Das Reich des dunklen Herrschers - 8
gut und schön, aber eine wie viel faszinierendere Schicksalswendung wäre es, wenn ein Zauberer von Lord Rahls Talent und Vermögen, ein Zauberer, wie es ihn seit einer Zeit, die lange unter dem Misthaufen menschlicher Erinnerung vergraben schien, nicht mehr gegeben hatte, seinem eigenen Erbe, seiner ureigenen und doch so eitlen Macht, erläge … ein weiteres Opfer der nach zu großen Höhen strebenden Menschheit. Es wäre ein gleichermaßen faszinierendes wie angemessenes Ende.
Lange würde er nicht mehr darauf warten müssen.
O nein.
Nicht bereit, sich auch nur ein einziges ergötzliches Detail entgehen zu lassen, schaute Nicholas interessiert zu. Den Geist von Richard Rahls liebreizender Braut gewissermaßen neben sich, fühlte er sich nun, da er dem tragischen Ende dieses ach so großen Mannes beiwohnte, beinahe schon der Familie zugehörig.
Er fand es nur gerecht, daß die Mutter Konfessor Gelegenheit erhielt, das Schauspiel vom Abgang ihres Geliebten bis zum bitteren Ende mitzuverfolgen. Als Zuschauerin mit Nicholas vereint, litt sie unter dem Anblick seiner ungeheuren Qualen, als Richard wankend in das Lager zurückkehrte.
Nicholas kostete ihr Leid weidlich aus. Dabei hatte es noch nicht einmal richtig angefangen! Schon bald würde er lange Stunden mit ihr verbringen, um ihre wahre Leidensfähigkeit auszuloten.
Die Leute dort unten im Wald rings um das Lagerfeuer blickten erwartungsvoll auf, als ihr Gebieter in ihre Mitte zurückkehrte. »Ich habe mir etwas überlegt«, erklärte Lord Rahl soeben seinen Gefährten. »Ich weiß jetzt, wie wir die Festung angreifen können.«
Nicholas spitzte die Ohren. Was redete er da?
»Wir rücken vor, sobald es hell wird«, erklärte Lord Rahl. »Sobald die Sonne hinter den Bergen aufgeht, steigen wir an der Ostseite über die Palisaden. Die Posten dort werden von der Sonne geblendet sein, sobald sie in unsere Richtung schauen. Posten vermeiden es, dorthin zu schauen, wo das Sehen beschwerlich ist.«
»Gefällt mir gut«, rief einer der Männer.
»Demnach schleichen wir uns also eher an, statt offen angreifen«, fragte ein anderer.
»O nein, es wird zu einem Angriff kommen«, sagte Lord Rahl. »Einem Großangriff. Einem Angriff, bei dem ihnen Hören und Sehen vergehen wird.«
Wie war das? Was redete er da? Nicholas schaute angestrengt hin. Das war überaus seltsam. Erst will dieser Lord Rahl heimlich über die Palisaden steigen, und anschließend offen angreifen? Womit mag er nur erreichen wollen, daß ihnen Hören und Sehen vergeht? Nicholas war fasziniert.
Er ging ein wenig näher heran, damit ihm ja nur keines seiner kostbaren Worte entging.
»Der Angriff wird auch alle übrigen Männer einbeziehen«, erklärte Lord Rahl. »Beim ersten Tageslicht werdet ihr gegen das Tor vorrücken. Während ihr durch das Tor stürmt und die Aufmerksamkeit der Verteidiger auf euch zieht, werde ich unbemerkt über die Palisaden klettern. Während dieses Ablenkungsmanövers fällt euch allerdings eine noch viel entscheidendere Rolle zu, mit der die Verteidiger gewiß nicht rechnen.«
Das Spiel hatte begonnen. Entzückt belauschte, beobachtete Nicholas das Geschehen. Das Spiel versetzte ihn in Hochstimmung - nicht zuletzt, weil er die Regeln beherrschte und sie nach Belieben beugen konnte. Der morgige Tag würde ein prachtvoller Tag werden.
»Aber Lord Rahl«, wandte Tom ein, »wie sollen wir durch das Tor stürmen, wenn es tatsächlich so massiv ist, wie Ihr behauptet?«
Das hatte Nicholas gar nicht bedacht. Sehr merkwürdig. Ein entscheidender Aspekt in Lord Rahls Plan schien fehlerhaft zu sein.
»Darin besteht der eigentliche Trick«, erklärte Lord Rahl. »Ich habe mir alles genau überlegt; ihr werdet staunen, wenn ihr erfahrt, wie ihr es machen werdet.«
Er hatte es sich bereits überlegt? Wie eigenartig. Nicholas war gespannt, wie Lord Rahl diesen doch ziemlich entscheidenden Mangel seines Plans auszuräumen gedachte.
Lord Rahl räkelte sich und gähnte. »Hört zu«, sagte er, »ich bin ziemlich erledigt, kann mich kaum noch auf den Beinen halten. Ich brauche unbedingt ein wenig Schlaf, bevor ich euch die Einzelheiten darlege.
Der Plan ist so kompliziert, daß ich mit der Erklärung besser bis kurz vor dem Aufbruch warte. Weckt mich zwei Stunden vor dem Morgengrauen, dann erläutere ich euch die ganze Geschichte.«
»Zwei Stunden vor dem Morgengrauen«, bestätigte Tom die Anweisung.
Nicholas war empört; er wollte jetzt sofort alles hören, er wollte
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