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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Instrumente – Schneidwerkzeuge, Probenbeutel, einen großen Behälter. »Chen wollte Proben nehmen«, sagte sie. »Schau dir die Stränge auf der rechten Seite an – sie sind tranchiert. Allem Anschein nach war seine Arbeit schon ziemlich weit gediehen.«
    »Sie haben das getan, bevor sie die Sauerstoffflaschen wechselten.
    Nicht sehr intelligent.«
    »Sie hatten kaum Erfahrung auf diesem Gebiet.«
    »Siehst du das?« Marc drehte sich zum Fleck um. »Hat den Anschein, als ob Chen die Matte mit Sauerstoff verätzt hätte.«
    »Er wollte sie vielleicht testen. Schau, dort drüben sind noch mehr beschädigte Stellen. Hat er sie vorsätzlich mit Abluft besprüht?«
    »Es ist mir immer noch ein Rätsel, wie sie umgekommen sind. Wie hätte dieser Biofilm …«
    Plötzlich wurden ihre Seile in Schwingung versetzt. Sie schauten auf.
    »Verdammt«, sagte Marc. Mit Höchstgeschwindigkeit ließ er sich von der Winde hinaufziehen, wobei er den Schlot ausleuchtete.
    Julia ahnte, was da auf sie zukam. Dennoch wandte sie sich wieder Chen und Gerda zu. Für einen Moment war sie mit ihnen allein.
    Wieso habt ihr das nur getan? Ihr hättet uns nur zu fragen brauchen, und wir hätten euch gewarnt und die Videos gezeigt …
    Doch nun war es zu spät.
    »Dieses gottverdammte Ventil«, rief Marc. »Es hat sich um die Seile geschlossen.«
    »Wir müssen hier raus.«
    »Richtig.« Sie hörte, wie sein Atem sich beschleunigte. »Der Sauerstoffvorrat beträgt aber nur noch zehn Prozent. Ich bin nicht erpicht, daß mir das gleiche passiert wie ihnen.«
    »Ich auch nicht«, sagte sie. Sie riß sich vom Anblick der Leichen los und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. »Wir sollten die Sauerstoffflaschen an Ort und Stelle wechseln.«
    »Einverstanden.« Er seilte sich wieder zu ihr ab.
    Das Wechseln der Sauerstoffflaschen gestaltete sich noch schwieriger, als sie befürchtet hatte. Beim ersten Abstieg hatten sie die Flaschen auf einem Felsvorsprung getauscht. Doch freischwebend war es selbst in niedriger Schwerkraft ein Problem, die fast leeren Behälter abzulegen und die vollen anzuschließen. Die leeren Flaschen blieben durchs Seil gesichert. Obwohl sie sich gegenseitig halfen, dauerte es immer noch geschlagene zehn Minuten.
    »Meine Güte, bin ich froh, wieder aus dem Vollen zu schöpfen«, sagte Marc.
    »Wir sollten uns lieber überlegen, was wir nun tun. Ich habe den Eindruck, daß Gerda und Chen diese Überlegungen nicht angestellt haben.«
    »In Ordnung, wie geht’s weiter? Ich würde vorschlagen, daß wir das Ventil dort oben aufbrechen und die Leichen hier zurücklassen.«
    »Ich würde sie ungern hier zurücklassen. Nicht nur aus humanitären Gründen – ich möchte diese Lebensgemeinschaft nicht kontaminieren.«
    »Lebensgemeinschaft?«
    »Diese Matte ist eine komplexe Struktur. Wurzelartige Stränge, Blütenblätter, Moos, Flechten … das sind natürlich nur Analogien.
    Vielleicht ähnelt sie bezüglich der Komplexität und Organisation einer höheren Pflanze, obwohl es sich in Wirklichkeit um eine Lebensgemeinschaft von unterschiedlichen Bakterien handelt.«
    »Hmmm. Ich frage mich, ob es noch einen anderen Ausweg gibt.«
    »Eine zweite Fumarole? Wäre möglich – aber haben wir denn die Zeit, um danach zu suchen?«
    »Nein«, sagte er entschieden. »Wir haben nur noch ein paar Stunden.«
    Sie hingen über der Matte und betrachteten das langsame Anschwellen und Abebben der Phosphoreszenz. Sie fröstelte. Nicht etwa wegen der Kälte. Ein eisiger Schauder lief ihr den Rücken hinunter, und sie spürte, wie die Nackenhärchen sich sträubten. Hier ist noch etwas … etwas anderes … Sie ließ den Blick schweifen, in die wabernde, diffuse Helligkeit, die über die Reichweite der Lampen hinaus die dunstige Dunkelheit durchsetzte. Sie hatte das Gefühl einer Präsenz , eines Gewichts im Mahlstrom aus Dunst und Licht, wie eine fremde Sprache. Im Lauf der biologischen Feldforschungen hatte sie gelernt, ihrem Gespür für einen Ort zu vertrauen. Und diese lichterfüllte Gruft tief unter einer trockenen Welt hatte eine Aura, die sie zu ergründen suchte – nicht etwa nach menschlichen Maßstäben, sondern mit einer auf die Grundfunktionen reduzierten Wahrnehmung …
    Sie schaute ihm über die Schulter und sah die Bewegung deshalb zuerst. »Sie steigt auf.«
    »Was?«
    In der Zeitspanne, in der Marc sich herumgedreht hatte, war die Beule in der Matte schon um dreißig Zentimeter gewachsen. Die dunkle Matte besaß plötzlich eine

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