Das Reich der Dunkelheit
einem der wenigen Bäume, die es in dieser unwirtlichen Gegend gab, gehalten wurde.
Sie warteten darauf, dass der Tag voranschritt und der Nebel sich lichtete. Doch erst am Nachmittag wurde ihr geduldiges Warten belohnt.
„Der Nebel löst sich auf!“, rief Arturo, der auf der höchsten Spitze des Berges stand.
Arquimaes, Crispín und die Mönche kamen aus dem Zelt gekrochen und liefen zu Arturo. Unter ihnen erstreckte sich das weite Tal.
„Was machen wir jetzt?“, fragte Arturo. „Was ist Euer Plan, Meister?“
„Plan? Es gibt keinen Plan, Arturo“, antwortete Arquimaes. „Jetzt können wir nur darauf warten, dass etwas passiert. Wir müssen irgendwie verhindern, dass die Feuermasse auf unsere Leute niedergeht. Und das wird früher oder später geschehen.“
„Werden wir es denn verhindern können?“
„Wir müssen es versuchen! Wir müssen die Emedianer retten … Wir sind ihre einzige Hoffnung.“
Arturo zog es vor, keine weiteren Fragen zu stellen. Er wusste, dass Arquimaes alles tun würde, was in seiner Macht stand, um die Emedianer zu beschützen. Und er wusste auch, dass sein Meister über gewisse Möglichkeiten verfügte, und das beruhigte ihn.
Crispín, der gehört hatte, was Arturo und Arquimaes miteinander geredet hatten, machte sich Sorgen. Als sie ihm gesagt hatten, dass sie auf diesen Berg steigen müssten, um eine wichtige Mission zu erfüllen, hatte er keine Ahnung gehabt, was ihnen bevorstand.
„Von diesem Moment an werden wir nicht mehr schlafen. Wir werden ununterbrochen Wache halten!“, befahl der Alchemist. „Jedes verdächtige Anzeichen bedeutet Gefahr und muss uns in Alarmbereitschaft versetzen.“
***
B EGLEITET VON FÜNF Soldaten und mehreren Dienern, die große Gefäße trugen, betrat Tránsito den Kerker. Die Emedianer waren an die Wand gekettet und wurden von den Folterknechten bewacht. Der Gestank nach verbranntem Fleisch verpestete die Luft, doch der ehemalige Mönch aus Ambrosia fühlte sich davon nicht angeekelt. ImGegenteil, er schien es zu genießen. Wenn die Emedianer bereits gefoltert worden waren, so dachte er, war ihre Widerstandskraft geschwächt, und das würde seine Arbeit erleichtern.
Er setzte sich auf den Holzstuhl mit der hohen Lehne, der dem Foltermeister vorbehalten war, und musterte die fünf Gefangenen. Man hatte ihnen Kapuzen übergezogen, und ihre Rücken waren von blutigen Wunden übersät.
„Wart ihr bei der Schlacht um Emedia dabei?“, fragte er sie freundlich. „Seid ihr Emedianer?“
Die fünf bejahten. Ihre schwachen Stimmen waren ein deutlicher Beweis dafür, dass sie aufs Grausamste gefoltert worden waren.
„Erinnert ihr euch an Ratala, der in eine Feuerkugel verwandelt wurde und vor dem Schloss eurer Königin gestorben ist?“
Auch das bejahten die Gefangenen.
„Ich bin gekommen, um euch zu sagen, dass ihr die Ehre habt, so zu sterben wie er. Das Schicksal hat euch auserwählt, damit ihr euch auf der Liste der ruhmreichen Diener des Großen Zauberers Demónicus eintragen könnt. Ihr habt Glück gehabt.“
Die fünf Männer zappelten unruhig hin und her. Tránsitos Worte hatten sie in Panik versetzt. Was hatte er mit ihnen vor? Welch schreckliches Ende erwartete sie?
Tránsito gab den Dienern ein Zeichen. Daraufhin schraubten sie die Deckel von den Gefäßen, gossen ihren Inhalt in große Schöpflöffel und schütteten ihn über die Körper der wehrlosen Emedianer.
„Ihr werdet jetzt die Speise der Götter bekommen, die euch in besondere Wesen verwandeln wird“, kündigte Tránsito an.
Die Soldaten nahmen den Gefangenen die Kapuzen vom Kopf, und die Diener rissen ihnen mit Gewalt den Mund auf.
„Schlucken!“, befahlen sie ihnen. „Schlucken, ihr Schweine!“
Die Gefangenen hatten keine andere Wahl, als die übel riechende, ölige Masse, die ihnen eingeflößt wurde, hinunterzuschlucken.
„Jetzt seid ihr bereit!“, rief der Mönch ihnen zu. „Bald werdet ihr einen ganz besonderen Flug zu den Wolken antreten! Dort oben wartet euer Schicksal auf euch. Beklagt euch nicht, Soldaten! Ihr werdet ein ruhmreiches, unvergessliches Ende haben.“
Die Emedianer verstanden nicht, was er damit sagen wollte. Ihre Vorstellungskraft reichte nicht aus, um zu ergründen, was der Hexenmönch sich ausgedacht hatte. Doch sie hatten furchtbare Angst. Die klebrige Flüssigkeit rann in ihre Körper und verursachte ein leichtes Zittern.
„Sperrt sie in Käfige!“, befahl Tránsito. „Morgen werden sie bereit sein, ihre Mission zu
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