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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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Einwohner zählende Insel ist die bedeutendste des ganzen Archipels, und ihre Hauptstadt mit siebzehntausend Seelen ist die viertgrößte Stadt des Königreichs Portugal. Von zwei Vorgebirgen, im Osten von der Ponta-Delgada, von der die Stadt ihren Namen hat, und im Westen von der Ponta-Galé geschützt, macht noch eine achthundertfünfzig Meter lange Mole die für hundert Schiffe bequem ausreichende Reede zu einem sehr sichern Ankerplatze.
    Zwischen dieser Mole und dem Ufer und inmitten einer großen Menge andrer Segelschiffe und Dampfer hatte sich die »Seamew« festgelegt. Nach Norden zu erhob sich terrassenförmig aufsteigend Ponta-Delgada, das mit seinen glänzend weißen Häusern einen entzückenden Anblick bot. Nach allen Seiten liefen die Straßen in ein Meer prächtiger Gärten aus, die um die Stadt einen Rahmen von üppigem Grün bildeten.
    Da die meisten Passagiere heute besonders lange der Ruhe pflegten, wurde der Besuch des Landes bis zum Nachmittag verschoben. Da für die Insel San Miguel drei volle Tage vorgesehen waren und vier bis fünf Stunden völlig hinreichen mußten, Ponta-Delgada zu besichtigen, brauchte man sich ja nicht zu beeilen.
     

    Ponta-Delgada.
     
    Diese Entscheidung wurde aber nicht ohne heftigen Widerspruch hingenommen. Einzelne gaben ihrer Mißbilligung den lebhaftesten Ausdruck. Daß Saunders und Hamilton zu den Mürrischsten gehörten, versteht sich ja von selbst. Wiederum eine gröbliche Verletzung des Programmes… nein, das wurde allgemach unerträglich! Sie zögerten auch gar nicht, ihre Beschwerden bei dem Reiseunternehmer vorzubringen. Der Agent antwortete darauf nur, es stehe ja den Herren frei, ans Land zu gehen, wenn es sie gar zu sehr danach verlangte. Saunders erwiderte darauf, es müßten unbedingt alle , Thompson und der Dolmetscher eingeschlossen, und natürlich auf Kosten des Reisebureaus, ans Land gesetzt werden. Thompson erklärte ihnen darauf, sie möchten nur ihre Reisegenossen dazu zu bereden versuchen, und so endigte die Verhandlung in einem recht bittern Tone.
    Schließlich ließen sich nur zwei Passagiere frühzeitig ausschiffen: das leutescheue junge Ehepaar, das nun einmal auf seine Weise zu reisen beliebte. Thompson glaubte auch, darauf rechnen zu können, daß er diese zwei vor der Stunde der Abfahrt nicht wiedersehen würde.
    Saunders und Hamilton mußten ihren Ingrimm wohl oder übel verbeißen. Mit vier oder fünf fast ebenso unangenehmen Reiseteilnehmern, wie sie selbst, füllten sie ihre gezwungene Muße durch den Austausch murrender Bemerkungen aus.
    Die oppositionelle Gruppe war zwar nicht eben zahlreich, Thompson mußte sich aber gestehen, daß seine Peiniger nach und nach Proselyten machten. Zum ersten Male trennte eine leichte, aber doch vorhandne Scheidewand die Gäste der »Seamew« in zwei, glücklicherweise sehr ungleich große Lager. Die Veranlassung war ja im Grunde recht unbedeutend, es gewann jedoch den Anschein, als ob dadurch den Passagieren alle frühern kleinen Unannehmlichkeiten wieder ins Gedächtnis kämen und dem heutigen Vorfalle eine unangemessene Wichtigkeit verliehen.
    Thompson meinte freilich, das würde nicht lange anhalten.
    Und in der Tat, als nach Einnahme des Frühstücks die Boote alle Welt, außer dem unversöhnlichen Johnson und dem pestbefleckten Blockhead, am Kai von Ponta-Delgada abgesetzt hatten, da war aller Mißmut vergessen, und in Reihen, deren Ordnung das ungestörte Einvernehmen verriet, begannen alle unter Morgans Führung den Besuch der Stadt.
    Hier besichtigte man die Kirchen und die in Ponta-Delgada vorhandenen Klöster, und unter dem Klange der fortgesetzt läutenden Glocken durchwanderte die Gesellschaft bis zum Abend die schmalen, ziemlich schmutzigen Straßen.
    Doch zu welcher Enttäuschung! Die von der Ferne so weiß und schmuck aussehenden Häuser erschienen in der Nähe plump und massiv. Auf dem Straßendamme tummelten sich in aller Ungezwungenheit Schweine, und die meisten recht große, durch die man sich Bahn brechen mußte. Und die grünenden Gärten?… Hohe Mauern verhinderten jeden Einblick. Kaum gewahrte man da und dort über der Mauerkrönung einen der Weißen Rosenbäume oder der Kamelien, die auf San Miguel gewöhnlich die Höhe unsrer mittlern Waldbäume erreichen.
    Die etwas widerwärtige Promenade verstimmte die Touristen sichtlich, und die Ankündigung der Rückkehr wurde beifällig aufgenommen.
    Beim Abstieg bewahrte die Kolonne nicht mehr die musterhafte Ordnung, die sie vorher

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