Das Rätsel der Templer - Roman
einen weiteren Blick in den Flur
und wäre dabei fast mit dem Kopf des Soldaten zusammengestoßen.
Der Söldner, ein schon älterer Mann, stieß einen Aufschrei des Entsetzens aus, als Struan halb aus der Tür heraustrat und
dabei unbeabsichtigt das rote Kreuz auf seiner Brust präsentierte. Wie von einer Tarantel gestochen, drehte sich der Mann
um und rannte den Gang hinunter. Struan setzte ihm nach und warf ihm ein Messer hinterher. Der Flüchtende fasste sich überrascht
ans Genick und fiel tödlich getroffen vornüber.
Mit drei Schritten war Struan bei ihm, packte den Toten und zog ihn in eine der angrenzenden Kammern. Als er in den Flur zurückkehrte,
verschloss er hinter sich die Tür. Dann machte der Schotte sich daran, die beiden übrigen Leichen aus dem Dienstzimmer des
Komturs herauszuschleifen.
Gero sah ihn fragend an. »Was tust du?«
»Ich beseitige Spuren.« Struan wies mit einem Nicken auf d’Our. »Oder willst du, dass die Gens du Roi unseren Komtur für den
Tod der Mistkerle verantwortlich macht?«
»Selbstverständlich nicht«, antwortete Gero und wandte sich erneut seinem Komtur zu.
|78| Henri d’Our öffnete seine Lider, die er die ganze Zeit über geschlossen gehalten hatte. »Verdammt, Bruder Gerard, worauf wartet
ihr denn noch? Ihr und Eure Kameraden seid die einzigen, die den Orden noch retten können. Ihr müsst aufbrechen. Unverzüglich.
Das ist ein Befehl!«
Für einen Augenblick ruhte d’Ours schmerzverzerrter Blick auf den beiden Ritterbrüdern.
»Lebt wohl, Sire«, antwortete Gero heiser. Zusammen mit Struan beeilte er sich, zum Ausgang zu gelangen.
»Was meinte er damit, dass wir die einzigen sind, die den Orden noch retten können«, stieß Struan hervor, während er Gero
verstört ansah.
»Das erkläre ich dir später«, antwortete Gero knapp. Obwohl er bis auf den Hinweis, dass es nach Heisterbach gehen würde,
selbst nichts Genaues wusste.
Schwelender Rauch drang ihnen in Mund und Nase und ließ sie husten. Struan presste sich die Hand vor den Mund, um nicht unnötige
Aufmerksamkeit zu erregen. Am Fuße der Treppe angelangt, sahen sie, dass das Scriptorium brannte. Möglicherweise hatte jemand
nachgeholfen, denn das andere Feuer war noch zu weit entfernt, als dass es hätte übergreifen können. Über kurz oder lang würde
das gesamte Gebäude in Flammen aufgehen, und d’Our würde ebenfalls verbrennen, wenn sich niemand fand, der ihn aus seiner
Kammer herausholte.
Auf dem Hof herrschte immer noch genug Verwirrung, um unbemerkt zum Kreuzgang zu gelangen. Dort wollten Gero und Struan die
wartenden Brüder in Empfang nehmen. Jedoch von den Kameraden war weit und breit nichts zu sehen.
»Sicher haben sie zusammen mit Claudius in der Kapelle Schutz gesucht«, wandte Struan ein.
»Ich weiß nicht recht«, antwortete Gero und blickte unsicher umher. Mit einem flauen Gefühl im Magen schlich er hinter Struan
her. Dabei nutzten sie die schützende Dunkelheit des Kreuzganges, um zum immer noch unbewachten Eingang der Kapelle zu gelangen.
Aus dem Augenwinkel heraus konnte Gero beobachten, wie zwei weitere Schergen Nogarets die Treppe zu d’Ours Klause hinaufliefen.
Ein Wink des Schicksals. Wenn die beiden Templer nicht entdeckt |79| werden wollten, mussten sie sich beeilen, um mit den anderen Brüdern nach draußen zu klettern.
Kurz bevor sie die kleine Eisentür erreichten, wurden sie auf ein unterdrücktes Stöhnen aufmerksam. Es kam aus einer engen,
steinernen Nische, an einer Stelle, wo der Kreuzgang in den Innenhof mündete. Gero verharrte einen Moment im Schatten der
Außenmauer und lauschte, ob er sich vielleicht geirrt hatte. Als er weitergehen wollte, trat er mit seinem Stiefel auf etwas
Weiches. Ein leiser Aufschrei folgte, und er sprang erschrocken zur Seite, das Schwert kampfbereit im Anschlag.
»Tut mir nichts«, krächzte eine dünne Stimme. Geros erster Gedanke war, es müsse sich um eine Frau handeln. Nachdem sich seine
Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er im Licht der Flammen, die inzwischen auf die Mannschaftsräume übergegriffen
hatten, dass da ein Mann am Boden hockte, den er allzu gut kannte.
»Beim heiligen Georg«, entfuhr es Gero. »Struan, komm her, du errätst nie, wen ich hier gefunden habe.«
Struan, der wachen Auges die Umgebung inspizierte, trat zu ihm in den Schatten.
»O Gott«, rief die Gestalt am Fuße der Mauer aus. »Ihr seid es! Dem Himmel sei Dank! Wohin ihr auch geht,
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