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Das Raetsel von Flatey

Das Raetsel von Flatey

Titel: Das Raetsel von Flatey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingólfsson
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konnte ihm in meiner
Kate keine Unterkunft anbieten, denn ich habe kein freies Bett im
Haus, aber ich gab ihm zu verstehen, dass er sich, wenn er wolle,
in meiner Scheune hinlegen könne. Ich habe ihn nur gebeten,
vorsichtig mit Feuer zu sein.«
    »Glaubst du, dass er in der
Scheune übernachtet hat?«
    »Seine Sachen waren noch da,
als ich gestern Morgen in den Stall ging.«
    »Um welche Uhrzeit hat er dich
verlassen?«
    Kormákur Kolk dachte nach.
»Mal sehen, ich bin gegen acht mit der Milch zu Pastor Hannes
gegangen und dann nach Hause zum Abendessen. Gegen zehn bin ich
dann nochmal in den Kuhstall, um den Kühen Wasser zu geben und
alles für die Nacht zu richten. Da war er schon
weg.«
    »Du hast ihn danach nicht mehr
gesehen?«
    »Nein, jedenfalls nicht
lebendig.«
    *
    »28. Frage: Der
hässlichste Fuß. Erster Buchstabe.
    Thorarinn Nefjúlfsson war
in Tönsberg bei König Olaf. Eines Morgens erwachte der
König früh, während alle anderen noch schliefen. Die
Sonne schien, und drinnen war es sehr hell. Thorarinn hatte einen
Fuß unter der Decke hervorgestreckt. Der König
betrachtete den Fuß eine Weile und sprach: ›Hier sehe
ich etwas, was mich sehr beeindruckt, und zwar einen menschlichen
Fuß, der, soweit ich feststellen kann, hierorts an
Hässlichkeit nicht zu übertreffen ist.‹ Thorarinn
antwortete: ›Ich bin bereit zu wetten, dass ich einen
hässlicheren Fuß finden kann.‹ Der König
antwortet: ›Wer gewinnt, hat einen Wunsch bei dem anderen
gut.‹ ›Abgemacht‹, sagte Thorarinn. Dann
lüftete er die Decke von dem anderen Fuß, der keineswegs
schöner war, und außerdem fehlte die kleine Zehe.
›Ich habe also gewonnen‹, sagte Thorarinn. Der
König sprach: ›Nein, denn der andere Fuß ist
hässlicher, weil er fünf scheußliche Zehen hat,
aber dieser hier hat nur vier, und deswegen habe ich einen Wunsch
bei dir gut.‹
    Die Antwort ist Thorarinn, und der
erste Buchstabe ist T.«

Fünfundvierzig
    Dagbjartur war zeitig im Nationalkrankenhaus erschienen und fragte
nach Kristín Friðriksdóttir. Nach einigen
Nachforschungen stellte sich heraus, dass die Ärztin mitten in
einer Operation war.
    »Dann warte ich«,
erklärte Dagbjartur und lächelte
geduldig.
    Nach drei Stunden erschien eine junge
Frau, die sich vorstellte.
    »Mir wurde gesagt, dass du mich
treffen willst«, sagte sie.
    Sie trug einen weißen Kittel,
auf dem sich große Blutflecken befanden.
    »Ich habe Mandeln entfernt.
Dabei kann es manchmal ziemlich blutig zugehen«, fügte
sie hinzu, als sie merkte, dass er die Flecken
anstarrte.
    Dagbjartur lächelte verlegen.
»Entschuldige die Störung. Es wird nicht viel Zeit in
Anspruch nehmen.«
    »Schon in Ordnung. Worum geht
es denn?«
    »Mir wurde gesagt, dass du
Jóhanna Thorvald kennst?«
    »Ja, wir sind
befreundet.«
    »Hast du sie in letzter Zeit
getroffen?«
    »Nein, in diesem Jahr noch
nicht. Sie musste ihren Vater pflegen. Aber das hat ja jetzt ein
Ende gefunden, habe ich gehört.«
    »Wann habt ihr euch kennen
gelernt?«
    »Warum fragst du eigentlich
nach Jóhanna?«
    »In Flatey ist ein Verbrechen
verübt worden, und wir versuchen, uns ein Bild von den
Menschen zu machen, die dort leben. Es sind ja relativ wenige
Individuen, und deswegen können wir uns ziemlich intensiv mit
jedem Einzelnen
beschäftigen.«    
    »Also schön. Über
Jóhanna kann ich nur Gutes sagen, und das wird ihr ja wohl
nicht schaden. Wir haben uns am Ende des Krieges in Kopenhagen
kennen gelernt, da waren wir Teenager, und wir waren gute
Freundinnen geworden, als sie und mein Bruder sich
verlobten.«
    »Wie war sie als junges
Mädchen?«
    »Sie war ein merkwürdiges
Kind, denn sie war ganz allein bei ihrem Vater aufgewachsen, und
die beiden sind ewig auf Reisen gewesen. Unsere Familie hat viele
Monate gebraucht, bevor wir die äußere Schale
durchdringen konnten. Als das gelang, stellte sich heraus, dass sie
sehr intelligent, liebenswürdig und sehr nett war. Sie redete
allerdings immer ziemlich altklug, und es wirkte manchmal etwas
komisch, wenn sie Isländisch sprach. Manchmal hörte sie
sich so an, als wäre sie den isländischen Sagas
entsprungen. Sie war es nicht gewohnt, in dieser Sprache mit
Gleichaltrigen zu verkehren. Wir haben uns auch in der Tat zu
Anfang auf Dänisch unterhalten, denn das war ganz normal
für mich, weil ich so mit meinen dänischen Freundinnen
sprach. Das machen wir so zum Spaß übrigens auch heute
noch manchmal.«
    »Du hast die Verbindung mit ihr
danach also

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