Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
Geist?«¸ keuchte Darian.
»Ja, das bin ich, wenngleich dieser Begriff nicht ganz zutrifft. Mein Zustand ähnelt dem Merradanns. Ich wurde erwählt, das neue Orakel im Kreis der Seelen zu sein, denn Merradann wird nun ins Licht gehen, um sich nach all der langen Zeit endlich mit seinen Ahnen zu vereinen. Es freut mich sehr zu sehen, dass ihr euch gefunden habt – und vor allem, dass du noch am Leben bist, Atorian, das hätte ich niemals zu hoffen gewagt.«
»Was geschah auf der Dracheninsel?«, stieß Atorian hervor.
Ein Schatten des Grauens überzog Readonns gutmütiges Gesicht. »Es war ein entsetzlicher Tag! Großes Unrecht brach über meine geliebte Insel herein. Die Kunde verbreitete sich, dass alle Bewohner der Insel zum Kreis von Borogán kommen sollten, da Kayne, der zukünftige König, den Drachen vorgestellt werden sollte.« Readonns Augen suchten die von Darian, doch bevor dieser etwas sagen konnte, fuhr der Hüter der Steine bereits fort. »Ich vernahm schlimme Dinge über dich, von denen ich heute weiß, dass sie nicht der Wahrheit entsprachen, aber lass uns später darüber sprechen.« Darian nickte, und Readonn fuhr fort. »Wir alle fanden uns an jenem Tag am Steinkreis ein, Samukal zeigte mir einen Jungen, von dem ich heute nicht einmal glaube, dass es in der Tat Kayne war, und ich rief die Drachen. Nachdem sie sich auf den Monolithen niedergelassen hatten, senkte sich eine Kugel der Finsternis über den Kreis von Borogán, und noch heute glaube ich zu spüren, wie sie meine Kräfte lähmte. Nur schemenhaft konnte ich erkennen, wie verhüllte Wesen, die über große und dunkle Mächte verfügten, die Drachen angriffen, doch ich verspürte überwältigende Bosheit. Apophyllion, der Herr der Drachen, hat sich geopfert, und all seine magischen Kräfte aufgebraucht, um ein Portal zu erschaffen, durch das seine Gefährten fliehen konnten. Ein gewaltiger Kraftakt, der ihn selbst das Leben kostete. Durch diese große Freisetzung von Macht wurde jedoch auch der Steinkreis zerstört. Ob die finsteren Wesen überlebten, vermag ich nicht zu sagen, denn zu diesem Zeitpunkt verweilte mein Geist bereits im Nebel.«
»Wer hätte die Macht, gegen die vereinten Kräfte der Drachen zu bestehen?«, warf Nordhalan ein, der unbemerkt in den Kreis getreten war. »Allein Apophyllion hätte zehn starke Zauberer besiegen können, und so viele zählt die Zauberergilde nicht einmal mehr.«
»Samukal muss dunkle Mächte auf seiner Seite gehabt haben, und bevor er ging, sagte Merradann mir, es seien Dämonen gewesen.«
»Samukal ist ein Meister, aber selbst er …« Nordhalan zögerte, »Darian, das Wesen in der anderen Welt, könnte das wirklich ein Dämon gewesen sein?«
Darian dachte mit Grauen daran, wie Mia mit Samukals Diener gekämpft hatte. »Ja, das könnte ich mir vorstellen.«
»Selbst wenn er über Dämonen gebietet«, murmelte Nordhalan mehr zu sich selbst, »auch mit deren Hilfe könnte er die Drachen nicht besiegen … Wer also steckt wirklich dahinter?«
»Wie konntest du …« Darian gingen ganz andere Dinge im Kopf herum. »… so werden – ich meine, ein Geist?«
Der ehemalige Hüter der Steine bedachte Darian mit einem väterlichen Lächeln. »Mein Geist oder meine Seele, wie auch immer ihr es nennen mögt, trafen auf meinem Weg ins Licht auf mächtige Wesen – Wesen wie Merradann. Viele würden sie als Götter bezeichnen, aber nach dem, was ich heute weiß, sind es Geschöpfe von großer Weisheit, die als reine Energie und mit dem Wissen vieler vergangener Leben zu einer höheren Existenzebene aufgestiegen sind. Sie fragten mich, ob ich noch eine Weile verweilen und den Geschöpfen Albanys mit Rat und Tat zur Seite stehen wolle, und vielleicht werde ich eines Tages einer von ihnen sein.«
»Wie … sehen sie aus?«, fragte Darian voller Spannung.
Kleine Fältchen bildeten sich um Readonns Augen. »Sie besitzen keine physische Form, und auch ich habe keine mehr. Ich erscheine euch nur in meinem alten Körper, weil ihr mit diesem vertraut seid. Darian, leider kann ich dir noch nicht alles erklären, denn diese Dinge sind neu für mich, und auch ich muss noch sehr viel lernen …«
Readonn hob den Kopf, zog die Augenbrauen zusammen und blickte in die Ferne. Darian folgte seinem Blick und erkannte Mia, die in der Morgendämmerung angerannt kam. Etwas weiter entfernt folgten Tagilis, Utz, Rukan, Nassàr, Torgal und Fendor, Letztere deutlich erschöpft.
»Wer ist das?« Mia riss ihre Augen weit
Weitere Kostenlose Bücher