Das Reich der Dunkelheit
ab“, melde ich mich wieder zu Wort. „Wir müssen eine Entscheidung treffen. Ich bin fürs Weitermachen.“
„Ich auch“, stimmt Metáfora mir zu. „Lasst uns noch mal runtergehen.“
„Gut, aber wir müssen sehr vorsichtig sein“, mahnt Hinkebein. „Wenn Stromber was mitkriegt, wird er uns Ärger machen. Er hat dich sowieso auf dem Kieker, Arturo. Nach eurem Duell ist er bestimmt sehr wütend auf dich. Er wird alles versuchen, um dich fertigzumachen. Ich hab dir doch erzählt, dass er …“
„Ja, ich weiß, er will meinen Platz einnehmen …“
„… und dir deinen Namen klauen“, ergänzt Metáfora. „Der Mann ist gefährlich, Arturo. Du musst dich vor ihm in Acht nehmen.“
„Stimmt, aber ich lass mich nicht so einfach vertreiben. Die Stiftung war immer mein Zuhause, und niemand kann mich hier rauswerfen.“
„Also gut, gleich morgen gehen wir wieder runter. Gebt mir etwas Zeit, damit ich alles gut vorbereiten kann. Ich muss meine Notizen ordnen und mir die vielen Zeichnungen ansehen, die ich angefertigt habe.“
„Einverstanden. Du bist der Archäologe und weißt, wie wir vorgehen müssen.“
***
I CH BIN WIEDER in die Kuppel hinaufgestiegen, um meine Mutter zu besuchen, besser gesagt, das Bild meiner Mutter. Zuerst habe ich daran gedacht, nach unten zu dem Sarkophag zu gehen, in dem ihr Leichnam ruht. Aber so weit bin ich noch nicht, und deswegen komme ich vorerst lieber hierher in die Dachkammer.
Nach langem Überlegen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass mein Vater sie nicht wiederbeleben kann. So etwas war vielleicht im Mittelalter möglich. Damals gab es jede Menge Hexen und Hexenmeister, Zauberer, Magier, Feen und Kobolde, aber damit ist es jetzt vorbei. Heutzutage wird kein Toter mehr zum Leben erweckt. Sicher, es gibt die Kryogenik, das ist die Technik, mit der Menschen eingefroren werden, um sie nach vielen Jahren ins Leben zurückzuholen, für den Fall, dass man in der Zwischenzeit ein Mittel gegen ihre tödliche Krankheit gefunden hat. Aber mehr nicht. Auch ist viel vom Klonen die Rede und von bestimmten Verfahren, mit denen die Gene von Menschen und Tieren verändert werden können. Aber Wiedererweckungen? Fehlanzeige! Es ist eine Sache, Fische oder Schafe einzufrieren, eine ganz andere jedoch, das mit einem Menschen zu tun und ihn später ins Leben zurückzuholen. Deswegen werde ich mich wohl damit begnügen müssen, mich mit Mamas wunderschönem Gemälde zu unterhalten.
„Hallo, Mama, hier bin ich wieder“, sage ich und nehme das Laken von der Leinwand.
Ich setze mich auf das alte Sofa und betrachte das Bild. Erst dann rede ich weiter.
„Papa meint, er könne dich wiederbeleben. Aber ich muss gestehen, dass ich mir nicht sicher bin, ob es ihm gelingt. Nicht mal mit Hilfe des Pergaments.“
Sie lächelt mich an, und ich frage mich, ob sie mich nicht doch hören kann.
„Ob er es nun schafft oder nicht, auf jeden Fall freue ich mich sehr, dass dein Leichnam hier in der Stiftung ruht. Und bald werde ich hinuntergehen können, um dir noch näher zu sein. Dann werde ich mich noch viel sicherer fühlen … Aber heute will ich dir etwas versprechen. Ich gebe dir mein Wort, dass ich versuchen werde, Papa nicht mehr böse zu sein, weil er falsche Hoffnungen in mir geweckt hat. Egal, ob ihm das, was er mit Normas Hilfe vorhat, nun gelingt oder nicht.“
Ich warte ein wenig und fahre dann fort:
„Du kannst also ganz beruhigt sein. Papa und ich werden uns deswegen nicht mehr streiten. Aber auch wenn er sehr aufrichtig zu mirwar in jener Nacht, als er mir alles gestanden hat, habe ich das Gefühl, dass er mir etwas verheimlicht. Ich weiß, dass in seiner Geschichte noch irgendein wichtiger Mosaikstein fehlt. Na ja, ich werde es schon noch herausfinden.“
Ich stehe auf und nehme das Laken, aber bevor ich das Gemälde wieder verhülle, erzähle ich ihr noch etwas:
„Ach ja, übrigens, ich habe angefangen, die Geschichte von König Artus aufzuschreiben. Die Geschichte von den Rittern der Tafelrunde fasziniert mich sehr. Es sind ganz tolle Männer, besonders Merlin, der Zauberer. Ich hätte ihn gern in meiner Nähe. Also dann, Mama, ich komme wieder, sobald ich kann“, sage ich und verhülle das Bild.
Ich gehe ins Erdgeschoss hinunter. Dort begegne ich Adela.
„Hallo, Arturo, wie geht es dir?“
„Gut, Adela. Und dir?“
„Ich versuche, Ordnung ins Chaos zu bringen, was gar nicht so einfach ist. Es bereitet mir ziemliches Kopfzerbrechen, dieses Gebäude zu sichern.
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