Das Rätsel der Templer - Roman
verlieh den Ruinen der Komturei einen schauerlichen Glanz.
»Wo sind die anderen?«, fragte Johan ahnungsvoll.
»Ich dachte, sie wären längst hier«, erwiderte Gero, dabei schaute er sich beunruhigt um.
»Keine Spur.«
»Dafür haben wir Gisli aufgegriffen«, fügte Struan hinzu.
»Ein schlechter Tausch«, gab Johan ironisch zurück. »Und wo ist der Komtur?«, fragte er weiter.
»Er wollte die Komturei nicht verlassen«, antwortete Gero.
|82| »Und du hast wirklich keine Ahnung, wo die Kameraden verblieben sein könnten?«
»Gleich nachdem wir in den Innenhof vorgedrungen waren, kam uns Bruder Claudius schwer verletzt entgegen. Arnaud und Stephano
hatte ich abkommandiert, um ihn über die Kapelle nach draußen in Sicherheit zu bringen«, erklärte Gero leise. »Struan und
ich sind d’Our zur Hilfe geeilt. Zwei Schergen der Gens du Roi waren in sein Gemach eingedrungen und hatten ihn übel zugerichtet.
Francesco sollte inzwischen den anderen Brüdern Deckung geben und im Kreuzgang auf uns warten. Als wir zurückkehrten, war
niemand mehr dort. Irgendetwas muss schief gelaufen sein. Ich gäbe etwas darum, zu erfahren, was genau passiert ist.«
Guy de Gislingham räusperte sich. »Ich habe es mit angesehen«, bemerkte er zögernd.
»Und warum rührst du Narr dich nicht früher und erzählst es uns?«, brüllte Struan ihn unvermittelt an.
»Na ja, ich weiß nicht, ob ich alles gesehen habe«, begann der Engländer vorsichtig.
»Ich konnte beobachten, wie Bruder Stephano und Bruder Arnaud sich mit Bruder Claudius zur Kapelle schleppten. Bevor sie dort
angelangt waren, wurden einige Soldaten auf sie aufmerksam. Zuerst haben die beiden versucht gegen die Söldner zu kämpfen.
Aber es kamen immer mehr hinzu, und zwei von ihnen haben sich Claudius, der am Boden lag, geschnappt und ihm ein Messer an
die Kehle gehalten. Sie drohten damit ihn aufzuschneiden wie ein sarazenisches Opferlamm, falls die Brüder sich nicht ergeben
würden.« Er stockte einen Augenblick, als müsse er darüber nachdenken, was als nächstes geschehen war.
»Weiter!«, herrschte Gero ihn an.
»Dann ist plötzlich Bruder Francesco aus dem Kreuzgang gestürmt und wollte den anderen Brüdern zur Hilfe eilen. Ich hörte,
wie die Soldaten ihm zuriefen, er und die anderen sollten sich sofort ergeben. Als die Brüder ihre Schwerter entgegen der
Aufforderung zum Kampf erhoben, haben die Söldner Bruder Claudius ein Ohr abgeschnitten und damit gedroht, ihn tatsächlich
zu töten, falls sie sich nicht endlich ergeben würden. Daraufhin hat Francesco ihnen unvermittelt vor die Füße gekotzt, und
Stephano de Sapin hat sein Schwert fallen lassen. Arnaud |83| blieb nichts anderes übrig, als es ihm nach zu tun. Dann habe ich nur noch gehört, wie die Brüder in Ketten gelegt und abgeführt
wurden.«
»Verdammte Hunde!«, zischte Johan.
»Wenigstens haben wir in d’Ours Gemach drei von Nogarets Schergen über die Klinge springen lassen«, bemerkte Struan mit einem
düsteren Lächeln.
»Und was sollen wir nun tun?« Johan schaute ratlos drein.
»D’Our hat mir den dringenden Befehl erteilt, unverzüglich in die deutschen Lande zu fliehen. Dabei sollt ihr mich begleiten.
Wir haben den Auftrag, die Brüder dort zu warnen. Zudem muss ich den Jungen in Sicherheit bringen«, antwortete Gero. Dabei
verschwieg er in Anwesenheit Gislinghams geflissentlich, wohin genau die Reise führen sollte. Spätestens in den deutschen
Landen würde er den englischen Bruder in einer anderen Komturei zurücklassen. Und wer weiß? Vielleicht war Guy ja erpicht
darauf, so schnell wie möglich nach England zu gelangen. Bis dorthin würde Philipps Arm gewiss nicht reichen.
»Vielleicht sollten wir trotz allem zuerst versuchen, die anderen zu befreien«, schlug Johan vor.
Struan, der ansonsten keinen gefährlichen Einsatz scheute, stieß einen undefinierbaren Kehllaut aus. »So wie die Lage sich
augenblicklich darstellt, bin ich mächtig neugierig auf deinen Plan!«
»Drei gegen einen lautet es in den Regeln«, rechtfertigte sich Johan. »Oder gilt das etwa nicht mehr?«
Gero stöhnte auf. »Ja, aber wir stehen nicht minder dafür ein, nie mit Absicht in einen aussichtslosen Kampf zu ziehen.«
»Na schön, wie du meinst«, erwiderte Johan beleidigt. »Dann sollten wir nicht zu lange warten, bis wir aufbrechen. Je länger
wir warten, umso mehr sinken unsere Chancen, den Schergen des Königs zu entkommen.«
Johan weckte
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