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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sein? Warum ist sie heimlich nach Boa Vista geflogen? Warum hat sie uns belogen mit ihrer Freundin in Brasilia? Lobos legte beide Hände vor sein Gesicht und lehnte sich weit in den schweren Ledersessel zurück. Das ist nicht Sofias Art, dachte er weiter. Sie war immer eine gehorsame, brave Tochter. Nie wäre sie auf den Gedanken gekommen, uns zu belügen. Und plötzlich.
    Plötzlich durchzuckte es Lobos. Plötzlich erfaßte ihn die Antwort auf alle Fragen. Und diese Antwort war so ungeheuerlich, daß er spürte, wie Eiseskälte ihn durchzog.
    Die Gespräche mit Sofia in den vergangenen Tagen. Ihre Auflehnung gegen die Geschäfte ihres Vaters. Diese Wandlung, die er einfach nicht begreifen wollte. Jetzt begriff er sie mit aller qualvoller Enttäuschung.
    Minho! Marco Minho!
    Ich liebe ihn wie mein Leben. Das waren ihre Worte gewesen. Keiner wird mich von ihm trennen. Ihr auch nicht. Ihr am allerwenigsten. Ich liebe ihn. Ich liebe ihn.
    Marco Minho!
    Sie ist zu ihm geflogen. Sie ist aus ihrem Elternhaus nach Santo Antônio geflüchtet. Sie will bei ihm bleiben. Sie ist volljährig und kann ihn gegen unseren Willen heiraten. Sofia Lobos – die Frau eines kleinen Zoologen, der um die Hälfte weniger verdient als der Obergärtner oder der Majordomus der Villa in Boa Vista.
    Sofia Minho.
    Meine Tochter! Will Minho mich auf diese Art bekämpfen? Nimmt mir die Tochter weg, weil ich Bäume fälle?!
    Lobos griff wieder zum Telefon und rief den Direktor des Werkes für Edelholzverwertung in Surucucu an.
    »Rodrigues«, begann Lobos und gab sich Mühe, normal zu sprechen. »Stellen Sie fest, ob meine Tochter auf der Missionsstation Santo Antônio eingetroffen ist.«
    »Santo Antônio?« fragte Rodrigues erstaunt.
    »Fragen Sie!« brüllte Lobos.
    Nach einer knappen Viertelstunde bekam er Antwort.
    »Ja, Senhor Lobos. Sie ist seit gestern auf der Mission.«
    Lobos starrte an die getäfelte Zimmerdecke und preßte die Finger in die Lehne seines Sessels. Und dann sagte er mit klarer, ruhiger Stimme:
    »Rodrigues, es ist soweit. Kümmern Sie sich um Marco Minho.«
    »Soll es wie ein Unfall aussehen, Senhor Lobos?«
    »Das ist mir jetzt egal. Nur schnell muß es gehen – schnell!«
    »Wie Sie wünschen, Senhor.«
    Lobos legte den Hörer zurück und faltete die Hände über dem Bauch.
    Für ihn gab es keinen Marco Minho mehr.
    * * *
    Jetzt, wo er die Zeichnungen von Leonor hatte, war es einfach für Benjamin Bento, die beiden Schänder aufzuspüren.
    Zunächst ging er wieder zu Emilio Carmona und legte ihm die Porträts vor. Carmona betrachtete sie lange und schüttelte dann stumm den Kopf.
    »Unbekannt?« fragte Bento. Er hatte es erwartet.
    »Ja. Diese Visagen hätte ich mir gemerkt.« Carmona gab die Zeichnungen zurück. »Frag in der Mine. Bestimmt werden einige sie wiedererkennen. Nur, wie willst du sie alle fragen? Daß du die Zeichnungen hast, spricht sich schnell rum. Das wird sie warnen. Entweder verlassen sie dann die Stadt, oder sie werden versuchen, dich umzubringen, um an die Zeichnungen zu kommen.«
    »Ich werde schneller sein.« Bento faltete die Zeichnungen wieder zusammen und steckte sie in seine Hemdentasche. »Emilio, verlaß dich darauf: Ich werde schneller sein.«
    Auch Vasco, der Türsteher der Disko, schüttelte den Kopf und gab die Zeichnungen an Bento zurück. »In der Disko habe ich sie noch nicht gesehen. Aber das sind sie. Das sind die Männer, die mit Leonor weggegangen sind. Ich weiß nur nicht ihre Namen.« Er streckte seine riesigen Hände aus. »Kannst du mir die Bilder noch mal geben und hierlassen?«
    »Wozu?«
    »Ich will sie heute abend einigen Gästen zeigen. Vielleicht kennt einer von ihnen die beiden.«
    »Besser, ich komme selbst, Vasco«, antwortete Bento. »Sagen wir um zehn, da ist doch der Laden hier voll?«
    In Helenas Drugstore drängten sich wie immer die Garimpeiros und kauften ein. Im Fenster stand wieder die Tafel mit einem ›Sonderangebot‹. Heute gab es baumwollene Unterhosen und mit Kabok gefüllte Kopfkissen. Die Goldschürfer standen Schlange vor den Theken mit dem Sonderangebot, und Helena, die wie immer hinter der Kasse thronte, fragte sich zum wiederholten Male, warum in aller Welt die Garimpeiros so verrückt nach Kopfkissen waren. Unterhosen, das konnte man verstehen. Aber Kissen?
    Es war gegen vier Uhr am Nachmittag, als Helena ihr Kassenhäuschen verließ und ins Hinterzimmer kam. Sie war bleich wie eines ihrer unbezogenen Kabokkissen und lehnte sich neben der Tür an

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