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Das Rätsel der Fatima

Das Rätsel der Fatima

Titel: Das Rätsel der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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löschen. Leise wimmernd und zusammengekrümmt wie ein Embryo lag das Mädchen am Boden. Und erst jetzt fiel Beatrice auf, dass sie die ganze Zeit allein gegen das Feuer gekämpft hatte. Weder Ming noch das andere Mädchen hatten auch nur einen Finger gerührt. Doch die Gefahr war kaum vorüber, als Ming auch schon auf das Mädchen zustürmte, es packte und schüttelte.
    »Dummes Ding!«, keifte sie die Kleine an, die ihren Kopf schützend hinter den Armen verbarg, so als würde sie Schläge erwarten. »Pass auf, wenn du Feuer machst! Wir alle hätten sterben können!«
    Beatrice biss die Zähne zusammen. Später würde sie Ming dafür zur Rede stellen. Jetzt musste sie sich zuerst um die Verletzte kümmern. Sie schob die Alte unsanft zur Seite und kniete sich neben dem Mädchen auf den Boden. Sanft berührte sie sie an der Schulter und drehte sie vorsichtig auf den Rücken. Sie mochte höchstens fünfzehn Jahre alt sein. Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie zitterte am ganzen Körper. Leise und kläglich, wie ein verwundetes Tier, wimmerte sie vor sich hin. Beatrice streichelte ihr beruhigend über das schwarze Haar.
    »Alles gut«, sagte sie. »Alles wird gut.«
    Behutsam untersuchte sie das Mädchen. Gesicht, Arme und Oberkörper waren zum Glück unversehrt. Allerdings waren beide Beine übel zugerichtet. Die weite Baumwollhose war bis zur Mitte der Oberschenkel völlig verbrannt. Vorsichtig, nur mit zwei Fingern hob Beatrice den verkohlten Stoff an den Beinen des Mädchens hoch. Die Haut war rot und blasig, nur an einigen, zum Glück bloß sehr wenigen und kleinen Stellen waren deutliche Anzeichen für tiefer gehende Hautschäden zu erkennen. Beatrice atmete erleichtert auf. Das Mädchen hatte noch Glück im Unglück gehabt, es hatte hauptsächlich Verbrennungen zweiten Grades erlitten. Richtig behandelt, sollte sie das sogar im Mittelalter überleben können.
    »Bring mir Wasser, klares, sauberes Wasser und saubere Tücher!«, befahl Beatrice dem anderen Mädchen.
    »Wozu?«, fragte Ming. Die Alte stand mürrisch mit vor der Brust verschränkten Armen ein Stück abseits.
    »Weil ich die Verletzungen behandeln will. Los, worauf wartet ihr noch? Bewegt euch!«
    Doch Ming schüttelte den Kopf. »Öl«, sagte sie. »Du musst Wunden mit Öl einreihen.«
    »Jawohl, und am besten danach Mehl darauf streuen und die Blasen aufstechen, damit das arme Ding auch ganz bestimmt an einer Infektion stirbt«, erwiderte Beatrice. Sie kochte vor Wut. »Das sind die Methoden der Ungebildeten. Wir brauchen Wasser. Klares, sauberes Wasser. Und saubere Tücher, am besten aus ungefärbter Baumwolle oder Leinen. Und ein Paar saubere Stäbchen.«
    Ming verzog mürrisch ihre Mundwinkel. »Hier, in diesem Land, wir behandeln immer Brandwunden mit Öl. Ich werde nicht…«
    »Du wirst, Ming!«, unterbrach Beatrice die Chinesin streng. »Ich bin Ärztin und trage die Verantwortung. Außerdem solltest du immer daran denken, wer von uns beiden das Recht hat, Befehle zu erteilen.«
    Ming presste die Lippen aufeinander, ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Wenn diese Augen zwei Samurai-Schwerter gewesen wären, Beatrice hätte ohne Zweifel filetiert und in mundgerechte Stücke zerteilt am Boden gelegen.
    »Was ist, bekomme ich jetzt das Wasser?«
    Ming nickte dem anderen Mädchen kurz zu. Es war ihr jedoch anzumerken, dass sie es nur widerwillig tat.
    Wenig später hatte Beatrice alles, was sie für die Behandlung der Verletzten brauchte. Vorsichtig, wie mit einer Pinzette, entfernte sie mit den Stäbchen die spärlichen, halb verkohlten Stoffreste von der Haut des Mädchens. Dann tauchte sie die sauberen Tücher in das klare Wasser und legte sie behutsam über die Beine. Die Kleine stöhnte und weinte vor Schmerzen.
    »Dummes Ding!«, schimpfte Ming und trat wieder zu dem Mädchen hin, das sofort am ganzen Körper zu zittern begann. »Steh endlich auf! Sieh, was du angerichtet hast!
    Decken sind schmutzig, deine Kleidung ist verbrannt! Das kostet viel. Du wirst sie bezahlen.«
    Die Kleine begann zu schluchzen. Beatrice platzte nun endgültig der Kragen.
    »Du hältst jetzt erst einmal den Mund, du alte Hexe!«, fauchte sie Ming an. »Wenn du diesem Mädchen auch nur ein Haar krümmst und es schlecht behandelst, bekommst du es mit mir zu tun. Ich werde dann dafür sorgen, dass du deine Tage als Bettlerin beenden kannst. Und ich rate dir, nicht mit meiner Gnade zu rechnen. Die hast du dir bislang nämlich nicht verdient. Hast du mich

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