Das Rätsel der Rückkehr - Roman
sie uns nieder, im Flug, wie Vögel. An einem Nachmittag wollte ich mich dem nicht mehr aussetzen wie ein Idiot, und behauptete, die Indianer würden das Gelände besser als die Cowboys kennen, es wäre unsinnig, diese Erfahrung nicht anzuwenden. Da kam ich sofort zu den Cowboys. Ein Indianer, der sich wehrt, ist also ein Cowboy. In dem Moment wurde mir klar, ob Cowboy oder Indianer, hing nur von der Laune des Spielführers ab. Oder von dem, der die Geschichte erzählt. Ich brauche mich nicht über den Platz zu beschweren, den man mir zuweist, brauche mir nur den Platz zu nehmen, den ich will. Es sind diese kleinen Frustrationen, die über die Jahre angestaut, irgendwann in eine blutige Revolte münden.
Ein Freund hat mich unangemeldet überrascht,
wir redeten den ganzen Abend.
Eine Abwechslung von den Verabredungen dort,
die immer telefonisch getroffen werden.
Wenn man dem Leben den Zufall nimmt,
wird ihm am Ende auch jede Spannung fehlen.
Sodass man, ohne es zu merken, stirbt.
Ich scheine alles hier
gut zu finden
und dort alles schlecht.
Das ist nur ausgleichende Gerechtigkeit.
Denn es gab eine Zeit,
da hasste ich alles hier.
Die Menschen können nichts
allzu lange verbergen.
Wir brauchen ihnen nur zuzusehen beim Leben,
schon ziehen sie sich vor uns aus.
Ein Cocktail aus Sex und Macht
und sie sind sturzbetrunken.
Ich bleibe wie betäubt in meinem Zimmer und schaue mir den Dokumentarfilm an, den ich schon einmal mit meinem Neffen sah. Der Lokalsender strahlt ihn in Dauerschleife aus. Der Erfolg einer solchen Reportage liegt, neben der Gewalt, die sie zeigt, in ihrer Klarheit. Brennende Sonne, staubige Straßen, zwei Brüder sind bereit, sich wegen der Liebe einer Frau gegenseitig zu töten. Ein Western. Hier hat der Tod endlich seine ästhetische Form.
Ohne Hemd, in Jeans.
In der Hand eine Knarre.
Tupac in Großaufnahme.
Der junge Fürst der Cité Soleil.
Sein Raubtierlachen wird den rosa Sex
der Mädchen kitzeln,
die in den Anwesen der Reichen
am Hang des Berges eingesperrt leben.
So eine lokale Legende ist selten,
bei der man sich mehr für die Gesichter
interessiert
als für die Landschaft.
Jetzt kommen die letzten Bilder.
Die Musik, die sagt, alles ist vorbei.
Mit ihrem Tod am Ende dieses Tages
werden die beiden zu Helden der Cité.
Ihre Geschichte versetzt mich an den Anfang,
als die Helden dieses Landes mit bloßen Füßen
durch den goldenen Staub liefen im Morgenrot.
Ich höre in der Ferne eine mitreißende Musik.
Ich stelle mir die Leute vor beim Trinken,
Flirten, Tanzen und Lachen.
Wer dächte, dass nicht weit von dieser Fete
ein Mann auf dem Rücken liegend
seinen Weg auf der Milchstraße sucht?
Mit fünfundfünzig Jahren sind drei Viertel
der Menschen, die ich kannte, tot.
Das halbe Jahrhundert, eine schwierige Grenze,
wenn man sie in einem solchen Land überschreiten muss.
Sie nähern sich dem Tod so rasch,
dass man statt von Lebenserwartung
besser von Todeserwartung sprechen sollte.
Wenn dich die Kugel verfehlt.
Wenn gar der Hunger dich verschont.
Die Krankheit wird dich erwischen.
Die drei zusammen, wenn man ein Auserwählter
der perversen höhnischen Götter ist,
die im Finstern Fratzen schneiden.
In meinem Schläfchen am frühen Abend
frage ich, wohin will dieser Sportwagen,
der im Höllentempo durch das Dunkel rast.
Sein Donnern dauert bis zur Wand
am Ende der Sackgasse.
Wenn ich meinen Ohren traue,
ist ein junger Bürger soeben
dem unerbittlichen Gott begegnet,
den das Geld seines Vaters nicht kaufen kann.
Ich sitze hier und betrachte,
was ich schon kenne,
auch ohne es gesehen zu haben,
und wiederhole ständig, was ich schon weiß.
Seltsames Gefühl der Lähmung,
wenn man so fiebrig ist.
Ist es beim Raubtier der Moment
vor dem Sprung?
Der Ex-Revolutionär in seinem Buick
Ein alter Arzt (ehemaliger Minister für Bauwesen und Verkehr), den ich auf einer Vernissage getroffen habe, bot mir an, zu ihm in sein Haus nach Kenscoff, in den Höhen über Pétionville, zu kommen. Seit einer Weile fahren wir in der Dunkelheit. Der gut gepflegte Buick 57 ist in der Karibik eine Art Rolls Royce. Ich bin der Gérard aus der Viererbande, sagt er, und schaut mich an. Ich war ein sehr enger Freund deines Vaters. Er erkennt an meinem verständnislosen Blick, dass ich nicht viel von meinem Vater weiß. Das wundert ihn nicht sehr. Wir waren die vier Unzertrennlichen: dein Vater, natürlich, und Jacques. Von dem habe ich gehört. Sicher, bemerkt
Weitere Kostenlose Bücher