Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Raetsel von Flatey

Das Raetsel von Flatey

Titel: Das Raetsel von Flatey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingólfsson
Vom Netzwerk:
der Handschriften
protestieren.‹«    
    Friðrik heftete das Blatt wieder
in den Ordner und stellte ihn an seinen Platz. Dann zog er ein
Fotoalbum hervor, das er neben das Schachbrett auf den Tisch
legte.
    »Aber hat Gaston Lund dann
nicht irgendwelche Feinde hierzulande gehabt?«, fragte
Dagbjartur.
    »Es kann schon sein, dass
einige unserer Landsleute ihn verfluchten, wenn er auf Tagungen
alle ihre Argumente entkräftet hatte. Lund konnte auch
unüberlegt reagieren und aufbrausend sein. Aber das ist doch
niemals tiefer gegangen, als dass es sich nicht bei einem
Gläschen Aquavit wieder hätte bereinigen lassen. Ich
denke aber, dass ich den wahren Grund dafür kenne, warum er
hier inkognito bleiben wollte.«
    »Tatsächlich?«
    »Gaston Lund kam 1926 oder 1927
zum ersten Mal nach Island. Er gehörte zu einer Gruppe junger
dänischer Wissenschaftler, denen eine glanzvolle Karriere
bevorstand. Es heißt, dass Lund damals irgendwo auf dem Lande
eine engere Bekanntschaft mit einem Mädchen geschlossen hat,
die Folgen hatte. Es sagt natürlich etwas über die
negativeren Seiten seiner Persönlichkeit aus, dass er sich
weigerte, die Vaterschaft anzuerkennen. Das nächste Mal kam er
im Jahre 1936 im Gefolge des dänischen Königs Christian
X. Die Mutter wollte damals das Kind seinem Vater vorstellen, aber
Lund reagierte panikartig auf dieses Wiedersehen und wollte nichts
mit ihnen zu tun haben. Die Isländer in Kopenhagen bekamen
Wind davon und fanden das beschämend. Meiner Meinung nach
schreckte er davor zurück, eine Vaterrolle zu übernehmen,
und deswegen hat er so reagiert. Seit dieser Zeit hat er in Bezug
auf Frauen äußerste Vorsicht walten lassen. Ich glaube,
er hat es die ganzen Jahre nicht gewagt, wieder nach Island zu
fahren, weil er Angst davor hatte, dieser Frau zu begegnen. Und
jetzt, wo er endlich wiedergekommen ist, hat er auf diese plumpe
Weise versucht, inkognito zu
bleiben.«       

    »War diese Frau eine Bedrohung
für ihn?«  
 
    »Nein, ganz bestimmt nicht.
Aber trotzdem hat er eine derartige Phobie gegen sie entwickelt,
dass er es mehrere Jahrzehnte nicht gewagt hat, nach Island zu
kommen.«
    »Weißt du, wie sie
heißt?«
    »Nein. Diese Geschichte kenne
ich nur vom Hörensagen, und ich habe nie versucht, genauere
Auskünfte einzuholen.«
    »Vielleicht könntest du
für mich eine Liste mit den Namen derjenigen Isländer
zusammenstellen, von denen du weißt, dass sie ihn
persönlich gekannt haben?«
    »Das kann ich machen«,
sagte Friðrik und blätterte in dem Fotoalbum. »Hier
ist das einzige Foto, das ich von Gaston Lund besitze. Es wurde auf
einer Exkursion nach Schweden gemacht.«
    Dagbjartur sah einen hoch gewachsenen
Mann mit kerzengerader Haltung, der vor einer Gruppe Menschen
stand.
    Friðrik sagte: »Vielleicht
hilft es dir ja weiter, wenn ich dir noch andere charakterliche
Mängel von Professor Lund verrate. Er war unerhört
dominant. Auf solchen Fahrten musste er immer die erste Geige
spielen, auch wenn niemand ihn darum gebeten hatte, und das konnte
manchmal etwas ermüdend sein. Wer ihn nicht kannte, hielt ihn
für überheblich und arrogant. Er war allerdings auch
nicht frei von Dünkel und bildete sich einiges auf seine
Stellung ein. Er war in vieler Hinsicht ganz anders als alle
anderen Dänen, die ich kenne. Sie sind meistens netter und
angenehmer im Umgang als Professor Lund.«
    »Kann ich mir dieses Foto
vielleicht ausleihen?«, fragte Dagbjartur.
    Friðrik nahm es vorsichtig aus
dem Album heraus und reichte es Dagbjartur, der es in sein
Notizbuch steckte.
    »In Flatey sagen sie, dass
Gaston Lund dort aufgetaucht ist, um sich an diesem Rätsel zu
versuchen, das mit Flateyjarbók in Verbindung steht.
Weißt du etwas darüber?«
    Friðrik lächelte.
»Ænigma Flateyensis. Es hätte Professor Lund zur
Ehre gereicht, dieses Rätsel zu lösen. Er hätte auch
nichts dagegen gehabt, sich damit brüsten zu
können.«
    »Was ist das eigentlich
für ein Rätsel?«, fragte
Dagbjartur.
    »Es handelt sich um inhaltliche
Fragen in Bezug auf die Sagas, die in Flateyjarbók stehen,
aber ich bin mit Sicherheit nicht der Richtige, um dir das genauer
zu erklären. Árni Sakarías, du weißt, der
Historiker und Dichter, der kennt die ganze Geschichte am
besten.«
    *
    »5. Frage: Der Holzmann. Erster
Buchstabe.
    Jarl Hakon stachelte seine
Verbündeten, die Riesenweiber Thorgard und ihre Schwester Irpa
dazu auf, einen so mächtigen Zauber nach Island zu schicken,
dass er Thorleif den

Weitere Kostenlose Bücher