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Das Reich der Katzen (German Edition)

Das Reich der Katzen (German Edition)

Titel: Das Reich der Katzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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dann
stürzte er wie ein Mehlsack zu Boden. Knallte ungebremst auf und blieb in
grotesk verrenkter Haltung liegen. Alles hatte nur wenige Sekunden gedauert.
    In dem Moment, als der rote Vogel seinen letzten Lebenshauch von
sich gab, waren Blackbird und seine Brüder an seiner Seite. Gleichzeitig
verschwand die Sonne mit der Götterbarke wieder vom Himmel und Valentin und die
Mönche verwandelten sich zurück. Hätte nicht das verkohlte, sterbende
Vogelbündel vor ihnen gelegen, hätten man denken können, es wäre nichts
passiert. Onisha löste sich von dem Anblick und drehte sich herum. Hinter ihnen
erhob sich hoheitsvoll die Rote Pyramide.
    Der Zauber der Ägypter war stark mit dem Herzen verwachsen, das
sie als Sitz aller Willens- und Geisteskräfte sahen. Blackbird blickte auf den
sterbenden Gegner hinab, der vor ihm auf dem Boden seine letzten Atemzüge aushauchte,
und hörte die leise Stimme in sich, die ihm die einzige Lösung präsentierte: Du
musst das noch schlagende Herz des roten Vogels verzehren. So kannst du seinen
Zauber rauben und ihn für das Gute umwandeln . Als ob das so einfach wäre,
dachte Blackbird, der Kerl hätte früher eher mich zum Frühstück verspeist. Wie
soll ich das bloß anstellen?
    Valentin war auch hier wieder die Schlüsselfigur, schien
Blackbirds Zweifel zu spüren und wusste, dass das Herz noch schlagen musste,
damit der Zauber erhalten blieb. Er gab seinen Brüdern ein Zeichen und sie
sprangen auf den riesigen Vogelleib, rissen ihm die Brust auf und legten das
noch schlagende Herz frei.
    Onisha schloss die Augen. Sie lag zwar schon lange nicht mehr auf
ihren Seidenkissen herum, aber an solche Anblicke hatte sie sich immer noch
nicht gewöhnt. Vorsichtig öffnete sie ein Auge. Sie sah Blackbird auf den
offenen Torso hüpfen und schloss das Auge blitzschnell wieder. Hätte sich am
liebsten die Pfoten auf die Ohren gelegt um die Geräusche, die Blackbird von sich
gab, nicht zu hören. Wie auch den Herzschlag des sterbenden Vogels nicht zu
hören. Der schwächer und schwächer wurde und schließlich gänzlich erstarb.
     
    Blackbird konnte sich lange nicht von den Bildern frei machen,
die noch in seinem Kopf herumschwirrten. Die Empfindungen, die er beim
Verspeisen des warmen, schlagenden Herzens gehabt hatte, ließen ihn nicht los.
Von Ekel über Fassungslosigkeit bis hin zu einem Glücksgefühl, als er spürte,
wie Stück für Stück Kraft und Magie in seinen Körper zog. Er war nun ein
besonderer Ba. Ein Auserwählter. Das würde sein bisheriges Dasein völlig auf
den Kopf stellen. Aber darüber machte er sich jetzt noch keine Gedanken. Viel
mehr beschäftigte ihn, was der rote Vogel ihm hoch in der Luft zugerufen hatte.
    »Menschen«, hatte er verächtlich hervorgestoßen. »Sie meinen, sie
wären etwas Besseres. Sie wären den Tieren überlegen. Nur weil sie der Ansicht
sind, dass sie aus den Tränen des Schöpfers entstanden sind.«
    Er erzählte den Katzen davon. Wohl auch um ihre Reaktion auf diese
These zu testen.
    »Wenn das so wäre, war der Schöpfer wohl nicht begeistert, wenn
sie ein Produkt seiner Tränen sind«, zischte Twinky Fleur zu.
    »Jetzt weiß ich, warum die Menschen immer so arrogant sind.
Bilden sich wohl was drauf ein, von den Tränen des Schöpfers abzustammen«,
knurrte Ben. »Wenngleich mich das erstaunt, weil doch viele nicht einmal an den
Schöpfer glauben, wie Twinky uns erzählt hat.«
    »Na ja, ein wenig ignorant waren die Menschen immer schon. Und du
hast Recht, sie glauben schon lange nicht mehr an den Schöpfer oder an Götter«,
sagte Valentin bedauernd.
    »Höre ich da ‚ein wenig ignorant‘?« Ben schnaubte verächtlich.
»Die können vor Dummheit kaum aus den Augen sehen.« Er war nicht unbedingt ein
Menschenfreund. So viel stand fest.
    »Sie glauben zwar schon lange nicht mehr an Götter. Aber die Welt
der Götter wird den Menschen im Tode wieder zugänglich«, entgegnete Valentin
sanft.
    »Richtig, mein schwarzer Freund«, krächzte Blackbird und flog mit
zwei seiner Brüder herbei. Die Krähe sah noch deutlich zerrupft aus. Auf seinem
Kopf standen zwei Federn, die im Kampf gegen den roten Vogel die Hälfte ihrer
Länge gelassen hatten, ab. Dadurch sah er wie ein kleiner, frecher Punk aus.
»Aber die Menschen werden auch noch demütiger werden«, behauptete er.
    »Dass ich nicht lache!« Ben war nicht überzeugt.
    »Sie werden es auch noch lernen. Glaub mir, mein Freund. Immerhin
sind auch sie ein Teil der Schöpfung, und die ist kein

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