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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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Morgan schöpfte. Morgan würde auf jeden Fall die französischen Vorposten erreichen. Er würde seine Unglücksgenossen schon zur rechten Zeit erretten. Hiergegen konnte in ihr kein Zweifel aufkommen.
    Eine so gewisse Zuversicht hat allemal eine große Kraft der Überredung, und an ihrem hartnäckigen Glauben richtete sich auch die Hoffnung der andern wieder mehr auf.
    Wie viel stärker wäre aber ihre vollkommene Zuversicht erst gewesen, wenn sie an Stelle des Kapitäns Pip gestanden hätte. Am Abend gegen acht Uhr hatte dieser eine ungemessene, von ihm aber sorgfältig verheimlichte Freude, als er Artimon wieder auftauchen sah, dessen Rückkehr übrigens ebenso unbemerkt wie sein Weggang erfolgte.
    Artimon kam fast gar nicht der Name eines Tieres zu. Statt in gestrecktem Galopp wie ein Wahnsinniger hergelaufen zu kommen, war er erst längere Zeit sorglos um das Lager herumgetrottet, ehe er vorsichtig in dieses hineinschlüpfte. Wie hätte den Mauren etwas daran auffallen sollen, daß dieser Wauwau in der Umgebung eine kleine Morgenpromenade machte?
     

    Der Scheik öffnete den eroberten Geldsack. (S. 455.)
     
    Der Kapitän nahm den Hund zärtlich auf den Schoß, und bei der Erregung, die sein Herz ungestümer klopfen ließ, dankte er dem intelligenten Tiere in derselben Weise, in der er es angefeuert hatte, als er es wegschickte… durch einen Kuß, was sonst wirklich nicht seine Gewohnheit war. Auf den ersten Blick hatte er sich von dem Verschwinden des Billetts überzeugt, das demnach jedenfalls an seine Adresse gelangt war, und aus dieser Tatsache hatte er einen dem Ausgang des Abenteuers günstigen Schluß gezogen.
    Nur ein Gedanke verdarb ihm noch etwas seine Freude: Artimon hatte, da er um ein Uhr fortgelaufen und am Morgen um acht Uhr wiedergekommen war, für Hin-und Rückweg sieben Stunden gebraucht für die Strecke, die zwischen Robert Morgan und den Schiffbrüchigen lag. Nach anderthalbtägiger Wanderung war dieser demnach höchstens dreißig Kilometer weit gekommen. Hier lag also etwas Unerklärliches vor, das recht geeignet war, jemand, der den Dingen nicht mit Fassung ins Gesicht sah, schwer zu beunruhigen, ein Geheimnis, in das der Kapitän sich hütete, seine Gefährten einzuweihen.
    Als diese sich allmählich von ihrem Schrecken erholt hatten, fanden sie auch die Hoffnung wieder, die die Menschenseele ja nur gleichzeitig mit dem Leben gänzlich verläßt, und so verliefen der 13. und der 14. Juli so ziemlich leidlich.
    Diese Tage benützten die Mauren, die »Santa-Maria« vollends zu entladen und sogar das Schiff selbst abzubrechen, soweit das möglich war. Dessen Eisenstücke, Werkzeuge, Schrauben, Bolzen u. dgl. bildeten für sie höchst wertvolle Schätze, die bald auf dem Strande in einem immer wachsenden Haufen lagen, womit später die Meharas der Bande beladen werden sollten.
    Am 14. Juli war diese Arbeit vollendet, und die Mauren begannen dann Vorbereitungen zu einem – wie es schien – baldigen Aufbruche. Voraussichtlich würden alle den Strand schon morgen verlassen, wenn sie bis dahin nicht befreit waren.
    Dieser 14. Juli kam den unglücklichen Schiffbrüchigen außerordentlich lang vor. Seit gestern hätte Morgan, seiner eignen Bestimmung nach, schon zurück sein müssen. Doch selbst wenn man allen Schwierigkeiten einer solchen Wanderung Rechnung trug, fing die Verspätung an, etwas auffällig zu werden. Mit Ausnahme des Kapitäns, der sich hütete, seine Gründe anzugeben und seine Gefährten die Augen nutzlos anstrengen ließ, im Süden den Horizont abzusuchen, verwunderten sich alle darüber mehr und mehr, ja es kam infolgedessen zu einer so gereizten Stimmung, daß sogar Anklagen gegen Morgan laut wurden. Warum, meinten einige, sollte er denn überhaupt zurückkehren? Jetzt, wo er voraussichtlich in Sicherheit war, wäre es von ihm ja eine Torheit, sich neuen Gefahren auszusetzen.
    Alicens Seele kannte diese Undankbarkeit, diesen Kleinmut nicht. Daß Morgan ein falsches Spiel triebe, einem solchen Verdacht gab sie gar nicht Raum. Tot?… Das ja… vielleicht… Und doch ertönte da sofort in ihr eine Stimme, die schon gegen die Möglichkeit einer solchen Annahme Widerspruch erhob, und sobald sie diese einen Augenblick erwogen hatte, gewann sie ja sehr bald das unerschütterliche, stolze Vertrauen auf ihr Glück und ihre Zukunft wieder.
    Der ganze Tag des 14. Juli verging jedoch, ohne ihrem Optimismus recht zu geben, und in der darauffolgenden Nacht war es nicht anders. Die Sonne

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