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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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positiven Druck im Vakuum für längere Zeit aushält«, sagte Marc.
    Es trat ein langes Schweigen ein. Julia hörte Viktors schweren Atem über das Anzugs-Funkgerät.
    »Ich hätte da eine Idee«, sagte Julia langsam. »Ich will mir die Sache mal ansehen, Jungs. Bleibt, wo ihr seid.«
    »Wir hatten auch nicht vor, wegzugehen.«
    »Ich muß ein paar Dinge überprüfen.«
    »Beeil dich«, sagte Raoul mit belegter Stimme.
    Sie fand eine runde Dichtungsscheibe im Werkzeugkasten. Der schwierigste Teil der Operation bestand darin, zur Lukenöffnung hinaufzuklettern, die dicht unterhalb der Decke des Habitats eingelassen war. Dort angekommen, öffnete sie den Notzugang zum Wassersystem. Das Habitat wurde von einem ungefähr fünfzehn Zentimeter starken Wassermantel geschützt. Die Wasserstoff-Moleküle des Wassers schirmten sie zuverlässig vor dem Sonnenwind und der kosmischen Strahlung ab, die das innere Sonnensystem durchdrangen. Nicht daß das Wasser alle schnellen Partikel abgehalten hätte. Weil Wasser aber auch der wichtigste Bestandteil des Lebenserhaltungssystems war, hatte Axelrod für einen entsprechend großen Vorrat gesorgt. Die Kosten für den Transport von einem Kilogramm des Zeugs zum Mars überstiegen das Jahresgehalt eines Astronauten, und jede Minute verpuffte ein solches Kilogramm im Vakuum.
    Sie wußte, daß sie alles auf eine Karte setzte, als sie den hellblauen Flicken in den Wassertank fallen ließ. Er versank darin.
    »Mit dem Geschmack können wir leben«, sagte sie bemüht heiter.
    Die Stimme klang jedoch spröde und schrill.
    Sie hoffte, der Sog des Lecks würde den Flicken zur Innenseite des Lochs ziehen. Zunächst tat sich gar nichts. Die Ziffern auf dem internen Monitor kündeten von stetigem Schwund. Raoul und Viktor klammerten sich an die Hülle, während das lebensnotwendige Naß vor ihren Augen sich in perlenden Nebel verwandelte und schließlich auflöste. Julia wartete auch.
    »He! Es hat aufgehört.«
    Der Nebel lichtete sich.
    »Hier, hau das nochmal drauf«, sagte Raoul.
    Mit Raouls Flicken und der inneren Abdichtung hatten sie den Wasseraustritt gestoppt.
    Später erfuhr sie, daß das ganze Drama fast zwei Stunden gedauert hatte. Es war ihnen viel länger vorgekommen. Niemandem war aufgefallen, daß die Videokameras während der ganzen Zeit gelaufen waren und jede ihrer Bewegungen zum Kontrollzentrum übertragen hatten. Der ganze Planet hatte mit Bangen Raoul und Viktor beobachtet – zumindest den Abschnitt der Helme, der über die Krümmung der Hülle hinausragte. Und die Zuschauer hatten verfolgt, wie Julia die Wand hochgeklettert war und den Flicken eingeworfen hatte. In einer gewöhnlichen Aufzeichnung wäre das langweilig gewesen. In Echtzeit war es hochdramatisch, hautnah miterlebte Geschichte.
    Zuerst regte Julia sich darüber auf, daß die Aktion vor laufender Kamera stattgefunden hatte. Dafür hatte sie nun wirklich kein Verständnis mehr, daß sie in einem Film mitspielte, der vielleicht ihren Tod dokumentiert hätte.
    Zumal der Wasserverlust auch bedeutete, daß es eine trockene Reise werden würde. Um die Schutzfunktion des Wassermantels aufrechtzuerhalten, mußten sie den Schwund ausgleichen und Wasser aus dem Lebenserhaltungssystem abziehen. Der Wasserverbrauch für Körperhygiene, Küche und Raumpflege mußte drastisch eingeschränkt werden. Drinks konnten sie ab sofort vergessen. Keine Verschwendung. Als ob sie in der Wüste gelebt hätten.
    Doch durch die schnelle, effiziente Zusammenarbeit hatten sie auf der Erde Sympathien gewonnen. Es war das erste Mal, daß sie gemeinsam eine echte Krise gemeistert hatten. Das war etwas völlig anderes als eine Trainings-Simulation.
    Raoul wurde zum Medien-Helden gekürt; vor allem deshalb, weil er sich länger als die anderen im Erfassungsbereich der Kamera aufgehalten hatte.
    Als es vorbei war, verschliefen sie den Rest der ersten Woche. Müdigkeit war gar nicht einmal der ausschlaggebende Grund; der Schlaf stellte auch eine Flucht vor dem Gefühl dar, daß sie in einen Schraubstock gespannt würden. Es dauerte eine Weile, bis sie sich von dem Erlebnis erholt hatten. Jedes Besatzungsmitglied suchte die Hilfe seines psychologischen Betreuers.
    Axelrod hatte seine Freude daran. »Je gefahrvoller die Reise, desto besser die Stories«, sagte er und meinte es auch so.
    Apropos Stories – sie erkannten, daß sie nun Darsteller in etwas waren, das die Menschen auf der Erde als Fortsetzungsgeschichte betrachteten. Und in den langen,

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