Das Rätsel der Templer - Roman
Feuerschläger?«, fragte Gero arglos.
Matthäus lächelte wissend. »Hier braucht es keinen Feuerschläger«, sagte er, drehte sich um und ging zur Tür.
»Halt ein!«, wollte Gero noch rufen, aber Matthäus hatte den Knopf schon betätigt, der die rätselhafte Deckenbeleuchtung wie
von Zauberhand entfachte. Im Nu war es taghell.
»Lösch es wieder, sofort!«, schalt er seinen Knappen leise.
»Warum?« Matthäus sah ihn verständnislos an.
»Wenn du noch einmal einen Befehl hinterfragst, wirst du es zu spüren bekommen«, zischte Gero wütend. »Lösch es!«
»Ja, doch«, murmelte Matthäus verdattert. »Soll ich eine Kerze anzünden?«, fragte er zaghaft und hielt dabei einen länglichen
Gegenstand in die Höhe, bei dem man, wie er erklärte, nicht mehr Werg und Zunderpilz bemühen musste, sondern ebenfalls auf
Knopfdruck eine Flamme erzeugte.
|334| »Nein«, erwiderte Gero unwirsch und faltete die Karte hastig zusammen.
Knurrend erhob er sich und steckte die Mappe dorthin, wo er sie hergenommen hatte. Dann nahm er sich doch eins der Bücher
und setzte sich auf einen Stuhl ans Fenster, wo die aufkommende Helligkeit es ihm ermöglichte, das Geschriebene halbwegs zu
entziffern.
Eine Ewigkeit mochte vergangen sein, während er Seite um Seite geblättert hatte, als plötzlich die Türglocke erklang. Aufgeschreckt
schaute Gero um sich und sah nur Matthäus, der nicht minder neugierig das Bücherregal studierte.
»Ist die Frau schon wach?«
Matthäus schüttelte den Kopf.
»Schau nach, wer dort ist«, sagte Gero leise und legte das Buch zur Seite, während er sich langsam erhob.
Einen Moment später kam Matthäus zurückgeeilt und baute sich vor Gero auf, als habe er eine wichtige Botschaft zu verkünden.
»Da draußen steht ein Mann«, meldete er aufgeregt, »der aussieht wie einer der Mamelucken, die sie in der Ordensburg von Troyes
als Sklaven halten.«
Geros Hand fuhr unwillkürlich zum Messergürtel, den er hier in dieser unbekannten Umgebung selbst in der Nacht nicht ablegte.
Er schob den Jungen zur Seite und marschierte geradewegs in den Hausflur. Entschlossen öffnete er die Eingangstür.
Der junge Mann sah ihn überrascht an. »Morgen, Post, ist Frau Schreyber nicht zu Hause?«
Gero befasste sich nicht lange damit, was der Kerl gemeint haben könnte. Blitzschnell registrierte er den dunklen Teint, die
schwarzen Locken und den muskulösen Körper. In seiner Hand hielt der stämmige Kerl neben einer mittelgroßen Kiste etwas, das
Gero völlig unbekannt war und das bedrohlich nah auf ihn gerichtet war.
»Unterschreiben Sie hier!«, redete der Fremde weiter.
Gero überlegte nicht, sondern riss dem Mann den Gegenstand aus der Hand und betrachtete ihn eindringlich.
Eh«, sagte die Stimme ein wenig unfreundlich. »Wie sind Sie denn drauf? Geben Sie das sofort wieder her!« Der Dunkelgelockte
sah ihn unverschämt fordernd an.
|335| Gero warf den unbekannten Gegenstand beiseite und riss dem Mann die Kiste aus der Hand. Dann zog er seinen Hirschfänger und
stach in das weiche, papierähnliche Material hinein. Zufrieden stellte er fest, dass sich die Kiste problemloser öffnen ließ
als eine todgeweihte Auster. Währenddessen starrte ihn der Überbringer der seltsamen Fracht mit aufgerissenen Augen an.
»Geben Sie mir sofort meinen Scanner zurück. Sonst rufe ich die Polizei!«, rief der Mann aufgeregt. »Überhaupt, was machen
Sie eigentlich hier?«
Geros Hand schnellte hervor und packte den ahnungslosen Boten am Kragen, und ehe der junge Mann begriff, was mit ihm geschah,
wurde er gegen die weiß getünchte Wand im Flur gepresst. Schmerzerfüllt rang er nach Atem und beäugte einen Moment später
von oben herab und mit jähem Entsetzen das riesige Messer, das mit der Spitze auf seine Kehle gerichtet war.
Geros Herz pochte heftig, während er den jungen Burschen musterte. Wenn dieser Kerl kein Mamelucke war, wollte er selbst kein
Templer mehr sein. Immerhin war es ein Mamelucke gewesen, der ihm eine seiner schlimmsten Verletzungen beigebracht hatte,
und es war ein anderer Mamelucke gewesen, der den Tod seines Onkels zu verantworten und seinem Vater die rechte Hand genommen
hatte. Nie würde er den Anblick dieser turkmenischen Kriegssklaven vergessen, die ausgebildet worden waren, um fränkische
Ritter zu massakrieren. Später hatten sie eigene Herrscher hervorgebracht, die nicht nur dem Templerorden herbe Verluste an
Menschen und Material beigebracht
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