Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
gezwängt hatten, nahmen die Männer am Feuer zögernd ihr Gespräch wieder auf.
»Ich bin noch immer dagegen, dass wir die Abgabe zahlen«, meinte ein bärtiger Mann, der einen abgerissenen Umhang trug.
Manch einer stimmte ihm grummelnd zu, doch ein großer, dürrer Bauer beugte sich mit ängstlich geweiteten Augen über den Tisch und widersprach: »Und was ist mit der Strafe der Götter?«
Atorian und seine Gefährten blickten überrascht zum Feuer, doch nachdem die Männer sie offenbar nicht für Soldaten hielten, redeten sie unbekümmert weiter.
»Der Cousin eines Bekannten meines Schwagers war auf der Dracheninsel und sagt, er hat gesehen, wie die Götter die Hüter der Steine bestraft haben!«
»Ha! Der Cousin eines Bekannten, so ein Blödsinn. Hat er etwa auf der Dracheninsel gelebt?«
»Nein, aber trotzdem …«
Eine hitzige Diskussion entbrannte, dann meldete sich ein älterer Mann zu Wort, der eine wulstige Narbe auf der Stirn trug.
»Ich werde die neue Abgabe zahlen, um die Götter zu besänftigen.« Seine Stimme nahm einen verängstigen Unterton an, als er weitererzählte. »Mein eigener Bruder war Zeuge, als dieser Prophet Galmár in sein Dorf kam. Galmár verlangte, dass sie am Abend und Morgen zu den Göttern beten, und dass sie all das abgeben sollten, was sie nicht unbedingt zum Leben brauchten, denn nur das würde die Götter besänftigen. Ein geiziger Kaufmann, der etwas außerhalb des Dorfes lebte, hielt sich nicht daran, und am nächsten Tag lag sein Hof in Schutt und Asche, die Körper seiner Familie waren regelrecht zerfetzt.« Der Mann riss seine Augen weit auf. »Mein Bruder sagt, man hätte schattenhafte, grausige Kreaturen in der Nähe gesehen, die ein Heulen ausstießen, das nicht von dieser Welt stammt.«
Bedrücktes Schweigen beherrschte nun den Gastraum.
Am Tisch warfen sich Torgal und seine Männer unsichere Blicke zu, und auch Nordhalan hob ratlos die Schultern. Schließlich war es Atorian, der sich erhob und zu den Männern ging.
»Wer ist dieser Galmár?«, wollte er wissen und setzte sich wie selbstverständlich mit ans Feuer. Die Männer machten ihm sogleich Platz und erzählten von dem neuen Propheten, den Samukal in alle Teile des Landes schickte, um den Willen der Götter kundzutun.
»Waren sie noch nicht in deinem Dorf?«, grunzte der Wirt, als er den Eintopf servierte.
Mechanisch schüttelte Atorian den Kopf und musste zuerst seine Gedanken ordnen.
»Mir wollten sie sogar meinen Vorrat an Bier wegnehmen«, empörte sich der Wirt. »Als ob die Götter irgendetwas damit anfangen könnten.« Dann nickte er grimmig. »Am Ende haben sie sich mit einer Kuh zufriedengegeben.«
Das Gehörte verwirrte Atorian zutiefst. Sollten tatsächlich die Götter schuld an der Zerstörung der Dracheninsel sein? Was hatte es mit diesem merkwürdigen Propheten auf sich, der von einer Strafe der Götter predigte? All dies gab für Atorian keinen Sinn, und er versank mehr und mehr in seinen eigenen Gedanken, während um ihn herum das Gerede der Bauern zu einem monotonen Gebrabbel wurde.
Kapitel 9
Götter, Dämonen und Intrigen
D er Wind pfiff um die Burg von Northcliff und verursachte, klagende, heulende Geräusche, so als würden die Windgeister des Drachenmeeres Einlass in das alte Gemäuer begehren. Samukal saß am flackernden Feuer im Arbeitszimmer und sah einige Papiere durch, während er sich am neuesten Hefegebäck der Köchin Murga gütlich tat. Bisher war er recht zufrieden, die meisten seiner Untertanen hatten die Abgaben ohne zu murren geleistet, und bei denen, die zögerten, hatte Rashkár nachgeholfen. Allerdings musste er sich langsam etwas einfallen lassen, denn sein dämonischer Diener konnte nicht in weiten Teilen des Landes die Menschen zur Ordnung rufen und gleichzeitig nach Darian und Nordhalan suchen. Samukal brauchte weitere Unterstützung aus der Zwischenwelt, wenn er seine Macht sichern wollte. Bisher waren die Weltennebel jedoch nicht aufgezogen, oder der Dämon war zumindest zu dieser Zeit nicht am Stein von Alahant gewesen, um ihm Bescheid zu geben. Hin und wieder hatte er ohnehin mit dem Gedanken gespielt, in die andere Welt zurückzukehren, moderne Waffen zu holen, und damit Terror zu verbreiten. Doch diesen Gedanken hatte er rasch wieder verworfen. Feuerwaffen waren effektiv, keine Frage, aber hier in Albany würde er keine Munition herstellen können, es würde lange dauern, Menschen auszubilden, die damit umgehen konnten, und immer wieder durch das
Weitere Kostenlose Bücher