Das Roemische Imperium
erreichte.
Atempause in Constantinopel
Die Forderung nach Heimkehr der Kaisertochter war von Constantius nicht ganz uneigennützig, jedenfalls gelang es ihm, Honorius dazu zu bringen, ihm die Schwester 417 zur Frau zu geben. Sie schenkte ihm noch im ersten Ehejahr die Tochter Honoria und 419 den Sohn Valentinian, benannt nach dem kaiserlichen Großvater. Einmal in die Dynastie aufgenommen, setzte Constantius (III.) 421 auch seine Erhebung zum Augustus und die Galla Placidias zur Augusta durch. Der Ehemann starb noch im gleichen Jahr, und seine Frau geriet in die Mühlen der Hofintrigen. Sie setzte sich 422 nach Constantinopel ab, wo sie auf zwei weitere Kaiserinnen traf. Der dort seit dem Tod des Vaters Arcadius 408 regierende Theodosius II. (* 401) hatte 414 seine Schwester Pulcheria und 423 nach der Hochzeit mit Eudokia auch diese dazu ernannt. Westkaiser Honorius starb 423, was dessen Kanzleichef Johannes dazu nutzte, nach dem Purpur zu greifen.
Mausoleum einer Herrscherin
Ein tiefer Wandel der antiken Architektur unter dem Einfluss des Christentums lässt sich an einem äußerlich fast schmucklosen Bau in Ravenna ablesen: Das Mausoleum, das sich Kaiserin Galla Placidia dort hat errichten lassen, duckt sich förmlich und weist in seiner schlichten Ziegelbauweise durch nichts darauf hin, dass es unerhörte Schätze birgt. Alle künstlerische Mühe ist in die Gestaltung des Innenraums investiert worden: Marmorinkrustationen schmücken die Wände, leuchtende Mosaiken lassen die Gewölbe erstrahlen. Den Besucher empfängt über dem Eingang das Bild des guten Hirten in lieblicher Landschaft. Gegenüber an der Stirnseite schreitet der heilige Laurentius, dem die Kapelle geweiht ist, mit dem Kreuz auf der Schulter sieghaft dem glühenden Rost entgegen, auf dem er den Märtyrertod erleiden soll. Viel höher, als es tatsächlich ist, erscheint das Kreuzgewölbe mit dem golden bestirnten dunkelblauen Himmel, der die Blicke empor lenkt
Theodosius II., der wohl erkannte, dass er eine Gesamtherrschaft über beide Reichsteile nicht würde halten können und der auch dem Osten zu sehr verbunden war, ernannte den erst 5- jährigen Valentinian (III.) zum Mitkaiser und entsandte ihn mit der Mutter sowie einem Truppenaufgebot 424 nach Italien. Als rechtmäßige Mitglieder der Kaiserdynastie konnten sich beide dort rasch durchsetzen und den Usurpator Johannes beseitigen. Die tatkräftige und erfahrene Galla Placidia führte nun die Regentschaft für den unmündigen Sohn bis um 435, als er volljährig wurde. Danach zog sie sich mehr und mehr aus der Politik zurück, starb 450 in Rom und wurde dort auch bestattet. Der Sarkophag in der für sie um 430 in Ravenna erbauten wuchtigen Grabkapelle (siehe Kasten) blieb leer.
Im Innern des Gotteshauses entfaltet sich die frühchristliche Kunst. Das für Galla Placidia seit 430 in Ravenna errichtete Mausoleum ist eher eine Grabkapelle, in der die Besucher zur Andacht und zum Gedenken an die Verstorbene einkehren. Lichteffekte und Gewölbe lenken die Blicke zum golden bestirnten dunklen Himmel
(c) akg, Berlin
Geistig-geistliche Unruhe
Sinnsuche und Bekehrung des Augustinus (354–430)
Die Krise des Imperiums erfasste auch einen Mann, der später eben dieser Krise die Zeichenhaftigkeit absprechen sollte, die viele Christen zu erkennen meinten: Augustinus, 354 in Thagaste (Africa) geboren, war christlich erzogen worden, wandte sich aber als Jugendlicher ganz dem Kultur- und Vergnügungsbetrieb in Karthago zu, studierte Rhetorik und wurde selbst Dozent für dieses Fach. Bei allen Ablenkungen beschäftigte er sich trotzdem mit den klassischen Schriften, vor allem mit Cicero, der in ihm die Liebe zur Philosophie weckte. Die erhoffte Orientierung aber vermochte er Augustinus nicht zu geben, und auch die Bekanntschaft mit den Lehren der Manichäer ließ die geistig-geistliche Unruhe in dem jungen Mann eher wachsen, die sicher auch gespeist war durch die wachsende Not der Zeit. Er ging 384 nach Rom, erhielt einen Ruf als Rhetorik-Professor nach Mailand, der kaiserlichen Residenz, und fand Kontakt zum dortigen Bischof Ambrosius.
Pelagianismus
In der Nachfolge des Apostels Paulus entwickelte Augustinus die Lehre von der Erbsünde weiter, nach dem der Mensch durch den Sündenfall schon im Stand des Unheils geboren werde und nur durch die Gnade Gottes in der Erlösungstat Jesu Christi Vergebung finden kann. Gegen diese Fesselung des freien Willens wandte sich ein Zeitgenosse des Augustinus, der
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