Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
zärtlich.
Darian schluckte hart. Er hatte sich so darauf gefreut, seine Tochter endlich kennenzulernen, aber jetzt wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte. Seine Kehle war wie zugeschnürt, sein Herz pochte wie wild in der Brust – heute würde sich zeigen, ob sie ihn als Vater akzeptierte.
Letztendlich nahm ihm Mia die Entscheidung ab und rief laut Leánas Namen. Das Mädchen hob den Kopf und kam dann auf kurzen Beinen angerannt. Ihre langen schwarzen Haare flogen im Wind, und sie strahlte über das ganze Gesicht. Leána trug ein einfaches braunes Kleid und eine helle Bluse darunter, und als sie näher kam, sah Darian, dass sie ihrer Mutter sehr ähnelte. Wie in Trance stieg er von seinem Pferd und ging ihr langsam entgegen.
Zuerst war Leánas Blick auf die Mutter gerichtet gewesen, doch nun lief sie auf Darian zu, der langsam in die Hocke ging.
Leána riss ihre großen blauen Augen auf. Einen Augenblick lang blieb sie stocksteif stehen, dann warf sie sich ihm auch schon an den Hals.
»Du bist mein Vater, du bist endlich gekommen!«, rief sie mit ihrer hellen Kinderstimme.
Ganz vorsichtig drückte er das kleine Mädchen an sich und konnte es nicht fassen, dass es sie wirklich gab, dass er hier bei ihr war und sie im Arm hielt.
Nach einer Weile löste sie ihre kleinen Arme von ihm und trat einen Schritt zurück. Plötzlich überzog ein betretener Ausdruck ihr hübsches Gesicht, welches, bis auf die Augen, die sie von Darian geerbt hatte, wirklich sehr dem von Mia ähnelte – vielleicht war es ein klein wenig menschlicher und verbarg das Dunkelelfenerbe noch besser, als die Gesichtszüge ihrer Mutter dies taten.
»Du bist traurig«, stellte Leána erschrocken fest.
Eilig schüttelte Darian den Kopf und wischte die Tränen fort, die ihm über die Wangen gelaufen waren. »Nein, ich bin sehr glücklich.«
Doch Leána schien nicht überzeugt zu sein. Sie runzelte die Stirn und sagte weinerlich: »Delja hatte Recht. Menschen wollen lieber Söhne. Ihre Eltern haben sie auch weggegeben, weil sie ein Mädchen ist. Einen Jungen hätten sie vielleicht behalten.« Sie schniefte leise. »Du hättest bestimmt auch lieber einen Sohn gehabt.«
»Nein!« Darian griff mit der Hand nach seiner kleinen Tochter und zog sie wieder zu sich heran. Dann sah er ihr fest in die Augen. »Ich hätte keinen Sohn haben wollen. Es ist wundervoll, dass es dich gibt. Was du gesehen hast, waren Freudentränen.«
»Wirklich?« Die Kleine begann zu lächeln, und als dann auch noch Mia zu ihr kam und sie umarmte, schien ihr Glück perfekt zu sein.
»Sie ist wunderschön«, flüsterte Darian, als Mia Leána fest in den Arm nahm. »Ich habe sie gesehen, damals, in meiner Vision, als ich zum König gekrönt wurde«, erinnerte er sich plötzlich.
»Das kann gut sein.« Wehmut war in Mias Lächeln zu sehen. »Es wäre schön gewesen, wenn du sie hättest aufwachsen sehen, aber das ging eben nicht.«
»Nein, leider nicht.«
Nun nahm Leána ihren Kopf wieder von der Schulter ihrer Mutter und drehte sich zu Darian um, wobei ihre Augen vor Freude strahlten. »Hast du gegen schreckliche Monster gekämpft, gegen Trolle, Ungeheuer oder vielleicht sogar – Menschen?«
Darian musste lachen, da sie das Wort ›Menschen‹ betont hatte, als wären diese die schlimmsten aller Monster.
»Ja, sogar gegen Menschen.«
Auf einmal biss sich das kleine dunkelhaarige Mädchen auf die Lippe. »Oh, Trollkacke, du bist ja selbst ein Mensch.«
»Wo hast du denn das Wort schon wieder her?«, schimpfte Mia, während Darian breit grinste.
»Von Murk.« Leána zuckte mit den Schultern, während Mia stöhnte.
Leise lachend setzte sich Darian an einen Stein und zog Leána, die sich gleich vertrauensvoll an ihn lehnte, auf seinen Schoß. »Ja, ich bin ein Mensch, aber du hast Recht, viele von uns sind wirklich schreckliche Monster.«
»Aber du hast sie besiegt!« Ihre dunkelblauen Augen funkelten im Licht der untergehenden Sonne.
»Nicht alle.«
»Hmm, das wird schon noch«, meinte sie zuversichtlich, woraufhin Darian erneut schmunzeln musste.
Mia kniff sie in ihre kleine, zierliche Nase. »Lauf doch schon mal vor ins Dorf und sag Lilith, dass wir hier sind und Hunger haben.«
Eifrig nickend stand Leána auf, dann fiel ihr Blick auf die Pferde, welche in der Nähe grasten.
»Vater, das ist das schönste Pferd, das ich jemals gesehen habe!« Fasziniert ging sie näher.
»Vorsicht, er ist sehr groß«, rief Darian erschrocken, doch bevor er auch nur auf
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