Das Reich der Dunkelheit
wütend über Alexias Tod. Deine inneren Dämonen lechzen nach Blut, und du merkst es nicht. Du bist gerade dabei, die Macht deiner Magie zu missbrauchen. Ich beobachte das schon eine ganze Weile. Du zügelst deine Macht einfach nicht. Und du stellst längst selbst eine Gefahr dar. Du hast diese alchemistische Macht von uns erhalten, um Gutes zu tun und für Gerechtigkeit zu sorgen, und nicht, um wahllos zu töten. Oder glaubst du, wir hätten dir dieses Schwert gegeben, damit du es wie eine Sense benutzt, mit der man Leben niedermäht? Nein, Arturo, es ist eine Waffe des Guten und nicht eine des Bösen … Dein besessener Zorn hat dich voll im Griff.“
Keinem anderen Menschen hätte Arturo erlaubt, so mit ihm zu reden. Arquimaes’ Worte trafen ihn mitten ins Herz.
„Habt Ihr mit Königin Émedi darüber gesprochen?“
„Émedi denkt wie ich. Wir fürchten, dass du dich von deinem wütenden Groll zu weiterem Ungemach hinreißen lässt. Das Wichtigste ist im Augenblick aber nicht, unsere Feinde auszulöschen, die uns belagern und uns töten wollen. Das Wichtigste ist erst einmal, dass du deine Besonnenheit und dein Gleichgewicht wiedergewinnst.“
„Was muss ich tun?“, fragte Arturo, der einsah, dass sein Meister recht hatte. „Wie kann ich diese Wut beherrschen, die mich auffrisst?“
„Zuerst musst du deinen Schmerz annehmen. Werde dir über deine Gefühle klar und denke daran, wie viele Menschen du getötet hast, seitdem Alexia durch dein Schwert gestorben ist. Du musst begreifen, dass die Macht des Drachen dir ein Übermaß an Stärke verliehen hat, die du nicht zu kontrollieren weißt. Du musst deine Triebe beherrschen und deine Macht angemessen einsetzen.“
Arturo senkte den Kopf und schloss die Augen. Was er nicht wusste, war, dass er unter dem Einfluss der Worte des Weisen stand, der ihn behutsam auf diese Unterredung vorbereitet hatte. Und zum ersten Mal seit Alexias Tod verspürte er in seinem Innern eine Welle friedvoller Ruhe.
„Ich werde tun, was Ihr sagt, Meister.“
„Ich lasse dich nicht allein“, versprach Arquimaes und legte seinem Lieblingsschüler die rechte Hand auf die Schulter. „Ich werde dich auf deinem Weg begleiten. Bald wirst du wieder du selbst sein.“
Aus dem nahen Wald drang ein markerschütterndes Geheul. Die wilden Bestien des Finsteren Zauberers machten sich auf die Jagd nach frischem Menschenfleisch.
VI
I N DEN T IEFEN DER S TIFTUNG
T ROTZ ALLER S CHWIERIGKEITEN sind Hinkebein, Metáfora und ich damit fortgefahren, die Tiefen der Stiftung zu erforschen. Heute sind wir wieder in den gefährlichen Keller hinuntergestiegen.
Der Palast von Arquimia ist viel größer, als wir dachten. Die endlosen Flure lassen darauf schließen, dass es sich um ein ausgedehntes Netz an Gängen handelt, ein wahres Labyrinth, dessen Ausmaß nicht abzusehen ist.
Diejenigen, die dieses Meisterwerk erbaut haben, wussten, was sie da schufen; wir dagegen stehen erst am Anfang.
„Und was machen wir jetzt?“, fragt Hinkebein. „Weitergehen oder nicht? Jetzt, da Stromber die Stiftung verwaltet, könnte er uns großen Ärger machen. Er könnte uns sogar anzeigen.“
„Nein“, widerspreche ich. „In den Kellern hat er nichts zu sagen. Wir können uns ruhig weiter dort umsehen. Ich will unbedingt wissen, was es da unten noch so alles zu sehen gibt. Ich möchte das Geheimnis des Palastes lüften.“
„Aber früher oder später müssen wir unsere Entdeckung den Behörden melden“, gibt Metáfora zu bedenken. „Wenn die mitkriegen, was wir hier tun, sind wir dran. Stimmt’s, Hinkebein?“
„Du hast recht. Wir wissen inzwischen, dass wir eine wichtige Entdeckung gemacht haben. Und das könnte uns in Schwierigkeiten bringen … Aber da fällt mir ein, wir könnten doch Adela um Hilfe bitten.“
„Meinst du wirklich?“
„Klar, sie ist doch die Sicherheitschefin. Wir müssen ihr vertrauen. Ihr fällt bestimmt was ein.“
„Ich weiß nicht, vielleicht hast du ja recht, aber ich würde vorschlagen, noch ein wenig zu warten. Wir kennen sie ja kaum. Sie hält ihrPrivatleben verschlossen wie einen Tresor. Wir können nicht mit Sicherheit sagen, auf wessen Seite sie steht.“
„Na ja, immerhin wissen wir, dass sie eine Freundin meiner Mutter ist“, erinnert uns Metáfora.
„Sie ist so distanziert, finde ich“, sagt Hinkebein. „Wenn sie mich sieht, schaut sie weg. Es ist, als existierte ich nicht für sie. Eine seltsame Frau, hart wie Stein.“
„Wir kommen vom Thema
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