Das Rätsel der Templer - Roman
stieg ihr in die Nase. Auch in dieser Hinsicht war er seinen Gewohnheiten treu geblieben.
»Hannah«, begann er leise und schaute ihr in die Augen. »Du hast zwar kein Physikstudium absolviert, aber ich hoffe trotzdem,
dass du halbwegs verstehen kannst, was ich dir jetzt offenbare. Du weißt nicht viel über meinen Job … und daran trage ich
gewiss die meiste Schuld. Aber wie hätte ich dir all das jemals erklären sollen? Und selbst wenn … ich durfte es ja nicht.«
Er stockte und wandte das Gesicht zur Decke. »Ach verdammt, du wirst mich für durchgeknallt halten, wenn ich dir die Wahrheit
sage!«
»Das einzig Gute an dir ist doch, dass du nicht lügen kannst«, erwiderte sie leise. »Auch wenn ich deine ehrliche Ader manchmal
gehasst habe.«
»Du weißt, dass ich in der Kernforschung arbeite.«
Sie nickte. Das war ihr nicht neu. Immerhin hatte er auf dem Gebiet der Quantenphysik sogar seinen Doktortitel erworben, noch
während sie ein Paar gewesen waren.
»Wir führen seit längerem geheime Experimente durch«, fuhr er fort, »die etwas mit Raum-Zeit-Synchronisation zu tun haben.
Die dazu gehörigen Forschungsarbeiten basieren auf der Theorie, dass die Zeit nicht nacheinander abläuft, wie es uns unsere
persönliche Wahrnehmung vorgaukelt, sondern parallel zueinander … und manchmal auch umgekehrt.«
Hannah bedachte ihn mit einem giftigen Blick. »Wird das jetzt ein Vortrag über schwarze Löcher? Oder über bedauernswerte Laborkatzen
in verschlossenen Kisten, von denen niemand weiß, ob sie die Versuchsanordnung überleben?« Sie setzte eine zweifelnde Miene
auf.
»Du weißt auch, dass ich seit einer Weile hier ganz in der Nähe in einem Institut der Amerikaner arbeite. Nach außen hin ist
es ein ganz normales Forschungslabor, das sich mit dem Abbau atomarer Waffen beschäftigt, aber es gibt dort eine Abteilung
in einem Hochsicherheitstrakt. |244| Außer der amerikanischen Regierung und ein paar streng überprüften wissenschaftlichen Mitarbeitern weiß niemand von der Existenz
dieser Abteilung. Noch nicht einmal die deutsche Regierung ist informiert.«
Hannahs Neugierde wuchs. Konzentriert hörte sie zu.
»Heute Nachmittag hat es einen Unfall gegeben. Deshalb ist wohl auch der Strom ausgefallen. Das Ergebnis dieses Unfalls liegt
unter anderem dort hinten in deinem Schlafzimmer. Die beiden kommen höchstwahrscheinlich aus dem beginnenden vierzehnten Jahrhundert.
Unsere letzten Untersuchungen richteten sich in diese Zeit. Mein Kollege Paul und ich haben sie nach der Explosion auf dem
Forschungsareal gefunden. Niemand sonst hat dort Zutritt. Das bedeutet, die beiden können unmöglich von außen in die Anlage
gekommen sein. Direkt vor dem Unfall habe ich etwas auf den Computerbildschirmen der Anlage ausmachen können, aber ich dachte
nicht, dass es Menschen seien.« Er senkte den Kopf und fuhr flüsternd fort, so dass Hannah Mühe hatte, seine letzen Worte
zu verstehen. »Hannah, der Typ auf deinem Bett und sein kleiner Begleiter sind durch die Zeit gereist, mindestens siebenhundert
Jahre! Eigentlich sollten sie nicht hier sein, aber irgendwie ist es doch passiert. Möglicherweise sind die beiden die Ursache,
warum um uns herum alles explodiert ist.«
Hannah wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Ein Zucken ihrer Mundwinkel schien ihn zu alarmieren, und er stieß
sie von sich. In der Dunkelheit wirkten seine braunen Augen wie zwei schwarze, glänzende Knöpfe.
»Hannah, du musst mir glauben. Das hier ist kein Scherz. Mein luxemburgischer Kollege, Paul Colbach, und ich haben uns entschlossen,
die beiden erst mal zu verstecken. Unser Institutsleiter, Professor Hagen, würde sie zu einem Dasein als lebenslängliche Versuchskaninchen
verurteilen, wenn er sie fände. Irgendwie muss es uns gelingen, sie dorthin zurückzubringen, wo sie hergekommen sind. Aber
bis das möglich ist, dürfen sie weder meinem Chef noch den amerikanischen Militärs in die Hände fallen. Außer Paul, dir und
mir weiß niemand etwas von der Existenz der beiden.« Er holte tief Luft, bevor er weitersprach, und es war, als suche er nach
weiteren Argumenten, um Hannah von dem Unfassbaren zu überzeugen.
|245| »Stell dir vor, es würde publik werden, dass es sie gibt. Die Presse wäre noch das geringste Übel. So eine Story glaubt so
schnell keiner, aber Geheimdienste, Militär, der Vatikan und irgendwelche anderen dunklen Mächte würden versuchen, an die
beiden
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