Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
Vom Netzwerk:
Aktivitäten im Laboratorium – die den Vatikan in seiner Entschlossenheit bestärkten, auf keinen Fall zuzulassen, dass sich diese Familie in den Besitz des Kreuzes brachte.
    Rosati blickte auf das vor ihm liegende Blatt Papier und seufzte. Er sollte eine Rede schreiben, die der Papst in einigen Tagen für den Botschafter eines afrikanischen Staates halten würde, doch nach einigen Versuchen gab er es auf.Verärgert nahm er die Brille ab und rieb sich die müden Augen, rief dann Padre Vassalli und bat ihn um eine Tasse Tee.
    Während er wartete, blinkte ein rotes Licht am Telefon. Eigentlich hätte der Sekretär den Anruf entgegennehmen sollen, aber da er nicht am Platz war, griff Rosati selbst nach dem Hörer. »Ja?«

    »Ich muss ein Paket aufgeben«, hörte er eine Stimme, die er gut kannte. »Es handelt sich um verderbliche Ware, die besondere Behandlung erfordert. Ich brauche eine Garantie dafür, dass sie heil den Bestimmungsort erreicht. Zu welchem Transportmittel raten Sie?«
    Der Kardinal lächelte.Auf diesen Anruf hatte er gewartet. »Die Eisenbahn ist am sichersten. Am ersten italienischen Bahnhof wartet jemand, der das Paket in Empfang nimmt.Wann erfolgt der Versand?«
    »Morgen früh. Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn es zu Verzögerungen kommen sollte.«
    Rosati hatte gerade aufgelegt, als PadreVassalli mit dem Tee hereinkam. Er wies ihn an, die Tasse auf den Schreibtisch zu stellen und Serpieri anzurufen. »Sagen Sie ihm, dass ich ihn sofort brauche.«
    Wieder allein im Arbeitszimmer, nippte Rosati an seinem Tee, sah aus dem großen Fenster vor dem Schreibtisch und dachte an die Nachricht aus Deutschland. Es erfüllte ihn mit einer gewissen Zufriedenheit, mit der Annahme Recht behalten zu haben, dass die von Odelbergs Komtess Brandanti entführt hatten, um sie zu zwingen, das Versteck des Kreuzes preiszugeben.
    Sobald Serpieri die junge Frau unter seinen Schutz genommen und zum Vatikan gebracht haben würde, würde er auch erfahren, warum die von Odelbergs glaubten, dass Elena Brandanti über das Kreuz Bescheid wusste.
    Es war befriedigend zu wissen, dass all die Jahre der Arbeit nicht umsonst gewesen waren.

Rom, 10. November 1464
    Oliviero Brandanti war nach Rom umgezogen und hatte in Santa Maria del Portico einen Palazzo gekauft, ein Gebäude von schlichter Eleganz und mit einem wunderschönen Garten.
    Er hatte es sehr bedauert, Sandriano zu verlassen, doch es war notwendig gewesen, nachdem er durch Zufall unter den Familiendokumenten einen Brief seines Vaters Alderico entdeckt hatte, geschrieben kurz vor dessen Tod. Er war lang und erzählte die Geschichte des Kreuzes von Byzanz, wie es verloren gegangen war und wie seine Vorfahren danach gesucht hatten. Aber sosehr sich die Brandantis auch bemüht hatten, das Kreuz zu finden – ihre Suche über all die Jahre hinweg war erfolglos geblieben. Die letzten Spuren führten nach Rom und verloren sich dort.
    Oliviero hatte den Brief mit wachsender Aufregung gelesen, von der Vorstellung erfüllt, dass seine Aufgabe darin bestand, die Suche fortzusetzen. So hatte er beschlossen, die Verwaltung seiner Ländereien in die Hände eines Vertrauten zu legen und nach Rom zu ziehen.
    Doch jetzt, nach zwei fruchtlosen Jahren der Suche, war das Feuer der Begeisterung erloschen. Zum letzten Mal hatte man das Kreuz vor zweihundert Jahren in Rom gesehen. Wer es damals in der Hand gehalten hatte, war längst zu Staub zerfallen, und wenn Dokumente existiert hatten, so waren sie wie das Kreuz selbst verloren gegangen oder vielleicht verbrannt. Es gab niemanden mehr, der auch nur davon gehört hatte. Oliviero musste sich schweren Herzens der Einsicht
stellen, dass es unmöglich war, der Aufgabe gerecht zu werden.
    Dennoch blieb tief in ihm die Hoffnung, dass er das Kreuz von Byzanz eines Tages finden würde.

Wewelsburg, 13. November 2006
    Elena schlief, und auch Nicholas, der in einem Sessel vor dem Sofa saß, war eingenickt.
    Gertrud hatte ihnen etwas zu essen gebracht, sich nach dem Befinden der jungen Frau erkundigt und das Zimmer dann wieder verlassen. Der Nachmittag war vergangen, und als der Abend begann, zog Nebel auf.
    Im nur vom Schein des Feuers erhellten Raum herrschte völlige Stille.
    Plötzlich war in dieser Stille ein leises Quietschen zu hören. Nicholas schreckte aus seinem leichten Schlaf hoch und riss überrascht die Augen auf, als er eine Frau aus einer dunklen Öffnung in der Wand kommen sah. Er sprang auf, schaltete die Stehlampe ein und starrte die

Weitere Kostenlose Bücher