Das Reich der Elben 01
Katapult- und Pfeilbeschuss ums Leben gekommen. Das Mauerstück, auf dessen Wehrgang sie postiert gewesen waren, existierte nicht mehr, und Thamandor hatte sich nur durch einen beherzten Sprung gerade noch retten können.
Auch Siranodir mit den zwei Schwertern kämpfte wie ein Berserker. Immer wieder ließ er seine Klingen wie Sensenblätter durch die Reihen der Rhagar gleiten. In seiner Nähe befand sich Prinz Sandrilas, der seine Düsterklinge wirbeln ließ. Für ihn oder König Keandir war es in dieser Situation unmöglich, noch irgendeine Kommandofunktion auszuüben.
Der Kampfwagen des Eisenfürsten war durch einen Brandpfeil in Flammen geraten. Die Besatzung konnte sich nur durch beherzte Sprünge retten, da die durch viele Speer- und Pfeilwunden halb wahnsinnige Riesenechse wie von Sinnen voranstürmte, auf der Flucht vor dem Feuer, das sie in Wahrheit hinter sich herzog.
Ein Armbrustschütze, den bereits drei Rhagar-Pfeile getroffen hatten, legte mit letzter Kraft einen Bolzen ein und schoss ihn ab. Er traf die Echse. Das magische Gift fraß sich in ihrem Körper fort, verbrannte die Zügel und das Geschirr, in dem das Tier steckte. Schließlich erreichte der magische Brand den Kampfwagen, und das Feuer nahm einen grünlichen Ton an und schlug hoch empor. Eisenfürst Comrrm, der sich noch auf dem Kampfwagen befand, war gezwungen, ebenfalls abzuspringen, wollte er nicht in den auflodernden Flammen vergehen.
Er landete auf den Leibern toter Pferde und rappelte sich sofort auf. Ein Zentaur galoppierte auf ihn zu, und Comrrm wich dessen Axthieb aus, um anschließend gleich zu parieren. Comrrms eigener Schlag fuhr dem Zentauren in den Leib und tötete ihn.
Der Barbar wirbelte herum – und entdeckte den König der
Elben.
Der Eisenfürst erkannte ihn sofort an dem Schwert, dessen Klinge eine deutlich sichtbare Narbe trug, wo sie geborsten gewesen war. Diese Klinge hatte Keandir oft gezogen und in effektheischender Geste in die Höhe gehalten, wenn er im Abstand eines halben Menschenalters die Herzöge von Aratan daran erinnert hatte, dass sie den Elben als ihren Göttern Gehorsam schuldeten. So war die Legende vom geborstenen Schwert des Elbenkönigs überall in den Rhagar-Ländern bekannt geworden. Zahlreiche sich widersprechende und von Generation zu Generation ausgeschmückte Geschichten
rankten sich um dieses Schwert, sodass es jedes Rhagar-Kind als Zeichen des Königs der Lichtgötter kannte.
Comrrm brüllte vor Wut auf und stürzte sich in Keandirs Richtung, räumte mit wilden Axthieben einen Elbenkrieger und einen Zentauren aus dem Weg und schlug einem Reiter das Pferd unter dem Körper weg. Er bahnte sich einen blutigen Weg zu jenem Elben, der sein direkter Gegner war.
Comrrm war nicht unsterblich. Aber ihm war bewusst, dass er unsterblich werden würde, wenn er den König der Lichtgötter erschlug. Ein Jahrtausend des Nachruhms war ihm sicher – und die Gefolgschaft seines Rhagar-Heers auf Lebenszeit. Wer konnte schon etwas gegen einen Mann sagen, der nicht nur behauptete, Sohn der Sonne zu sein, sondern der auch den König der Götter niedergestreckt hatte.
Keandir erwehrte sich tapfer der Angreifer, die ihn eingekreist hatten. Die Elbenkrieger in seiner Nähe waren abgedrängt oder getötet worden.
Merandil der Hornbläser war vor seinen Augen gefallen, ohne dass Keandir hatte eingreifen können. Fünf Rhagar hatten auf ihn eingedroschen und seinen Körper mit ihren Schwertern und Äxten dermaßen zerhackt, dass man ihn kaum noch wiedererkannte. Mehrere Rhagar-Krieger zankten sich um die Trophäen – Merandils Horn und sein Elbenschwert.
Sandrilas versuchte schon seit geraumer Zeit, an die Seite seines Königs zu gelangen, um ihm beizustehen, aber so sehr sein Schwert Düsterklinge auch Tod und Verderben unter die Rhagar sandte, es waren ihrer einfach zu viele, die er hätte überwinden müssen. Immer wieder musste er sich neuer Attacken erwehren.
Inzwischen hatte der Eisenfürst Keandir erreicht. Brüllend stürzte er sich auf ihn, die Axt hoch über dem Kopf schwingend.
»Überlasst ihn mir!«, rief er seinen eigenen Leuten zu. Und dann stand er vor Keandir und drosch mit seiner monströsen Streitaxt auf den Elbenkönig ein.
Keandir parierte die wuchtigen Hiebe mit Schicksalsbezwinger, wurde aber durch ihre barbarische Kraft zurückgedrängt. Dann traf seine Klinge den Eisenfürsten, aber von dem Metall, aus dem Comrrms Rüstung gefertigt war, prallte selbst der Elbenstahl des geborstenen Schwerts
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