Das Reich der Dunkelheit
da?“
„Nein.“
„Könnten Sie ihn anrufen und ihm sagen, er soll herkommen?“
„Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird.“
„Sagen Sie ihm, Arturo Adragón braucht ihn!“, flehe ich den Arzt an. „Sagen Sie es ihm bitte!“
„Ich weiß nicht, ob …“
„Wenn Sie es nicht tun, tue ich es. Er muss unbedingt kommen, für alle Fälle.“
„Wieso für alle Fälle?“
„Rufen Sie ihn an, bitte!“
„Schon gut, ich werde sehen, was sich machen lässt“, verspricht mir der Arzt.
„Sie warten hier draußen“, sagt die Krankenschwester. „Wir müssen gleich noch die Daten aufnehmen. Ich bin Schwester Violeta …Kommen Sie“, sagt sie zu Sombra, „setzten Sie sich hier in den Rollstuhl und bewegen Sie sich nicht.“
Sie geht zu dem Haustelefon, das auf einem Tisch steht, und gibt irgendwelche Anweisungen. Dann kümmert sie sich wieder um Sombra.
„Wir werden Ihr Bein röntgen müssen. Danach sieht es sich ein Arzt an“, sagt Violeta, als ein weiterer Krankenpfleger einen Rollstuhl heranschiebt. „Er wird gleich hier sein.“
„Ich möchte lieber hier warten, bis …“
„Bringen Sie ihn in die Radiologie!“, befiehlt Violeta dem Pfleger, ohne auf Sombras Bitte einzugehen.
Norma, Mercurio und ich setzen uns ins Wartezimmer. Wir sind am Ende unserer Kräfte.
Violeta macht sich ein paar Notizen und schickt sich an, hinauszugehen.
„Ich weiß nicht, was geschehen ist, aber Sie sehen aus, als wären Sie von einer Bombe getroffen worden.“
„Manchmal passieren eben Dinge, die …“
„Moment!“, ruft sie aus. „Sie kommen von der Bibliothek, wo man eine Bombe gelegt hat! Von der Stiftung Adragón!“
„Kann man wohl sagen“, antwortet Norma. „Aber erzählen Sie es keinem weiter.“
Violeta ist ganz aufgeregt. Ohne ein Wort geht sie hinaus. Norma nimmt meine Hand und versucht, mich zu trösten.
„Hab keine Angst, Arturo“, sagt sie. „Dein Vater ist stark, er wird es überstehen.“
„Ich hoffe, du hast recht.“
„Ich werd mal nach draußen gehen und den Lieferwagen ordentlich parken“, sagt Mercurio. „Bin gleich wieder da. Ich rufe auch meine Frau an und sage ihr Bescheid. Wenn ich nicht rechtzeitig zurück bin, muss sie die Schultür aufschließen.“
Er geht hinaus. Norma legt den Arm um mich.
„Ich muss unbedingt Metáfora anrufen und ihr sagen, dass alles in Ordnung ist. Sie macht sich sicher Sorgen. Wart ihr zusammen, als die Bombe explodierte?“
„Ja, aber ihr ist nichts passiert. Sie ist bei Hinkebein geblieben. Auf jeden Fall solltest du sie anrufen.“
„Ich habe mein Handy verloren, es war in der Tasche …“
„Hier, nimm meins … Metáforas Nummer ist gespeichert.“
Norma drückt die Speichertaste und wählt die Nummer ihrer Tochter.
„Metáfora? … Hallo, ich bin’s … Ja, alles in Ordnung … Mach dir keine Sorgen … Ich bin mit Arturo im Krankenhaus … mit beiden … Ja, in der Klinik von Doktor Baptiste … Wir sind in der Notaufnahme … Gut, wir warten hier auf dich …“
„Erzähl niemandem was!“, rufe ich ins Handy. „Niemandem, verstehst du?“
„Auch nicht Hinkebein?“, fragt die Stimme am anderen Ende.
„Ihm ja … aber sonst niemandem!“
„Gut. Ich mach mich jetzt auf den Weg“, sagt sie.
Norma gibt mir das Handy zurück. Ich stecke es in meine Hosentasche.
„Sag mal, Norma, was ist da unten passiert?“, frage ich. „Ich meine, was habt ihr getan, als die Bombe explodiert ist?“
„Wir waren bei dem Sarkophag, um … Du weißt schon, das mit der Wiederbelebung. Plötzlich hörten wir einen Knall, und dann fing die Erde an zu beben …“
„Aber was genau habt ihr in dem Moment gerade getan?“
„Sombra hat den Text des Pergaments laut vorgelesen, und dein Vater … Ich weiß noch, dass er neben mir stand, eine Hand auf meiner Schulter, die andere auf dem Sarkophag …“
„Hat Sombra den Text zu Ende gelesen?“
„Ich glaube nicht. Vorher hat es die Explosion gegeben. Wie weit Sombra gekommen ist, weiß ich nicht. Ich nehme an, ungefähr bis zur Hälfte. Aber ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Ich bin noch ganz durcheinander …“
Mercurio kommt aufgeregt hereingestürzt.
„Kommt, schnell!“
„Was ist los?“
„Schnell, schnell!“
Wir folgen ihm in einen großen Saal, in dem ein Fernseher steht. Der Ton ist abgeschaltet, man sieht nur die Bilder von der Explosion.
Eine Reporterin berichtet über das Attentat. Sie steht direkt vor der Stiftung … oder besser gesagt, vor
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