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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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hasste sie, und bestimmt hatte er einen guten Grund dafür. Er wollte nicht einmal ihre Tochter sehen, obwohl sie ihn vor Jahren in einem Brief um eine Begegnung bat. Sie hat das Schloss nie betreten und auch nie wieder etwas von sich hören lassen.«
    »Du weißt gar nicht, welche Schuld die Frau auf sich geladen hat, und doch ergreifst du sofort Partei für meinen Großvater. Hast du nicht wenigstens einen leisen Zweifel? Hast du schon vergessen, dass auch ich Opfer der Unversöhnlichkeit meines Großvaters gewesen bin?«

    »Vielleicht hast du Recht, aber solche Fragen habe ich mir nie gestellt«, entgegnete Marta. »Meine Treue und Ergebenheit galten allein dem Grafen.« Und damit ging sie.
    Elena sah ihr nach und seufzte. Wenn man bedenkt, dass meine Arbeit darin besteht, die Vergangenheit ans Licht zu bringen ..., dachte sie. Ich hätte nie gedacht, dass die Vergangenheit einmal zu mir kommt. Und dass sie so voller Geheimnisse ist.
     
    Die Wolldecke lag auf dem Ledersofa, und die Tabakdose war offen – es sah aus, als könnte Elenas Großvater jederzeit ins Zimmer kommen, um seine Pfeife zu stopfen. Sie hatte das Arbeitszimmer betreten, die Tür geschlossen und sich umgesehen, wie auf der Suche nach Hinweisen auf diesen Mann, den sie so schlecht kannte. Geistesabwesend steckte sie die Hand in die Tasche und stellte fest, dass in ihr noch ein anderer Schlüssel lag: der zum Turm. Sie setzte sich an den Schreibtisch und öffnete die Schublade, um ihn zurückzulegen.
    Als Elena den Blick senkte, sah sie den Umschlag.
    Er war elfenbeinfarben und trug ihren Namen, geschrieben mit spitzen, zittrig wirkenden Buchstaben.
    Mit Tränen in den Augen öffnete sie ihn. Ihr Großvater hatte einige wenige Zeilen für sie geschrieben, die ihr mitteilten, wo sich das geheime Archiv befand. Nach der Bitte, gut auf das Medaillon Acht zu geben, fügte er hinzu, dass er seine »liebe Enkelin« ins Herz geschlossen habe und es sehr bereue, sie und ihren Vater auf Distanz gehalten zu haben.
    Wann hatte er den Brief geschrieben? Nach ihrer
Begegnung hatte Elenas Großvater sein Zimmer nicht mehr verlassen, was bedeutete: Er musste die Zeilen unmittelbar nach der Kontaktaufnahme mit ihr zu Papier gebracht haben, als hätte er gewusst, dass er bald sterben würde.
    Elena legte das Blatt auf den Schreibtisch und richtete den Blick auf das große Bücherregal weiter vorn.
    Das geheime Archiv befand sich dort, direkt vor ihr, und vielleicht enthielt es das Geheimnis des Kreuzes. Oder zumindest einen Teil davon, möglicherweise den, der Jacopo und Beatrice betraf...
    Mit dem kleinen Schlüssel in der Hand trat Elena an das Regal und betätigte einen Mechanismus zwischen den Büchern. Das Regal glitt auf verborgenen Schienen zur Seite, und eine Tür kam zum Vorschein.
    Das ist wie eine Schatzsuche, dachte Elena leicht amüsiert.
    Sie schob den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn um, woraufhin die Tür mit einem Klicken aufsprang. Dahinter war es dunkel, aber Elena fand sofort den Lichtschalter, und eine Glühbirne an der Decke leuchtete auf. In der Kammer war es eng und stickig. Die Einrichtung bestand aus einem kleinen Tisch, einem Stuhl und einem Bücherregal, das bis an die Decke reichte und zahlreiche breite Aktenordner enthielt. Nach der dicken Staubschicht zu urteilen, die alles bedeckte, war Elenas Großvater schon seit einer ganzen Weile nicht mehr in diesem kleinen Zimmer gewesen. Auf dem Tisch lag eine Brille, vergessen von wem auch immer.
    Elenas Blick glitt über die Rücken der Ordner, die sorgfältig datiert Auskunft darüber gaben, welchen Zeitraum
die enthaltenen Unterlagen betrafen. Sie suchte nach der Epoche, in der Beatrice gelebt hatte, musste aber feststellen, dass der entsprechende Ordner fehlte. Zuerst dachte sie, dass ihr Großvater ihn vielleicht woanders hingestellt hatte, aber ihre Suche blieb erfolglos. Waren die Dokumente aus jener Zeit verloren gegangen, oder hatte sie jemand verschwinden lassen?
    Elena sah sich um.Wonach suchte sie eigentlich? Nach der wahren Geschichte ihrer Familie? Nach einem Beweis dafür, dass die Geschichte vom Kreuz und der Mission mehr war als nur ein Hirngespinst? Oder wollte sie herausfinden, was mit ihr geschah und was es mit ihren … Visionen auf sich hatte?
    Sie schüttelte den Kopf. Angenommen dass auch nur eine Antwort an diesem Ort auf sie wartete – es hätte sehr, sehr lange gedauert, sie zu finden. Mit dieser Aufgabe konnte sie nicht allein fertig werden.
    Von einem

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