Das Rätsel der Templer - Roman
vor?« Piglet beschlich ein mulmiges Gefühl.
»Ich will einen Menschen transferieren«, sagte Hagen ungerührt – so als ob es sich nicht um ein kompliziertes Raum-Zeit-Experiment,
sondern um einen schlichten Friseurbesuch handelte.
»Sie wollen was?« Piglets Oberkörper schnellte nach vorn, wobei der Stuhl, auf dem er saß, gefährlich instabil zu pendeln
begann. »Aber ich dachte immer, wir sind noch nicht so weit!«
»Das war gestern«, erwiderte Hagen selbstbewusst. »Dank neuerer Erkenntnisse, die mir … wie immer … auf einem etwas unkonventionellen
Wege zuteil wurden, habe ich den Beschluss gefasst, das bisherige Potential der Experimente überproportional auszudehnen.«
»Ihren eigenen Worten nach sollte zunächst einmal die Kapazität des Reaktors angepasst werden, bevor wir so etwas versuchen.
Oder habe ich da etwas falsch verstanden?« Piglet oblag die Verantwortung für die Genehmigungsverfahren im Vorfeld jeglicher
Experimente, und ein Ansinnen von solchem Ausmaß hatte Hagen bisher noch nicht an ihn herangetragen.
»Haben Sie die Erlaubnis des Präsidenten eingeholt?«, fügte der Referent pikiert hinzu, in dem Wissen, dass es nur eine Instanz
gab, die dem Professor Einhalt gebieten konnte.
»Das rote Telefon war leider besetzt«, antwortete Hagen spöttisch. |205| »Anscheinend ist er immer noch voll und ganz mit seiner Wiederwahl beschäftigt«, führte er mit einem süffisanten Lächeln weiter
aus.
»Soll das heißen, Sie wollen die Sache im Alleingang durchziehen und ohne Genehmigung?«
»Sagte ich das nicht?« Hagen spitzte die Lippen zu einer harmlos erscheinenden Miene des Bedauerns und zuckte gleichzeitig
entschuldigend mit den Schultern.
»Warum in Teufels Namen?« In Piglets Frage lag ein Hauch von Verzweiflung.
»Piglet, Sie sind doch ein intelligenter Kerl? Wir sind drauf und dran, den einzigen und wirklichen heiligen Gral zu finden,
den es jemals gegeben hat. Da muss man Kompromisse eingehen.« Hagen sah ihn beschwörend an. »Womöglich hängt die Weiterentwicklung
der Anlage davon ab, ob es uns am kommenden Samstag tatsächlich gelingt, einen Menschen zu transferieren. Stellen Sie sich
vor, was für eine Sensation das wäre! Wenn der Kerl erst mal hier ist, interessiert es niemanden mehr, wie es ihn hierher
verschlagen konnte, geschweige denn, ob dafür jemand ohne Zustimmung die Anlage manipuliert hat.«
Piglets Miene blieb ungläubig, während er den Professor mit leicht zusammengekniffenen Lidern fixierte.
»Der Mitteilung gemäß handelt es sich um einen Mann, der dem beginnenden 14. Jahrhundert entstammt«, stellte Hagen ungerührt
fest.
»Wenn uns der Coup gelingt, ist die Aerea 51 Schnee von vorvorgestern.«
Piglet schüttelte den Kopf, während sich seine Finger um die mit Leder bezogenen Stuhllehnen klammerten.
»Die fragliche Person wird exakt um 18:31 MEZ auf unserem Transmissionsfeld erscheinen, und wir werden die Falle schließen«,
konstatierte Hagen kühl. »Wenn die Sache funktioniert, geben die Amerikaner ihre Bedenken, was die Versuche mit Menschen betrifft,
womöglich auf, und mit der entsprechenden finanziellen Unterstützung sind wir schon bald in der Lage, nicht nur jemanden aus
der Vergangenheit herbeizuschaffen, sondern auch dorthin zu bringen. Verstehen Sie, Piglet? Erst wenn uns das gelingen sollte,
hat unsere bisherige Arbeit einen ernsthaften Anspruch auf Anerkennung.«
|206| »Und was hält Sie davon ab, die Angelegenheit dem Präsidenten zu unterbreiten und sich seine Zustimmung einzuholen?«
»Abgesehen davon, dass ich nicht vorhabe, meine Quelle zu offenbaren, wäre die Zeit ohnehin zu kurz, eine entsprechende Erklärung
abzugeben«, bemerkte Hagen entschlossen. »Ich habe die Meldung erst gestern erhalten. Wir haben nur noch knapp drei Tage,
danach schließt sich das Fenster, und ich habe nicht die leiseste Ahnung, ob wir eine zweite Chance bekommen werden. Nach
allem, was wir bisher wissen, scheint es eine Ausgleichskonstante zu geben, die dafür sorgt, dass trotz Einflussnahme von
außen keine Änderungen im Geschichtsablauf eintreten kann, aber sicher sind wir uns darüber letztendlich nicht.«
Hagen verfiel unvermittelt in einen zischenden Flüsterton. »Und zweitens kommt die Information wieder einmal von meinem libanesischen
Gewährsmann. Wie oft soll ich Ihnen noch erklären, dass ich als Erfinder dieser Anlage in die Geschichte eingehen will und
nicht als deren Entdecker? Zudem
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