Das Rätsel der Hibiskus-Brosche
hätten sie nicht so frei gesprochen. Sie hatten nichts anderes vor als... Sei vernünftig! sagte sie zu sich selbst. Werde nicht verrückt! Gebrauche deinen Kopf! Kämpfe, so gut du kannst, denn du kämpfst um dein Leben! Ruhig erklärte sie: »Gut, dann muß sie irgend etwas damit gemacht haben. Vielleicht hat sie sie jemandem gegeben?«
Damit beeindruckte sie die Kerle wirklich. Sie guckten sich ärgerlich an und schienen zu zögern. Beth sah jetzt deutlich, daß die Mörder von Vida Cox vor ihr standen, und das machte sie ganz hilflos. Ohne viel Hoffnung fragte sie unvermittelt: »Wo bin ich denn eigentlich? Wo haben Sie mich hingebracht? Ist das weit — weit von zu Hause?«
Wenn es das wäre, dann waren all ihre Anstrengungen umsonst gewesen, niemand würde die kleinen grünen Papierschnipsel finden.
Der Kleine kicherte abermals und sagte: »Nicht so weit und nicht so fern. Zu weit und doch nicht weit genug — das Rätsel löse mal!« Und dann flüsterten sie miteinander und gingen schließlich zur Tür. Dort standen sie, murmelten miteinander und berieten sich. Augenscheinlich hatten sie nicht erwartet, daß sie so strikt leugnen würde; darauf hatte der »Boss«, wer immer das auch sein mochte, sie nicht vorbereitet. Sie versuchte, einen Plan zu machen. Sollte sie lügen, vorgeben, daß sie die Brosche irgendwo versteckt hätte, sie auf die Suche schicken und damit Zeit gewinnen? Nicht um alles in der Welt wollte sie etwa behaupten, daß die Brosche zu Hause wäre, und so die Verbrecher in ihr Heim schicken! Aber sie konnte ja vorgeben, daß sie das Ding irgendwo versteckt hätte, vielleicht in einem Gebüsch. Sie fragte sich, ob das wohl das beste wäre, um Zeit zu gewinnen. Aber da wandten sie sich wieder ihr zu und sagten: »Denk noch mal gründlich darüber nach. Es ist besser, du sagst uns, was du damit gemacht hast! Letzten Endes ist das bestimmt für jeden das beste.« Damit gingen sie, kamen aber gleich wieder und brachten ihr Tee und etwas Brot.
Bald darauf setzten sie ihre eintönige Fragerei fort. Aber in der Zwischenzeit hatte sich Beth entschieden. Sie war eine recht gute Schauspielerin und hatte schon in mehreren Liebhaberaufführungen mitgespielt. Bill hatte ihr mal mit nicht allzu großer Begeisterung gesagt, sie könnte etwas »mit Erfolg vorführen«. Jetzt mußte sie die schwerste Rolle ihres Lebens spielen. Und wehe, wenn es kein Erfolg wurde!
Sie sagte: »Wenn Sie die Brosche bekommen, lassen Sie mich dann laufen?«
Ihre Gesichter versteinerten förmlich, und der große Mann erwiderte nur: »Natürlich lassen wir dich dann laufen. Du mußt nur deinen Mund halten.« Sie wußte zu genau, daß er nicht ein Wort davon ehrlich meinte, sagte aber: »Das werde ich bestimmt tun. Ich will ja selbst nicht, daß irgend jemand erfährt, daß ich hier mitgespielt habe. Ich werde sagen, daß ich mit Freunden weggegangen bin.«
Was für eine dumme Ausrede! Trotzdem versuchte sie zu lächeln und sagte lebhaft und völlig anders, als sie vorher gesprochen hatte: »Gut, also ich brauchte die Brosche. Aber nicht genug damit. Ich will es Ihnen erklären. Ich werde doch meinen Hals nicht für ein paar Rubine riskieren! Der wunde Punkt ist nur, wie ich aus der Sache wieder herauskomme.« Ihre Stimme hatte einen rauheren Ton angenommen, und sie hatte ein fast unverschämtes Lächeln aufgesetzt.
Der große Mann sagte: »Du hast es also schon die ganze Zeit über gewußt? Hat dir der Bengel am Flughafen die Geschichte verraten? Hat er dir gesagt, was sie wert ist?«
Sie dachte an den lächelnden Hawaii-Jungen und an die Rache, die ihn sicher treffen würde, und antwortete rasch: »Nein, der Junge war es nicht. Ich bin mit einem Freund gereist und holte die Brosche aus meiner Handtasche und steckte sie an mein Kleid. Da sagte mein Freund: >Das ist ja eine wundervolle Brosche! Die solltest du nicht so tragen, die ist ja ein Vermögen wert!<«
»Und da hast du dich entschlossen, sie zu behalten?«
»Warum denn nicht? Das sollte man doch mit einem Vermögen machen! Finden Sie nicht?« Sie blinzelte dem Kerl verständnisinnig zu.
»Ganz gewiß! Und du hast sie niemandem gezeigt?«
»Natürlich nicht! Dann dachte ich, man sollte die Leute lieber täuschen, ihnen vormachen, die Brosche wäre gar nichts wert. Deshalb brachte ich sie zu dem Verkaufsstand beim Basar; aber ehe ich sie zurückholen konnte, kam Vida Cox und nahm sie. Ich ging noch am selben Abend zu ihr hin und sagte ihr, daß die Brosche ein
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