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Das Raetsel von Flatey

Das Raetsel von Flatey

Titel: Das Raetsel von Flatey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingólfsson
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euch über die
Fortsetzung unterhalten«, sagte Ingibjörg, als sie vor
dem Telegrafenamt standen. Dann fügte sie hinzu: »Du
solltest vielleicht einen Spaziergang unternehmen, solange du auf
Grímur wartest. Sieh dich ein bisschen auf der Insel um.
Besucher gehen gern zum Lundaberg, um die Papageitaucher zu
beobachten.«
    Kjartan nickte zustimmend, woraufhin
Ingibjörg sich verabschiedete und sich noch gemächlicher
als zuvor auf den Weg nach Hause machte. Kjartan schaute sich
zunächst einmal im Dörfchen um. Die Tür zum
Genossenschaftsladen stand jetzt offen, aber es waren keine Kunden
zu erblicken. Eine Karre mit einigen Säcken Zement stand vor
dem Lagerhaus. Schwache Maschinengeräusche drangen aus dem
Keller, und im Nachbarhaus hörte man ein Radio laufen. Diese
Geräusche vermischten sich mit dem Vogelgeschrei von
Hafnarey.  
 
    Ein ältere Frau mit einer
Sackleinenschürze war dabei, Eiderdaunen auf einem
zementierten Platz oberhalb des Kais auszubreiten, und ein alter
Mann strich ein kleines Boot an, das oberhalb der Bucht an Land
gezogen worden war und kieloben lag. Ein Gesicht im Fenster des
Pfarrhauses beobachtete ihn.
    Kjartan marschierte los und folgte
einem schmalen Kiesweg, der zwischen den Häusern
entlangführte. Aufdringlicher Hühnermistgeruch mischte
sich unter den Duft der frischen Blumen und Gräser. Die
Vegetation war jetzt zu neuem Leben erwacht, vor allem im Schutz
der Häuser gediehen Ampfer und Engelwurz bei dem guten
Dünger, den die Hühner allenthalben hinterließen,
prächtig.
    Vor einem offenen Verschlag, in dem
Fisch getrocknet wurde, stand Kormákur Kolk in
Arbeitskleidung, und zu seinen Füßen waren auf einem
Segeltuch Eiderdaunen zum Trocknen ausgebreitet. Als er Kjartan
erblickte, grüßte er freundlich: »Guten Tag, mein
lieber Bevollmächtigter. Wohin des Wegs, wenn man so fragen
darf?«
    Kjartan überlegte, ob er sich
verbitten sollte, als Bevollmächtigter des Bezirksamtmanns
angeredet zu werden, entschloss sich aber dann, es bleiben zu
lassen.
    »Ich schau mich ein bisschen
hier im Ort um«, antwortete er.
    »Gute Idee«, sagte
Kormákur Kolk. »Darf ich dir ein bisschen gut
verarbeiteten Haifisch anbieten?«
    »Nein, vielen
Dank.«
    »Oder vielleicht frische
Küstenseeschwalbeneier?«
    »Nein, danke, ich bin nicht
hungrig.«
    »Wie du willst, mein Lieber.
Gibt’s denn irgendwelche Neuigkeiten in Bezug auf diesen
armen Mann von Ketilsey?«
    »Nein, es gibt nichts
Neues.«
    »Also nicht. Na schön. Das
Ganze scheint mir nichts Gutes zu bedeuten. Ich habe auch seit
einiger Zeit keine guten Träume
gehabt.«
    »Träume?«
    »Ja, man sagt, dass ich in
meinen Träumen so manches sehe. Ich bin allerdings nicht
sonderlich bewandert darin, Träume zu deuten, aber ein paar
Frauen hier im Ort sind imstande, den roten Faden in diesen
Fantasiebildern zu finden, wenn die Beschreibung klar genug
ist.«
    Kormákur Kolk lächelte so
breit, dass Zähne in unterschiedlichstem Zustand zum Vorschein
kamen.
    »Manchmal sind die Hinweise so
schwer zu deuten, dass man die Zusammenhänge erst hinterher
erkennt«, fügte er hinzu.
    »Und was für Träume
hast du gehabt?«, fragte Kjartan.
    Kormákur Kolk schnäuzte
sich in ein rotes Schnupftuch und ging in den Schuppen. »Das
waren schlimme Träume, mein lieber Freund, schlimme
Träume. Viele würden sie wohl lieber nicht geträumt
haben wollen«, antwortete er und bedeutete Kjartan
hereinzukommen. Kjartan musste sich bücken, um durch die
Türöffnung zu passen, und als ihm der Geruch drinnen in
die Nase drang, wäre er am liebsten rückwärts wieder
hinausgegangen. Mehr oder weniger genießbare Nahrungsmittel
wurden dort gelagert, die entweder von den Sparren an der Decke
herunterhingen oder in Tonnen aufbewahrt wurden, gesalzen oder
gesäuert. Hinter einem Drahtgitter am anderen Ende des
Schuppens hockten ein paar Hühner in einem
Verschlag.
    Kormákur Kolk setzte sich auf
einen Kasten, streckte die Hand nach einem großen Holzgitter
aus, das er sich aufs Knie legte. Schnüre waren oben und unten
durch die Löcher gezogen worden, die im Abstand von einem
Zentimeter angebracht worden waren. Zwei hölzerne Tonnen
standen zu beiden Seiten seines Sitzes.
    »Ich träumte, ich
wäre bei der Heuernte auf Langey und ich würde in einem
Zelt hausen«, sagte der Küster. »Die Witterung auf
der Insel war kalt und rau, und trotz der Arbeit wurde und wurde
mir nicht warm, egal, wie wild ich mit der Sense
herumwirbelte.«
    Kormákur Kolk nahm

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