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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gekratzt hast, fast eine ganze Flasche ausgetrunken habe?«
    »Nein.«
    »Weil ich nicht den Mut aufbrachte, Schluß zu machen. Das war's. – Aber das ist jetzt vorüber.«
    Sie gingen weiter, und Hendrik Merz begann so heftig und eifrig zu sprechen, als hinge unendlich viel davon ab, daß Descartes ihn begriff. »Diese Wahnvorstellungen … Es war nicht allein der Alkohol, glaub mir, Gilbert. Solche Dinge haben auch psychische Auslöser. Ich bin kein Alkoholiker, ich war drauf und dran einer zu werden, das ja, viel fehlte da nicht, aber Gott sei Dank hab' ich's nicht geschafft. Die Suchtphase war zu kurz. Und ich hab' vielleicht auch nicht genügend gesoffen. Ich war nur völlig …«
    »Du brauchst es mir nicht auseinanderzusetzen.«
    »Ich red' auch nicht mehr länger davon. Auch nicht von Mary. Ich werde, was passiert ist, nicht verdrängen. Sie wird mich begleiten. Aber ich bin darüber hinweg.«
    »Und die Tabletten?«
    »Die potenzieren die Wirkung des Alkohols – oder es läuft umgekehrt. Ist ja auch egal. Wichtig ist: Ich habe Ephedrin genommen, und das ist zum Glück ein Zeug, von dem du zwar abhängig werden kannst, das aber, wenn du es absetzt, keine Ausfallerscheinungen hervorruft. Das ist mein Glück.«
    »Und was sagt Dr. Nielsen?«
    »Ach der! Das übliche: Von mir aus, sagte er, wenn Sie sich die Operation zutrauen. Aber auf Ihre Verantwortung. – Und holen Sie sich die schriftliche Einwilligung des Patienten … Werde ich sowieso tun. Weißt du, Nielsen ist nichts als ein Opportunist. In meinen Augen lag es auch an ihm, daß ich so absackte. Er hätte es verhindern, er hätte mich zusammenstauchen können, ehe es bei mir richtig losging. Und wenn ich's mir überlege, habe ich den Eindruck, daß er es zuließ, weil er mich als Konkurrenten aus dem Weg haben wollte. Er hat sich nicht ein einziges Mal um mich gekümmert, als ich dort draußen in der ›Sunshine-Lodge‹ dahinvegetierte. Er hatte meine Adresse, doch er hat sie niemand gegeben, nur dir. Keine der Schwestern, niemand wußte Bescheid, wie es wirklich um mich stand. Verstehst du?«
    »Verstehen ist ein bißchen viel verlangt.«
    »Jedenfalls – wenn die Sache mit Ron gutgeht, wenn ich das hinter mir habe, schmeiß ich den Krempel im Hospital hin. Dann gründe ich meinen eigenen Laden. Ich bin hier bekannt. Ich brauche keine Sorgen zu haben. Aber am liebsten …«
    »Ja?«
    »Am liebsten würde ich weggehen. Irgendwohin. Auf eine andere Insel. Irgendwohin, wo mich nichts mehr an das erinnert, was hier passiert ist.«
    Gilbert Descartes schwieg.
    ***
    »Ovaku …« Ganz deutlich hatte er es gehört, dabei war die Stimme nichts als ein winziges, lebendiges … Etwas in dem ekelhaft auf- und abebbenden Rauschen statischer Störungen.
    Er preßte den Hörer ans Ohr. »Tama!« brüllte er. »Tama!«
    Nichts.
    Das Rauschen wurde stärker, überdeckte alles – doch dann, ja, wieder war ihre Stimme da! Und sie kämpfte wie ein Schwimmer mit dem scheußlichen Knistern, das sie zu verschlingen drohte: »Ovaku … du …«
    Er richtete sich auf, nein, er versuchte es – die Schmerzen schlugen zu. Er mußte den Hörer näher ans Ohr plazieren, aber die Armschiene war ihm im Weg, sie streifte den kleinen Tisch neben dem Bett, wischte die Wasserflasche, die dort stand, zu Boden. Von wo rief sie an? Von der Funkbude natürlich! Aber wie überhaupt hat sie es geschafft, die Frequenz einzustellen, die Nummer des King Taufa'ahau Tupou-Hospitals herauszufinden? – Na, wie, du Idiot?! Weil sie gut ist, weil sie es immer war, weil du ihr auch mal erklärt hast, wie das Ding funktioniert! Hast du es wirklich? Ja, vor langer Zeit und reichlich flüchtig. Dann, auf hoher See, ist es dir eingefallen: Herrgott, wieso bloß hast du Tama die Nummer nicht gegeben? Aber sie hat's allein geschafft. Und ob! – Da, da ist sie wieder! Und diesmal deutlicher … »Ovaku … Ich denk' immer an dich … solche Angst …«
    »Tama, paß auf.« Er zwang sich zur Ruhe. »Am Telefonsockel ist ein kleines schwarzes Rad. Dreh es nach links.«
    »Nach links … ja …«
    Und da war sie, so nah, so deutlich, als spräche sie aus der Zentrale: »Oh, Ovaku! Nun versteh' ich dich ganz … Das ist unglaublich! Ist das gut!«
    Ja, es war gut. – Gilbert, dieser verkrachte Philosophielehrer, konnte noch so lästern und seine Tiraden gegen die Technik loslassen, schon wegen dieses einen einzigen Gespräches hatten sich aller Ärger, aller Aufwand, alle Strapazen gelohnt.
    »Ovaku …

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