Das Reich des dunklen Herrschers - 8
er jeden unserer Männer abschlachten.«
Die Stimmung im Zelt war so bleiern wie der Himmel draußen.
»Ich denke, wir sollten ihm mit einem Brief antworten«, schlug Rikka vor. »Mit einem Brief, in dem wir ihm mitteilen, daß wir nicht glauben, er habe Zedd und Adie in seiner Gewalt. Wenn wir ihm glauben sollen, muß er uns einen Beweis liefern. Er soll uns ihre Köpfe schicken.«
Captain Zimmer vermerkte den Vorschlag mit einem Lächeln.
Der General trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte, während er darüber nachdachte. »Angenommen, es verhält sich so, wie Ihr vermutet, Prälatin, und Jagang hat sie tatsächlich in seiner Gewalt, dann sind uns die Hände gebunden - er wird sie töten. Und nach dem, was Zedd Jagangs Streitmacht in Aydindril angetan hat, ganz zu schweigen von dem verheerenden Schlag, den er der Imperialen Ordnung vergangenen Sommer, als die Mutter Konfessor bei uns weilte, versetzt hat, weiß ich, daß es kein schneller Tod sein wird. Aber letztendlich wird er sie töten.«
»Dann seid Ihr auch der Meinung, daß es keine andere Möglichkeit gibt?«, fragte Verna.
General Meiffert wischte sich mit der Hand über das Gesicht. »Ich gebe es nur äußerst ungern zu, aber ich fürchte, sie sind verloren. Deshalb sollten wir Jagang, glaube ich, nicht auch noch die Genugtuung verschaffen, ihm unsere wahren Gefühle diesbezüglich mitzuteilen.«
Verna drehte sich der Kopf bei der Vorstellung, daß Zedd und Adie gefoltert wurden, daß sie sich in der Gewalt Kaiser Jagangs und der Schwestern der Finsternis befanden. Ihr zitterten die Knie bei der Vorstellung, daß die d’Haranischen Streitkräfte Zedd verlieren könnten. Niemand außer ihm verfügte über seine Erfahrung, sein Wissen. Er war ganz einfach unentbehrlich.
»Also gut, schreiben wir Jagang einen Brief«, entschied Verna.
»Das Einzige, was wir tun können«, sagte Rikka, »ist, ihm das zu verweigern, wonach es ihn am meisten verlangt. Und das ist unsere Kapitulation.«
General Meiffert zog den Stuhl unter dem Tisch hervor und forderte Verna auf, Platz zu nehmen und den Brief aufzusetzen. »Falls ihn ein solches Schreiben tatsächlich ärgert, könnte es sein, daß er uns einfach ihre Köpfe schickt. In diesem Fall bliebe ihnen unvorstellbares Leid erspart. Es ist das Einzige, was wir für sie tun können - und gleichzeitig das Beste.«
Verna musterte forschend die grimmigen Mienen und vermochte nichts als Entschlossenheit in ihnen zu erkennen. Sie ließ sich auf dem Stuhl nieder, den General Meiffert ihr anbot, und entkorkte das Tinten-Faß, ehe sie dem kleinen Stapel in einer neben ihr stehenden Schachtel einen Bogen Papier entnahm.
Sie tauchte die Feder ein und starrte einen Augenblick auf das leere Blatt, um zu überlegen, wie sie das Schreiben formulieren sollte. Dabei versuchte sie sich vorzustellen, was Kahlan schreiben würde. Dann kam ihr ein Gedanke; sie beugte sich über den Tisch und schrieb.
Ich halte Euch nicht für fähig, Zauberer Zorander gefangen zu nehmen. Wenn doch, würdet Ihr uns zum Beweis seinen Kopf schicken.
Und verschont uns mit Eurem Begehr, die Pässe zu öffnen, nur weil Ihr unfähig seid, es selbst zu tun.
Rikka, die ihr beim Schreiben über die Schulter gesehen hatte, rief aus: »Ich finde es gut.« Verna sah zu den anderen auf. »Wie soll ich unterzeichnen?« »Was würde Jagangs Zorn - oder seine Sorge - am meisten erregen?«, fragte Captain Zimmer.
Verna tippte das Ende der Feder gegen ihr Kinn und dachte nach. Dann fiel es ihr ein. Sie setzte die Feder auf das Blatt.
Unterzeichnet: die Mutter Konfessor.
47
Richard ließ die Augen auf der Suche nach irgendwelchen Anzeichen für Truppen über die Stelle im hinteren Teil des weiten, grünen Tals wandern. Dann sah er Owen an.
»Das ist Witherton?«
Owen, die Hände in den weichen Waldboden am höchsten Punkt der niedrigen Anhöhe gepreßt, zog sich naher zum Rand vor und reckte den Hals, um über die Kante schauen zu können. Schließlich nickte er, ehe er sich wieder zurückschob.
Richard hatte es sich größer vorgestellt. »Ich kann keine Soldaten erkennen.«
Rückwärts kriechend entfernte sich Owen von der Kante. Erst im schützenden Schatten der Farne und des dichten Unterholzes richtete er sich wieder auf und klopfte sich die feuchten Blätterreste von Hemd und Hose.
»Die Soldaten der Imperialen Ordnung bleiben meistens im Ort, denn sie haben kein Interesse daran, bei der Arbeit zu helfen. Sie brauchen unsere
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