Das Rätsel der Templer - Roman
fallen und wendete seinen Hengst.
|61| »Was ist mit Euch los, Bruder?«, fragte eine butterweiche Stimme direkt neben ihm.
Im ersten Augenblick hatte er sich beinahe erschrocken, weil er geglaubt hatte, Brunissende habe es aufgegeben, ihn zu bedrängen.
Jedoch ihr makelloses Gesicht suchte sich aufs Neue unbeirrt einen Weg durch den dunkelblauen Brokat, der ihre Schönheit wie
ein kostbares Gemälde umrahmte.
»Warum seid Ihr so abweisend? Gefalle ich Euch etwa nicht?«, säuselte sie.
Obwohl Gero sich innerlich sträubte, sah er sich nun gezwungen, sie anzusehen. Er senkte sein Haupt und versuchte, ihrem katzenhaften
Blick standzuhalten.
»Madame, ich will nicht unhöflich sein«, erwiderte er so ruhig wie nur möglich. »Es dürfte Euch nicht entgangen sein, dass
ich ein Ordensritter bin. Mir ist weder der Anblick noch die Unterhaltung mit einer mir nicht verwandten Frau gestattet.«
»Das ist aber schade«, erwiderte sie scheinheilig. »Ihr habt ja keine Ahnung, was Ihr alles versäumt.«
Ihr verführerisches Lächeln versetzte ihn in Unruhe. Er war ein unerschrockener Krieger, und er kannte so manche Strategie
gegen blitzschnelle Attacken, aber dem Überraschungsangriff dieser Dame vermochte er nichts entgegen zu setzen.
Er hatte bereits einen Fehler begangen, indem er nicht sofort den Rückzug angetreten, sondern einen Moment zu lange in ihrem
tiefen Blick gebadet hatte.
Mit einem Mal öffnete sich der Vorhang und vergönnte ihm trotz der kühlen Witterung einen Ausblick auf ihre entblößten Brüste,
die rund und fest mit aufragenden rosigen Knospen versehen, über ihren schmalen Rippen saßen.
Ihr gazellenhafter, elfenbeinfarbener Körper war nur mit einem durchsichtigen Gespinst aus Seide umhüllt. Aus Erzählungen
wusste Gero, dass die Huren in den verbotenen Badehäusern bevorzugt solche Gewänder trugen. Und so konnte es ihm nicht entgehen,
wie sie in einer lasziven Bewegung mit ihrer zierlichen Hand an ihrer bloßen, haarlosen Scham spielte, indem sie ihren Mittelfinger
in die gut sichtbare Spalte legte und sich mit verzücktem Blick daran zu schaffen machte.
|62| Den Zeigefinger der anderen Hand steckte sie sich gleichzeitig in den Mund und lutschte aufreizend daran, als ob es sich um
eine Süßigkeit handelte.
Ohne es zu wollen, hielt Gero für einen Augenblick den Atem an und schluckte verlegen.
»Es gehört alles Euch«, flüsterte sie mit einem einladenden Blick. Ihre Hände wanderten zu ihren Brüsten, und mit spitzen
Fingern streichelte sie über die Knospen, die sich vorwitzig unter dem durchscheinenden Stoff abzeichneten. »Heute Nacht noch
könnt Ihr Eure bescheidene Pritsche mit den weichen Kissen in meinem Wagen tauschen und Euch mit mir den Wonnen der fleischlichen
Lust hingeben. Zögert nicht! Es ist eine Einladung ins Paradies.«
Voller Entrüstung wollte er sich abwenden, aber er war kein unbedarfter Junge mehr, der vor den Reizen einer erfahrenen Frau
ängstlich Reißaus nahm. Und so wandte er nur für einen Moment seinen Blick ab und atmete tief durch, bevor er aufs Neue in
ihr forderndes Antlitz schaute.
»Wenn Ihr der Meinung seid, Madame, mich in Versuchung führen zu können, so muss ich Euch leider enttäuschen«, antwortete
er mit gespielter Gelassenheit.
Ihre eben noch erwartungsfrohe Miene verfinsterte sich. Mit einem Ruck zog sie den Vorhang vor ihre Blöße und lächelte ihn
spöttisch an.
»Also doch«, fauchte sie, während sich ihr Mund zu einer bittersüßen Anklage verzog. »Ich hätte nicht vermutet, dass es stimmt,
was man allenthalben über die Templer zu hören bekommt. Selbst ein gestandener Kerl, wie Ihr es seid, zieht es offenbar vor,
seinen Sporn lieber in den Hintern eines Kameraden zu stecken, als sich der Vorzüge einer schönen Frau zu bedienen. Wer hätte
das gedacht?«
Mit versteinertem Blick wandte Gero sich ab und lenkte sein Pferd hinter den Wagen. Scheinbar ungerührt inspizierte er die
Umgebung.
Seine Hände zitterten immer noch, als die Kolonne sich mit dem lauten Ruf der Fanfaren wieder in Bewegung setzte. Brunissende
hatte sich unterdessen in ihr samtblaues Reich zurückgezogen, wie eine Spinne, die sich an den äußeren Fäden ihres Netzes
zurückzog, um auf Beute zu lauern.
In seiner Phantasie hatte Gero sie in den vergangenen Augenblicken |63| ein dutzend Mal erwürgt und ebenso oft gevierteilt. Abgesehen davon, dass es ihm ganz und gar nicht in den Sinn gekommen wäre,
die Hure
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