für seine Frau oder war von ihr geschickt worden, um etwas zu besorgen. In beiden Fällen hätten ihm jedoch ihre Tanten mühelos helfen können.
»Was kann ich für Sie tun?«, sprach Sabine den Mann an.
Er war nicht sehr groß, aber auffallend schlank, fast dürr sogar, sein Haar lichtete sich bereits, und sein mausgrauer Schnurrbart zuckte, als er sie durch seine Brille musterte. »Ich möchte gern mit der Eigentümerin dieses Ladens sprechen«, sagte er mit näselnder Stimme.
»Ja, das erwähnte meine Tante schon. Suchen Sie etwas für Ihre Frau Gemahlin?«, fragte sie.
Er räusperte sich. »Sind Sie die Besitzerin?«, fragte er und drückte seine Aktentasche an die Brust.
Sabines Nacken kribbelte, aber sie holte tief Luft und ermahnte sich, vernünftig zu sein. Es bestand kein Grund zu vermuten, dass dieser Mann der Auserwählte war. Es schien ihr auch deshalb so unwahrscheinlich zu sein, weil er so hilflos wirkte. Obwohl er gegen einige Frauen vielleicht noch einen ernst zu nehmenden Gegner abgäbe, war Sabine sicher, dass sie mühelos mit ihm fertigwerden würde. Und sowohl Madigan wie auch Phinneas waren starke Männer gewesen und groß genug, um diesen dünnen kleinen Mann zu bezwingen, der jetzt vor ihr stand. Nein, er konnte unmöglich der Auserwählte sein.
»Ja, ich bin die Eigentümerin. Gibt es ein Problem?«
Er lächelte sie an. Zumindest vermutete sie, dass dieses leichte Schnurrbartzucken seine Version eines Lächelns war. Das Laszive dieses kleinen Zuckens der Lippen verursachte Sabine unerwartet eine Gänsehaut. Sie rieb sich die Arme und schlang sie fest um ihren Körper.
Der Mann nahm einen der Tiegel mit der Miracle Creme und hob ihn hoch. »Stellen Sie diese Creme nach einem alten Familienrezept her?«
Sie hatten das Elixier in alle ihre Produkte gegeben, sogar in die Haarwässer für Männer. Und nicht nur das. Calliope verkaufte mittlerweile sogar Brot an eine nahe Bäckerei, das Kräuter enthielt, die mit dem Elixier befeuchtet worden waren. Sie hatten es so weit wie möglich verbreitet, um sicherzustellen, dass der Auserwählte es sehr schwer haben würde, sie in ihrem kleinen Laden in Piccadilly aufzuspüren.
»So ist es«, erwiderte sie, obwohl sie in Wahrheit nicht mehr getan hatten, als aus einem alten Buch ein Rezept für eine Creme herauszusuchen und das Elixier und einige Duftöle hinzuzufügen.
»Interessant.« Er beugte sich weiter vor. Sein Atem roch unangenehm. »Ich bin selbst in dem Geschäft. Als ausgebildeter Chemiker.« Er drückte ihr seine Karte in die Hand. »Sagen Sie, verwenden Sie auch Lanolin?«
»Ich fürchte, es steht mir nicht frei, über die Rezepturen unserer Produkte zu sprechen. Das verstehen Sie doch sicher«, entgegnete Sabine entschieden. Sie musste sichergehen, dass er begriff, dass sie ihm keine Informationen geben würde.
Er blickte sich im Laden um und spielte mit den Knöpfen an seinem Mantel. Sabine fiel auf, dass zwei fehlten. Dann zog der Mann sich den Mantel fester um seinen dürren Körper.
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