Das Rätsel der Templer - Roman
erfahren,
wo Hannah letztendlich gelandet sein könnte. Die Idee, dass der letzte Großmeister der Templer die mehr als konfusen Zusammenhänge
rund um den Timeserver entschlüsseln könnte, hatte Hertzberg entwickelt, nachdem Hagens libanesischer Freund nicht in der
Lage gewesen war, endlich mehr Licht in die Angelegenheit zu bringen. Hertzbergs Vermutungen gingen sogar so weit, dass Molay
möglicherweise eine Verbindung des Timeservers zu noch viel weiter zurückliegenden Ereignissen bestätigen konnte, und vielleicht
führten diese geheimen Erkenntnisse sogar direkt zur Bundeslade, dem größten Heiligtum im Alten Testament.
Der Vorteil, es zunächst mit Jacques de Molay zu versuchen, lag darin begründet, dass man den Verbleib des Templers anhand
alter Urkunden auf Tag und Ort genau lokalisieren konnte. Für einen Mechanismus, der sich am Magnetfeld der Erde orientierte
und nur in einem Radius von neun Metern seine Wirkung entfaltete, war es unerlässlich, einen genauen Einsatzort und die genaue
Zeit zu bestimmen.
Im Vorbeifahren erhaschte Paul einen Blick auf Cattenom. Einer riesigen Wolkenfabrik gleich spuckten die vier großen Kühltürme
des Kernkraftwerks ihre weißen Dampfschwaden in den Himmel. Unwillkürlich stellte Paul sich die Frage, wie es hier wohl zu
Beginn des 14. Jahrhunderts ausgesehen hatte und was für eine Erfahrung es wohl sein mochte, wenn man unvermittelt die Zeiten
wechselte.
Gegen Abend erreichten sie Chinon. Während die Fahrzeuge der NSA abseits der Stadt in einem Waldweg abgestellt wurden, bereiteten
sich die schwer bewaffneten Agenten generalstabsmäßig auf ihren Einsatz vor.
|718| General Lafour, der es sich nicht hatte nehmen lassen, vor Ort persönlich das Kommando über zwanzig seiner besten Männer zu
übernehmen, teilte die Mannschaften ein. Zudem wurde ein Kontakt zum Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte in Paris
hergestellt, um notfalls rasch weitere Hubschrauber und Spezialkräfte anfordern zu können. Doch zunächst sollte die ganze
Aktion so lautlos und unauffällig wie möglich über die Bühne gehen. Niemand außer den beteiligten Personen durfte je erfahren,
was hier geschah.
Um 17 Uhr MEZ endeten die Besucherzeiten hoch oben auf dem Chateau. Mit Einbruch der Dunkelheit würde man sich über einen
stillgelegten Weinkeller Zugang zum Fort de Coudray verschaffen. Der gesamte Felsvorsprung bestand aus porösem Kalkgestein
und galt als unterhöhlt. Es hatte die Spezialisten der NSA wenig Mühe gekostet, Pläne aller Zugänge und Gangsysteme zu erlangen,
in denen heutzutage vorwiegend edle Weine und Champagner lagerten. Bis dahin war die Planung kalkulierbar. Doch was geschehen
würde, wenn man im Donjon des Fort du Coudray den Versuch startete, den berühmten Inhaftierten aus dem Jahre 1308 ins Jahr
2004 zu befördern, blieb reine Spekulation.
Tom zitterte vor Aufregung am ganzen Leib, als er gegen 23 Uhr zusammen mit Hertzberg und Paul einen schwarzen Overall anlegte.
Die schwarzen Masken würden sie – wie die Agenten der NSA, die zudem noch gepanzerte Westen trugen – erst kurz vor dem Eindringen
in den Keller überziehen. Tom kam sich vor, als ob er an den Vorbereitungen für einen Banküberfall teilhaben würde, als er
mit den anderen Männern in den Van kletterte, der sie im Schutz der Dunkelheit ins Innere der Stadt brachte. Bisher hatte
er alle Zweifel an ihrem Vorgehen verdrängt, doch je mehr sie sich entlang der engen, verlassenen Gassen der Festung näherten,
umso mulmiger war ihm zumute.
Sein Puls beschleunigte sich stetig, als die Männer der NSA lautlos wie Meuchelmörder eine gut verschlossene Tür binnen Sekunden
öffneten und ihn mit einer unmissverständlichen Geste aufforderten, ihnen in die Finsternis zu folgen.
Vorbei an Gerümpel und alten Lagerregalen kämpften sie sich durch lange, spinnwebenverhangene Gänge. Schließlich gelangte
die Gruppe, bestehend aus zehn Agenten, ihrem Anführer und drei Wissenschaftlern, |719| an eine vergitterte Tür, die mit einer dicken, verrosteten Eisenkette verschlossen war. Die Sauerstofflanze der NSA zerschnitt
das unvorhergesehene Hindernis mühelos.
Die Treppe, zu der sie dann gerieten, war so eng, dass nur ein Mann gleichzeitig hinaufgehen konnte. Tom zog den Kopf ein
und fragte sich, wie Menschen es zu früheren Zeiten in dieser furchteinflößenden Umgebung nur hatten aushalten können.
Nachdem sie die ersten zwei Etagen
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