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Das Rätsel der Hibiskus-Brosche

Das Rätsel der Hibiskus-Brosche

Titel: Das Rätsel der Hibiskus-Brosche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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Geheimpolizisten auf den richtigen Weg führte, weil er noch schlauer war als sie!
    Dieser berauschende Gedanke beflügelte Jerry vollends, und er setzte seine Erkundungsversuche fort. Er wußte, daß er allein Beth nicht retten konnte; aber er konnte versuchen, ihr ein Zeichen zu geben, ihr zu zeigen, daß die Rettung ganz nahe war. Jerry kämpfte gegen alle möglichen Bedenken, aber er ging doch weiter.
    Ein bißchen ängstlich war ihm allerdings zumute. Der Nebel hatte sich hier an den Fluß verzogen. Man konnte kaum die Hand vor Augen sehen, und er fürchtete, daß er die weiteren Papierstückchen nicht finden würde. Die ganze Gegend war einsam und verlassen. Er blieb stehen. Am liebsten wäre er zurückgegangen; doch in dem Augenblick sah er wieder ein Papierstückchen, direkt vor dem Huf seines Ponys. Das enthob ihn weiterer Überlegungen. Er wollte noch bis zum Gasthaus gehen, um dann umzukehren und Inspektor Wright so schnell wie nur möglich zu sagen, daß er zu dem alten Gasthaus gehen solle. Er brauchte keine Zeit mehr zu verschwenden — was sie nach Jerrys Meinung schon viel zu reichlich getan hatten — , um weitere Anhaltspunkte zu suchen. Er, Jerry, hatte das schon besorgt. Der Gedanke, daß er der Polizei so großartig half, wenn er sie nicht sogar auf den richtigen Weg geführt hatte, war überwältigend für ihn — er vergaß alle Angst.
    Und übrigens, was war denn schon dabei, wenn ein Junge die Straße hinunterritt? Die Männer, die er vielleicht traf, wußten ja nicht, wer er war; es würde ihnen nicht einfallen, ihn mit Beth in Verbindung zu bringen. Er wollte zum Fluß hinunterreiten und Steine ins Wasser werfen, gerade als wäre das nur ein Zeitvertreib für ihn, und dann schnell wieder nach Hause reiten. Der Gedanke, daß die ganze Qual sehr bald überstanden sein würde, tröstete ihn sehr, und Freude ließ sein Herz schneller schlagen.
    Er ging an den Schuppen vorbei, versuchte, nicht zu auffällig zu ihnen hinzugucken, und kam dann zu dem Gasthaus, das eigentlich fast im Wasser stand. Er erinnerte sich, daß seine Mutter einmal gesagt hatte, daß bei Flut die Kähne direkt bis ans Haus kämen und ihre Waren durch eine Falltür gleich in das Gasthaus entluden.
    Jetzt lief das Wasser gerade ab, und man konnte deutlich einen Schlammstreifen an dem verlassenen Gebäude sehen. Jerry brachte es großartig fertig, ganz zufällig hinzugucken, und er machte fast einen Luftsprung vor Freude, als er gerade gegenüber der Eingangstür vom Gasthaus wieder ein kleines Stückchen grünes Papier entdeckte. Er wollte es nicht aufheben, denn man sollte nicht den Eindruck haben, als hätte er es überhaupt bemerkt, falls ihn etwa jemand durch die schmutzigen Fensterscheiben beobachten sollte. Aber ganz bestimmt war sie dort! Wie sollte er ihr nur klarmachen, daß sie sich nicht mehr zu ängstigen brauchte, daß »die Befreiung nahe war«, wie es in den Schauerromanen immer so schön hieß?
    Plötzlich erinnerte er sich, daß Beth sich immer über sein Pfeifen lustig gemacht hatte. Er war eigentlich ganz stolz darauf gewesen, aber sie hatte gesagt: »Jerry, es ist schauerlich! Du pfeifst total falsch! Wie ein heiserer Vogel!« Er mußte grinsen, als er daran dachte, wie beleidigt er gewesen war.
    Vielleicht erkannte sie sein Pfeifen? Vielleicht saß sie irgendwo in diesem düsteren Gemäuer und wartete, lauschte, fürchtete sich. Er schaute wieder zu dem Haus hinüber. Kein Lebenszeichen war zu entdecken. Die Fenster an der Vorderseite waren mit Brettern vernagelt. Die Tür schien fest verbarrikadiert zu sein. Aber irgendwo steckte Beth. Warum sollte er nicht einfach hingehen? Warum sollte er nicht wenigstens ihren Namen rufen? Er zog den Zügel fest an, und Maus blieb stehen.
    Wieder zwang er sich zu vernünftigem Überlegen. Wenn da niemand war, war Beth doch eigentlich ziemlich sicher. Wenn aber Männer in dem Hause waren, wie konnte ein einzelner Junge sie dann retten? Nein, er konnte alles nur noch schlimmer machen! Aber pfeifen konnte er wenigstens. Plötzlich war aber jedes Lied, das er einmal gekannt hatte, aus seinem Gedächtnis verschwunden.
    Er konnte auf einmal auch nicht mehr pfeifen! Er spitzte die Lippen, brachte aber keinen einzigen Ton heraus. Er stieg von seinem Pony, nahm mit zitternden Fingern ein paar Kieselsteine auf und ging zu der morschen Bootsanlegestelle. Dort setzte er sich nieder und fing an, die Steine in den Fluß zu werfen, wobei er versuchte, sie springen zu lassen, wie er

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