Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
Leuchten der Steine verblasste, und die normalen Geräusche – das Heulen des Windes, das Rauschen des Meeres und das gedämpfte, ferne Kreischen der Seevögel – erfüllte wieder den Abend.
»Da ist etwas.« Blitzschnell sprang Tagilis auf, verschwand über dem nächsten Hügel und verfolgte irgendetwas, was den anderen, die nicht seine scharfen Augen besaßen, entgangen war.
Die restlichen Gefährten redeten alle hektisch durcheinander, verwirrt von den vielen offenen Fragen, mit denen Merlin sie zurückgelassen hatte.
»Was hast du mit den Diomár zu tun, Nordhalan?«
»Wer wird kommen?«
»Wie sollen wir die Karte finden?«
»Was ist die Urheimat?«
Schließlich gebot Nordhalan mit einer herrischen Geste Schweigen.
»Langsam. Zunächst müssen wir Torgal und die anderen holen, das Tor wird nur bis zum Morgengrauen geöffnet sein. Aramia, du siehst im Dunkeln. Würdest du das übernehmen?«
Sofort nickte die Nebelhexe, und Darian wollte sie begleiten, aber sie lehnte ab.
»So leid es mir tut, aber du würdest mich aufhalten. Die Zeit wird ohnehin schon knapp, ich muss mich sehr beeilen.«
Wenige Augenblicke später war der Halbelf zurück.
»Hast du jemanden gesehen?«, wollte Atorian wissen.
»Nein. Was auch immer es war, es ist im Sumpf hinter dem Steinkreis verschwunden.«
»Vielleicht nur ein Tier«, meinte Mia, dann erzählte sie dem Halbelfen, was sie gerade besprochen hatten.
»Ich komme mit dir«, schlug Tagilis vor. »Ich kann im Dunkeln nicht sehr gut sehen, aber besser als ein Mensch, und ich bin, so denke ich, genauso schnell wie du, Aramia.«
Zögernd stimmte Mia zu, umarmte Darian flüchtig und verschwand eilig in der Dunkelheit.
»Ich halte sie also auf«, murmelte Darian, der ein wenig beleidigt war.
»Elfen und Dunkelelfen sind den Menschen nun mal in einigen Dingen überlegen«, versuchte Nordhalan ihn zu beschwichtigen, dann setzte er sich leise ächzend auf den liegenden Stein.
»Was war das für eine Geschichte mit den Diomár?«, hakte nun Atorian aufgeregt nach.
Darian konnte ihn verstehen, denn er wusste, dass sein Bruder lange Zeit nach der Karte der Weltenportale und den Chroniken gesucht hatte.
»Wir sollten warten, bis die anderen zurück sind«, erwiderte der Zauberer ausweichend.
»Wir können es ihnen später immer noch erzählen. Jetzt sprich schon, Nordhalan.«
Man sah Nordhalan deutlich an, dass er Atorians Drängen nur mit großem Widerwillen nachgab. »Ich bin ein Mitglied der Diomár.«
Wie vom Blitz getroffen fuhr Atorian, der es sich gerade ebenfalls auf dem Boden bequem gemacht hatte, wieder hoch, und auch Darian staunte.
»Du bist … was?«
Bevor sich Atorian aufregen konnte, hob Nordhalan eine Hand. »Ich war nur ein unbedeutender Zauberer in dieser uralten Gemeinschaft. Als Mensch steigt man kaum zum Geheimnisträger auf, und ich war nur ein sogenannter ›Sammler‹.«
»Und das erzählst du mir erst jetzt?«, empörte sich Atorian. »Hunderte von Sommern suche ich nach den Chroniken und jetzt …«
»Würdest du mich bitte ausreden lassen?«
Widerstrebend nickte Atorian, verschränkte die Arme vor der Brust und sah den alten Zauberer auffordernd an.
»Nach der Nacht der großen Feuer, von der ich auch keine Einzelheiten kenne, zerstreuten sich auch auf dieser Insel die Diomár, und wohl nur ein sehr kleiner und enger Kreis traf sich weiterhin hier an diesem geheimen Ort. Ich wurde von Vahira angeworben, die auch meine Meisterin war. Doch wie ich schon sagte, ich war nur ein Sammler, der damit beauftragt wurde, die Geschehnisse auf der Burg von Northcliff zu dokumentieren und zu überbringen.« Er machte eine ausladende Handbewegung. »Hier, im Kreis der Seelen, legte ich den Eid ab, niemals darüber zu sprechen, dass ich ein Mitglied bin, aber ich nehme an, dass Merradann – oder Merlin – mich nun davon entbunden hat, sonst hätte er nicht frei davon gesprochen. Außerdem hat sich die Welt gewandelt.«
»Wer gehört noch zu den Diomár? Wo treffen sie sich, und wo sind die Chroniken abgeblieben?«, bedrängte Atorian den alten Zauberer scharf.
Seufzend hob Nordhalan die Arme. »Ich weiß es nicht. Ich gab meine Berichte nur an Vahira weiter, was sie damit tat, ist mir nicht bekannt. Seitdem ich aus der anderen Welt zurückgekehrt bin und Vahira tot ist, verwahre ich sie an einem neuen Ort und hoffe darauf, dass ein anderes Mitglied der Diomár, ein Geheimnisträger, eines Tages auf mich zukommt und mich doch noch zu einem der ihren
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