Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
Konturen füllte den ganzen Gang aus. Sein Mund glich einer Felsspalte, seine Augen tiefen dunklen Höhlen, und auch dieser Culahan sah aus wie lebendiger Fels.
»Lang ist es her, dass jemand zu mir sprach. Kein menschliches Wesen ist den Bergsylphen freundlich gesinnt«, dröhnte der Culahan, und seine Augen bohrten sich in Mias.
»Wir sind den Wächtern entkommen. Ich bitte dich, Geist der Berge von Rodgill, gewähre uns Durchlass.« Demütig beugte sie den Kopf, und Darian verharrte in atemloser Anspannung.
Der Culahan grollte, seine Stimme wurde immer lauter, und Darian nahm ein unangenehmes Vibrieren in seinem Inneren wahr. Er war sich sicher, das Wesen würde sie jetzt töten, den Gang einstürzen lassen oder sie einfach überrollen, aber stattdessen löste es sich ganz unvermittelt auf, verschmolz mit der Felswand und war verschwunden.
Sofort eilte Darian zu Mia, umarmte sie und drückte sie fest an sich. Dann kam ihm ein entsetzlicher Gedanke. »Atorian – was ist mit ihm? Ist er …«
Unsicher hob Mia die Schultern, doch Darian rannte schon los, griff sich eine am Boden liegende Fackel, die mittlerweile fast heruntergebrannt war, und stürzte in den Gang, in dem er Atorian hatte verschwinden sehen. Gleich am Eingang lag ein Wächter, sein Schädel war regelrecht zerschmettert worden. Langsam und mit zittrigen Beinen ging Darian weiter. Nun fürchtete er sich davor, Atorian zu finden, hatte Angst, dass auch er von dem Berggeist getötet worden war.
Sein Bruder lag mit dem Gesicht nach unten auf dem kalten Fels. Ganz vorsichtig drehte Darian ihn um, hielt die Luft an und tastete nach seinem Puls.
»Er lebt!«, rief er dann glücklich nach hinten. Sofort waren seine Freunde bei ihm. Mia zog ihren Umhang aus, legte ihn Atorian über und besah sich die Platzwunde an seiner Schläfe.
»Er hatte Glück.«
Jetzt, als die Anspannung nachließ, sank Darian zittrig gegen die Wand. »Ich dachte wirklich, Atorian bringt dich um«, sagte er. »Ich hatte Angst, sein Hass gegen alle Dunkelelfen hätte ihn übermannt.«
Vorsichtig strich Mia Atorian eine Paste auf die Wunde, dann träufelte sie ihm etwas aus einem kleinen Fläschchen in den Mund und reichte das Gefäß dann an Nordhalan weiter. »Eine von Liliths Tinkturen. Sie wird deine Kopfschmerzen lindern.«
»Herzlichen Dank.« Der Zauberer nahm einen kleinen Schluck, dann setzte er sich neben Atorian auf die Erde.
»Weshalb hat dieser Culahan Atorians Gestalt angenommen?«, wunderte sich Darian.
Mia lächelte ihn an. »Es gibt alte Geschichten, dass die Geister der Berge die Gestalt ihrer Feinde annehmen können, um deren Verbündete zu verwirren. Zunächst habe ich es auch nicht bemerkt, aber ich wunderte mich über die ungewohnt fließenden Bewegungen. Atorian kämpft gut, aber er ist ein Mensch, und die bewegen sich anders, und als mein Schwert kein Fleisch durchschnitt, wurde mir klar, dass das nicht Atorian sein konnte. Zudem konnte ich eine Aura fühlen, wie sie den meisten Elementarwesen zu eigen ist.«
»Wie gut, dass du bei uns bist, Aramia«, seufzte der alte Zauberer und schloss seine Augen.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Atorian endlich zu sich kam. Zunächst blinzelte er verwirrt, als Mia ihm behutsam aufhalf, und fasste sich dann an den Kopf.
»Nicht, lass die Paste drauf«, schimpfte Mia.
»Was ist denn geschehen?«
Darian erklärte ihm, was vorgefallen war, und Atorian riss die Augen auf, als er von dem Berggeist hörte.
»Ich kämpfte in dem Seitengang mit einer der Wachen, und dann kann ich mich daran erinnern, dass eine graue Masse zuerst den Wächter und dann mich davonschleuderte. Ich krachte gegen Felsen, wollte euch noch warnen, aber dann wurde alles dunkel um mich.«
»Ist schon gut«, versuchte Darian ihn zu trösten. »Mia konnte ihn aufhalten.«
Atorian zog seine Augenbrauen zusammen, dann nickte er Mia widerstrebend zu und erhob sich langsam, wobei er das Gesicht verzog. »Du hast doch nicht im Ernst gedacht, ich will dich töten?«
»Zumindest zog ich es in Erwägung«, meinte Mia und hob die Schultern. »Wir Nebelhexen sind nicht sehr beliebt, und eine mit Dunkelelfenblut …«
Mit sichtlich empörtem Gesicht trat Atorian nach vorne und legte Mia eine Hand auf den Arm. »Ich gebe zu, ich hatte Vorbehalte, die allerdings ein Erbe schrecklicher Erlebnisse längst vergangener Tage sind. Aber du bist die Gefährtin meines Bruders, die Mutter meiner Nichte, niemals würde ich dir etwas zu Leide tun.«
»Dann hätten
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