Das Reich der Dunkelheit
bin.
„Arturo, du spielst mit Charlie“, entscheidet Horacio, „und ich spiele mit Willy. Einverstanden?“
„Klar, wie ihr wollt“, antworte ich.
„Hör mal, du, ich hoffe, du kannst spielen“, sagt Charlie. „Ich verliere nämlich nicht gerne.“
„Ich werde tun, was ich kann. Ich verspreche dir, ich werde mich bemühen.“
Schnell merke ich, dass es nicht reicht, sich zu bemühen. Man braucht viel Übung. Hier zählen nicht Worte, sondern Taten. Entweder du triffst in die Vollen, oder du verlierst. So einfach ist das.
„Das nächste Mal spielst du mit Horacio und ich mit Willy“, sagt Charlie, nachdem wir dreimal hintereinander verloren haben. „Ichwill auch mal gewinnen, das bin ich meiner Selbstachtung schuldig. Scheißabend!“
Jetzt spielen Horacio und ich zusammen. Wenn Metáfora das sehen könnte, käme sie aus dem Staunen nicht mehr raus.
„Versuch endlich mal, geradeaus zu werfen“, ermahnt mich Horacio. „Du darfst das Handgelenk nicht so verdrehen!“
„Ich soll also die Hand so wenig wie möglich bewegen?“
„Genau! Die Kugel rollt dahin, wo du sie hinschickst. Wenn du den Arm nach rechts drehst und die Hand nach links, landet die Kugel an der Bande!“
„Ich glaub, ich weiß jetzt, wie es geht“, sage ich. „Vielen Dank für den Tipp!“
„Du weißt noch gar nicht, wie viel du von mir lernen kannst“, sagt er.
Seit wir die Partner gewechselt haben, gewinnen Horacio und ich ein Spiel nach dem anderen.
Ich muss zugeben, dass er hervorragend spielt. Er ist schlau und tut so, als wolle er gar nicht gewinnen.
Und wenn er trotzdem gewinnt, dann nur, weil er Glück hat, nicht weil er besser ist.
Und wenn er zu verlieren droht, hat man das Gefühl, die Welt gehe unter. Dann glauben die anderen, er sei am Boden zerstört. Und wenn sich am Ende herausstellt, dass er gewonnen hat, meinen alle, es sei reiner Zufall gewesen.
„Also, Jungs, ich glaube, für heute ist es genug“, sagt Horacio nach der dreizehnten Partie. „Mir tut der Arm weh, ich hab keine Kraft mehr. Gehen wir?“
„Gut, ich hol nur schnell meine Tasche“, sagt Charlie. „Dauert nicht lange.“
Draußen ist es saukalt.
„Na, Arturo, du kannst nicht meckern, was?“, sagt Charlie und tritt gegen einen Papierkorb, der mit lautem Getöse auf den Asphalt fällt. „Zum ersten Mal bei uns mitgespielt und gleich gewonnen.“
„Er hatte eben den richtigen Partner“, bemerkt Willy. „Kannst dich bei Horacio bedanken, Arturo.“
„Klar, ohne ihn …“ Ich schlage mit den Armen um mich, um die Kälte zu vertreiben. „Er spielt wirklich super“, sage ich anerkennend.
„Aber du hast gewonnen“, beharrt Charlie. „Und das ärgert mich.“
Wir biegen in eine einsame, schlecht beleuchtete Straße ein.
„Arturo hat immer Glück“, sagt Willy. „Stimmt’s, Arturo?“
„Ich weiß nicht, was du meinst.“
„Na ja, du gewinnst eben immer. Mercurio ist dein Freund, und wenn du zu spät kommst, schließt er dir die Tür auf. Norma lässt dir eine Menge durchgehen, weil dein Vater was mit ihr hat. Und deine Feinde sind plötzlich deine Freunde. Wenn das kein Glück ist! Muss wohl an deinen Zaubertricks liegen …“
„Was meinst du mit Zaubertricks?“, frage ich und habe das Gefühl, dass ich in eine Falle getappt bin.
„Die Tricks mit dem Drachen! Du weißt schon, dem auf deiner Stirn.“
„Oder willst du abstreiten, dass du ihn einsetzt, wenn es eng wird?“, fügt Charlie hinzu. „Willst du uns nicht zeigen, wie das funktioniert?“
Horacio hüllt sich in Schweigen.
„Ich würde es gern wissen“, sagt Charlie.
„Ich auch“, sagt Willy. „Komm schon, Arturo, zeig uns, wie er sich bewegt!“
„Ja, lass ihn frei, mal sehen, ob er so gefährlich ist, wie alle sagen.“
Ich bleibe stehen und warte. Ich weiß immer noch nicht, worauf sie hinauswollen.
„Also, Jungs, ich geh nach Hause“, sage ich schließlich. „Es ist schon spät.“
„Nein, Arturo, du gehst jetzt nirgendwohin“, befielt mir Willy in einem Ton, der mir ganz und gar nicht gefällt. „Du hast uns den ganzen Abend genervt, jetzt wollen wir dafür entschädigt werden.“
„Mann, Arturo“, mischt sich Horacio ein, „wenn dein Maskottchen gewagt hat, mich anzugreifen, als wir allein waren, dann hat es vielleicht jetzt auch wieder Lust zu kämpfen, wo wir zu mehreren sind. Willst du meinen Freunden den Trick nicht zeigen?“
Ich weiche einen Schritt zurück. Mein Gefühl sagt mir, dass es gleich Ärger geben
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