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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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stürzte wieder zu uns heraus. »Wo ist eine Kerze? In der Luft da drinnen ist es sicherlich unmöglich, ein Streichholz zu entzünden. Halten Sie die Lampe durch die Tür. Jetzt wollen wir mal sehen, ob wir sie herausbekommen. Jetzt, Mycroft! «
    Wir stürzten auf die vergifteten Männer und zogen sie heraus in die nun gut beleuchtete Halle.
    Beide waren bewußtlos. Sie hatten blaue Lippen, geschwollene, aufgedunsene Gesichter und hervorstehende Augen. Ihre Züge waren so verzerrt, daß wir unseren griechischen Dolmetscher nur an seinem schwarzen Bart und der breiten, untersetzten Gestalt erkannten. Und von diesem Mann hatten wir uns vor ein paar Stunden im Diogenes Club verabschiedet.
    Seine Hände und Füße waren fest zusammengebunden, und über den Augen hatte er Schwellungen, die von Schlägen herrührten. Der andere Mann war auf die gleiche Weise gebunden. Es war ein großer Mann, im letzten Stadium des Verhungerns. Mehrere Streifen Heftpflaster waren kreuz und quer über sein Gesicht geklebt. Als wir ihn niederlegten, hörte er zu stöhnen auf. Ein Blick genügte, um uns zu sagen, daß für ihn die Hilfe zu spät kam. Mr. Melas jedoch lebte. Mit Hilfe von Brandy und Riechsalz erlebten wir die Freude, daß er nach einer Stunde die Augen wieder öffnete. Ich war von Herzen froh, daß es meine Hand gewesen war, die ihn aus dem dunklen Tal des Todes hervorgezogen hatte.
    Er hatte eine einfache Geschichte zu erzählen, die dazu unsere logische Schlußfolgerung bestätigte.
    Sein Besucher hatte, nachdem er die Wohnung betreten, einen Schlagring aus dem Ärmel gezogen. Damit hatte er dem armen Mann eine solche Angst gemacht, daß er sich zum zweiten Mal hatte fangen lassen. Es war fast wie eine Hypnose, die der kichernde Rohling an unserem armen unglücklichen Dolmetscher angewandt hatte, denn er konnte nicht von ihm reden, ohne daß er totenblaß wurde und die Hände ihm zitterten. Er war geradewegs nach Beckenham gebracht worden und hatte dort ein zweites Mal als Dolmetscher gedient. Dieses zweite Gespräch war noch dramatischer verlaufen als das erste, denn die beiden Verbrecher drohten ihrem Opfer mit dem Tode, falls er sich immer noch weigerte, die Papiere zu unterschreiben. Schließlich sahen sie ein, daß mit ihm nichts zu machen war, und brachten ihn in sein Gefängnis zurück.
    Danach war Mr. Melas dran. Sie hielten ihm seinen Verrat vor, denn sie hatten die Zeitungsanzeige gelesen. Sie schlugen ihm über den Kopf. Er wurde ohnmächtig und erinnerte sich an nichts mehr, bis wir uns über ihn beugten.
    Dies also war die Geschichte des griechischen Dolmetschers. In dieser Geschichte blieb manches Rätsel ungelöst. Immerhin besuchten wir jenen Herrn, der uns auf die Anzeige hin geschrieben hatte. Wir erfuhren, daß die unglückliche junge Frau aus einer reichen griechischen Familie stammte. In England hatte sie Freunde besucht. Während dieser Zeit hatte sie einen jungen Mann, Harold Latimer, kennengelernt. Er hatte Macht über sie gewonnen und überredete sie, mit ihm zu fliehen. Ihre Freunde waren durch den Vorfall schockiert und entsetzt. Sie hatten den Bruder in Athen benachrichtigt und sich weiter um nichts mehr gekümmert. Der Bruder kam aus Athen nach London, war allerdings unglücklicherweise in die Fänge von Latimer und seinem Spießgesellen geraten. Dieser war ein Bursche namens Wilson Kemp und einer der übelsten Burschen, die überhaupt leben. Die zwei fanden schnell heraus, daß der Grieche kein Englisch sprechen konnte und ihnen hilflos ausgeliefert war. Sie hielten ihn gefangen, behandelten ihn grausam und gaben ihm nichts zu essen, damit er schließlich weich werden sollte und sein eigenes Vermögen und das seiner Schwester ihnen überschreiben sollte. Die junge Frau wußte nicht, daß der Bruder unter dem gleichen Dach mit ihr wohnte. Für den Fall, daß sie etwas von ihm sehen sollte, hatten sie das schreckliche Pflaster über sein Gesicht geklebt. Ihre weibliche Intuität hatte sie jedoch sofort die Maske durchblicken lassen. Der griechische Dolmetscher war Zeuge ihres ersten Zusammentreffens gewesen. Das arme Mädchen war selber Gefangene in diesem Haus, denn es gab niemanden, der ihr helfen konnte oder wollte. Die einzigen Diener des Haushaltes waren der Kutscher und seine Frau, und die waren Werkzeuge und Konspiranten der Verbrecher. Als sie Wind davon bekamen, daß ihr Geheimnis verraten war, der Bruder aber nicht nachgab, haben sie kurz entschlossen das gemietete Haus verlassen. Sie

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