Das Rätsel der Templer - Roman
Mittelhochdeutsch und mit einer Kälte
in seiner dunklen Stimme, die Hannah erschauern ließ. »Ich bevorzuge fügsame Weiber. Wenn du nicht möchtest, dass ich dich
züchtige, rate ich dir in Zukunft nachzudenken, bevor du sprichst!«
Die weniger Männer um sie herum, die ihn verstanden, lachten auf, Hannah aber spürte, wie ein unbändiger Zorn in ihr aufstieg.
»Na schön!«, knurrte sie und drehte sich auf dem Absatz um. »Du willst es nicht anders.«
»He«, sagte Anselm und hielt sie am Arm fest. »War doch nur Spaß, deshalb musst du doch nicht böse sein.«
Mit einem Ruck entzog sie sich ihm und warf ihm einen zornigen |401| Blick zu. »Spaß? Ich glaube nicht, dass du eine Ahnung davon hast, was hier vor sich geht«, erwiderte sie. »Trotzdem … danke
für die Einladung. Wir müssen nach Hause.«
Sie wandte sich ab und blickte sich suchend nach Matthäus um. Ihr war klar, dass sie sich unmöglich aufführte, dabei war ihr
zum Heulen zumute.
Matthäus tauchte neben Gero auf und schaute ihn fragend an. Er hatte gesehen, dass Hannah mit den Tränen kämpfte, bevor sie
seinen Herrn einfach stehen ließ.
»Was ist in sie gefahren?«, fragte Matthäus leise auf Französisch.
»Ich weiß nicht«, antwortete Gero verhalten, »aber ich werde es herausfinden.«
Mehr zu sich selbst murmelte er: »Ich glaube, ich habe einen Fehler begangen.«
Er sagte das, ohne den Blick von Hannah abzuwenden, die in Richtung Haus eilte. Entschlossen entledigte er sich des Schwertes,
seines Wappenrockes und des Kettenhemdes und übergab die Sachen wortlos an Anselm. Der hatte verblüfft mit angehört, das Gero
selbst mit dem Jungen altfranzösisch sprach.
Fast wäre Gero mit Hannah zusammengeprallt, als sie aus der Garderobe kam, wo sie ihren Mantel übergezogen hatte. Sie hielt
die Jacke von Matthäus in der Hand. Ein deutliches Zeichen, dass sie nicht gewillt war, den Weg nach Hause ohne den Jungen
anzutreten.
Gero packte sie unsanft am Handgelenk und zwang sie, ihm ins Gesicht zu sehen. Ihr Blick war verschwommen, rote Flecken bedeckten
ihren Hals. Er schaute sich um und wartete einen Augenblick, ohne sie loszulassen, bis sie alleine waren.
»Was?«, fragte er eindringlich. »Was habe ich falsch gemacht?«
Sie senkte den Blick. »Mir ist schlecht«, sagte sie und atmete tief durch. »Lass uns nach Hause gehen. Ich brauche frische
Luft.«
Plötzlich stand Matthäus neben ihr. »Fahren wir nicht mit dem Wagen?«
»Nein«, antwortete Hannah mit einem erschöpften Lächeln. »Ich hab’ zuviel Wein getrunken. In meinem Zustand ist es sicherer,
wenn man darauf verzichtet, einen Wagen zu steuern.«
|402| »Vernünftig«, befand Gero und nickte. »Kannst du dich noch an den Gehilfen vom alten Bratac erinnern?«, fragte er seinen Knappen.
»Ja«, antwortete der Junge arglos. »Ist der nicht vor einer Weile gestorben?«
»Der hat ständig gesoffen«, fuhr Gero fort, ohne auf die Bemerkung des Jungen einzugehen. »Hatte zuletzt ein böses Unglück
mit dem Fuhrwerk. Im Suff hat er die Pferde zu sehr angetrieben, die Zügel verloren und ist einen Abhang hinuntergefahren.
Eins der Pferde hat sich ein Bein gebrochen, es musste geschlachtet werden, und auch ihn selbst hat es übel erwischt – eine
volle Ladung Fässer ist über ihn hinweggerollt. Drei Monate später war er tot.«
»Netter Vergleich«, murmelte Hannah.
»Soll ich euch ein Taxi rufen?«, Judith stand plötzlich in der Garderobe und machte ein besorgtes Gesicht.
»Lass gut sein«, erwiderte Hannah. »Wir gehen zu Fuß. Ist ja nicht weit.«
»Du glaubst nicht, was da gerade los war!«, rief Piet, als er zu seinem Kollegen in den Wagen stieg. Immer noch kopfschüttelnd
betätigte er das Funkgerät.
»Jack«, keuchte er atemlos, während er sich anschnallte.
»Kommen«, ertönte es über Funk.
»Was sagst du zu den Bildern, die ich dir übermittelt habe?«
»Interessant«, antwortete sein Chef spöttisch. »Der Kerl sieht nicht so aus, wie ich mir einen Menschen aus dem Mittelalter
vorstelle. Fast ist zu befürchten, dass er wie unser Waffenexperte der so genannten Reenactor-Szene angehört. Das sind Leute,
die historische Zeiten mit Kostümen und nachempfundenen Schlachten wieder aufleben lassen. Bevor wir keine DNA-Proben von
dem Typ haben, können wir uns den Zugriff schenken.«
»Das hättest du mir früher sagen können«, entgegnete Piet, während er gleichzeitig den Motor des Wagens startete, »dann
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