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Das Regenmaedchen

Das Regenmaedchen

Titel: Das Regenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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Hände und legte
sie kurz an seine geschürzten Lippen. »Obwohl ich mir beim besten Willen nicht
vorstellen kann, dass ...«
    Er räusperte sich und machte eine Handbewegung durch den
weiten Raum. »Ich meine, sehen Sie selbst, unser Lokal ist doch ...«
    »... nicht geeignet für den niederen Teil der
Menschheit?«, erlaubte Arthur sich den Satz zu Ende zu bringen und löste damit
bei dem maitre einen leichten Hustenanfall aus.
Als er sich wieder unter Kontrolle hatte, begehrte er ein letztes Mal auf.
»Warum ist denn das so wichtig?«
    Arthur seufzte. »Wir sind dabei, ihre letzten Stunden zu
rekonstruieren. Dabei kann jede Kleinigkeit von Bedeutung sein. Wenn Sie also
Ihre Kollegen fragen würden? Sonst muss ich es tun. Und ich werde dabei sicher
nicht so diskret wie Sie vorgehen!«
    Der Mann hüstelte noch einmal kurz, nahm das Foto
vorsichtig, als wolle er sich nicht vergiften, zwischen Daumen und Zeigefinger,
lächelte unglücklich und verschwand. Arme Sau, dachte Arthur.
    Als er zurückkam, war er in Begleitung einer jungen Frau,
großbusig, blond, ein Marilyn-Monroe-Abziehbildchen, schnuckelig anzusehen in
engem Rock und anliegender Bluse, die ihre Kurven noch betonte.
    »Meine Kollegin«, sagte der maitre, er schien
überrascht, »kann Ihnen tatsächlich Auskunft geben.«
    Arthur erhob sich, wie es die Höflichkeit gebot, sie
lächelte in seine Augen hinein und nickte, und er zeigte ihr seinen Ausweis.
Als sie weiter lächelte und den Ausweis gar nicht beachtete, begann er, sich
ein bisschen dumm vorzukommen und sich zu fragen, ob sie wirklich ihn meinte,
mit ihrem Lächeln-in-seine-Augen-hinein. Dann setzten sie sich.
     
    »Ich gehe nach Berlin«, hatte sie gesagt, »Wir werden uns
nicht wiedersehen. Du musst dir jemand anderen suchen. Oder vielleicht
versuchst du 's mal mit Monogamie.«
    Sie musste kichern, wurde aber rasch wieder ernst. »Deine
Frau ist doch nett. Warum betrügst du sie eigentlich?«
    »Quatsch!«, sagte er. »Sie ist nichts.«
    »Na gut«, sagte er. »Geh nach Berlin. Ich komme mit. Ich
trenne mich von meiner Frau. Wir heiraten. Ich suche mir eine andere Stelle.«
Sie lachte, zerstach ihren Fisch. »Du bist verrückt«, sagte sie. »Nein, das
alles wirst du nicht tun.«
    »Doch«, sagte er. »Doch, das werde ich. Ich kann dich
nicht wieder verlieren.« Sie hob den Kopf, schaute ihn eigenartig an. »Was
heißt WIEDER?«
    »Nichts«, sagte er. »Gar nichts.« Aber sie wusste es
ohnehin.
     
    »Aber ja«, sagte der Monroe-Verschnitt, sie hatte sich
endlich von Arthurs Augen gelöst, schürzte ihre Lippen und tippte mit dem
perfekt lackierten Fingernagel ihres rechten Zeigefingers auf das Foto, das auf
dem Tisch lag. »Klar kenne ich die Kleine. Ist im Separee gesessen mit ihrem
Kerl. Montag gegen zehn sind sie gekommen. Wollten auf gar keinen Fall von
irgendjemandem erkannt werden.« Und nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu:
»Er zumindest nicht.«
    Sie klimperte mit blauen Lidern, lachte ein gurrendes,
tiefes Lachen.

»Warum haben Sie uns denn nicht schon früher informiert?«,
fragte Arthur. »Ihr Bild war doch groß in allen Zeitungen.«
    Sie legte den Kopf ein wenig schief und setzte eine
bedauernde Miene auf. »Ach, wissen Sie«, sagte sie, »leider bin ich so gar keine Zeitungsleserin. Das ist völlig an mir
vorbeigegangen. Aber jetzt sind ja Gott sei Dank Sie da.«
    Sie strahlte ihn an mit der ganzen Kraft ihres Herzens,
und ihm wurde warm um selbiges.
    »Der war vielleicht scharf auf sie, das kann ich Ihnen
sagen«, fuhr sie amüsiert fort. »Spitz wie Nachbars Lumpi, wenn ich das mal so
salopp ausdrücken darf. Und ich kann das beurteilen, das können Sie mir
glauben.«
    »Das glaube ich Ihnen aufs Wort«, sagte Arthur und
versenkte sich in die Augen der Monroe, die mindestens so blau waren wie ihre
Lider, und dachte, dass er dem von ihr beschriebenen Zustand durchaus auch
gerne wieder einmal etwas abgewinnen würde, zu gegebener Zeit natürlich nur.
»Ja«, sagte er. »Ich bin sicher,
dass Sie das mit absoluter Sicherheit beurteilen können. Aber können Sie den
Mann auch beschreiben?«
    Sie konnte. Und wie sie konnte. In einer Ausführlichkeit
und Genauigkeit, die Arthur in helles Staunen versetzte und ihn annehmen ließ,
dass Marilyn zwei Stunden neben dem armen Mann gestanden und ihn mit den Augen
verschlungen haben musste.
    »Wow!«, sagte Arthur bewundernd. »Ich bin ja hin und weg!
Würden Sie wohl morgen in mein Büro kommen, damit wir ein Phantombild
anfertigen

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