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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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den Hauch eines Augenblicks hatte Elena Groll in seinem Gesicht gesehen.
     
    Der Regen riss Elena aus dem Schlaf.
    Sie stand auf, ohne das Licht einzuschalten, und ärgerte sich, weil sie weder die Fensterläden geschlossen noch die Vorhänge zugezogen hatte.
    Das wollte sie gerade nachholen, als sie mattes Licht im Turm bemerkte. Es bewegte sich – jemand schien mit einer Taschenlampe die Treppe hochzusteigen. Das Licht verschwand kurz, erschien erneut und wich dann ganz der Dunkelheit. Es handelte sich bestimmt nicht um eine Halluzination, und der Geist von Porzia kam ebenfalls nicht infrage. Die logischste Erklärung war, dass jemand den Turm betreten hatte. Aber warum? Elena glaubte nicht an einen Einbrecher, hielt es aber für angebracht, nach dem Rechten zu sehen. Sie beschloss, Leone zu wecken und ihn zu bitten, sie zu begleiten.
    Sie streifte den Morgenrock über, trat in den Flur und klopfte an die Tür des Zimmers, in dem ihr Cousin untergebracht war. Sie klopfte mehrmals an, ohne Antwort zu erhalten. Daraufhin griff sie nach der Klinke, öffnete die Tür nach kurzem Zögern und warf einen Blick ins dunkle Zimmer. »Leone... Bist du da, Leone?«, fragte sie. »Bitte wach auf. Es ist jemand im...«

    Das Bett war leer. Benutzt, aber leer.
    War der rätselhafte Besucher des Turms vielleicht ihr Cousin? Nein, die Vorstellung erschien ihr absurd. Aber wo war er dann? Elena drehte sich um, eilte durch den Flur und erreichte die breite Treppe genau in dem Moment, als es im ganzen Gebäude plötzlich dunkel wurde – das Gewitter hatte zu einem Stromausfall geführt. Langsam stieg sie eine Stufe nach der anderen hinunter, die eine Hand am Geländer. In der Eingangshalle angekommen, versuchte sie, sich zu orientieren.
    Plötzlich erschien eine schemenhafte Gestalt vor ihr, und sie zuckte zusammen.
    »Ganz ruhig... Ich bin’s, Leone.«
    »Warum treibst du dich um diese Zeit hier herum?«, fragte Elena verärgert.
    »Ich konnte nicht schlafen und wollte mir etwas zu lesen holen. Als ich die Bibliothek verließ, ging auf einmal das Licht aus. Und du? Was machst du hier?«
    »Ich habe dich gesucht. Ich erkläre es dir später.« Sie nahm seine Hand. »Komm mit.«
    »He, langsam!«, stieß Leone hervor, als er über den Teppich stolperte. »Ich sehe überhaupt nichts.«
    Elena lächelte und ging zur Küche. Sie erinnerte sich daran, dass dort eine Taschenlampe bereitlag, offenbar für solche Notfälle. Nach kurzer Suche entdeckte sie die kleine Lampe, leuchtete damit und fand die Tür zum Kellergeschoss, wo sich Heizkessel, Zähler und Generator befanden. Als sie den Schalter des Zählers betätigte, gab es sofort wieder Strom. »Gott sei Dank«, seufzte Elena. »Ich dachte schon, ich müsste die alte Klapperkiste in Betrieb nehmen.« Sie deutete auf den Notstromgenerator.

    »Wärst du dazu imstande gewesen?«
    »Natürlich. Komm, lass uns nach oben zurückkehren. Ich brauche was zu trinken.«
    Kurz darauf saßen sie mit einem Glas Brandy vor dem Kamin, während weiterhin Regen an die Fenster schlug.
    »Was hat dich erschreckt?«, fragte Leone.
    »Wie kommst du darauf, dass mich etwas erschreckt hat?«, erwiderte Elena.
    »Andernfalls hättest du dich wohl kaum auf die Suche nach mir gemacht, oder?«
    »Stimmt. Aber inzwischen bin ich gar nicht mehr sicher, ob ich wirklich etwas gesehen habe...«
    »Ob du was gesehen hast?«
    »Der Regen hat mich geweckt, und ich bin aufgestanden, um die Fensterläden zu schließen und den Vorhang zuzuziehen. Dabei fiel mir ein Licht im Turm auf, das sich langsam nach oben bewegte – jemand schien dort die Treppe hochzusteigen.«
    »Ein Einbrecher?«
    »Glaube ich nicht. Im Turm gibt es nichts zu stehlen. Das Zimmer ganz oben ist leer und seit vielen Jahren verschlossen.«
    »Das weiß ein Einbrecher aber vielleicht nicht. Er könnte den Turm für ein leichteres Ziel gehalten haben als das Schloss. Oder du hast nur den Lichtreflex eines Blitzes gesehen.«
    »Möglicherweise. Oder es war Porzias Geist«, murmelte Elena und lehnte sich zurück.
    »Ein Hausgeist?« Leone lachte. »Erzähl mir mehr von dieser Porzia.«

    »Sie war eine junge Frau, die vor Jahrhunderten dort oben in jenem Zimmer lebend eingemauert wurde.«
    »Aus welchem Grund?«
    »Offenbar hat sie den Ehemann einer Vorfahrin von mir verführt, die daraufhin beschloss, sie auf diese Weise zu bestrafen.« Elena gähnte. »Schluss mit den Märchen. Gehen wir nach oben. Morgen werde ich nachsehen, ob es im Turm Spuren

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