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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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schon mal einen Acker umgegraben?“
    „Nein, aber so schwierig kann es nicht sein“, erwiderte Victorian. „Außerdem will ich für die Familie ein gutes Wort bei König Theodoric einlegen, wenn er nach Greystone kommt. Immerhin ist der König mein Patenonkel.“
     

28
     
    Greystone, März
     
    „Es ist schon wieder keine Antwort von Ronen dabei!“ Enttäuscht ließ Ian die Briefe in seiner Hand sinken, die der Diener Robert ihm in die Apotheke gebracht hatte. Er hatte schnell die Handschriften überflogen, doch die seines Bruders war nicht darunter gewesen.
    Joanna, die ebenfalls ihre Post durchgesehen hatte, hob überrascht den Kopf. „Ich wusste gar nicht, dass du Ronen geschrieben hast.“
    Ian schwieg einen Moment. Nach dem Streit letztes Jahr im April hatte er tatsächlich lange keine Lust verspürt, mit seinem Bruder in Kontakt zu treten. Und dann hatte er aufgrund der turbulenten Ereignisse der letzten Monate die Versöhnung mit ihm immer wieder aufgeschoben. Doch im Dezember gestand ihm Charlotte während ihres Besuches, dass sie sich Sorgen um Ronen machte, auch wenn sie dieses Gefühl nicht genau begründen konnte, und Ian hatte entschieden, etwas zu unternehmen.
    „Anfang Januar habe ich Ronen zum ersten Mal geschrieben“, erklärte er Joanna, „aber er hat nicht geantwortet. Mitte Februar habe ich ihm einen zweiten Brief nach Delaria geschickt. Das ist jetzt genau einen Monat her, und er reagiert nicht!“
    „Ist er denn überhaupt in Delaria?“, erkundigte sich Joanna. „Vielleicht hat er eine längere Reise unternommen?“
    Ian schüttelte den Kopf. „Nein, das hätte er Charlotte mitgeteilt. Ronen muss in der Stadt sein. Allerdings hat er ihr auch schon länger nicht mehr geschrieben, sagt Charlotte.“
    „Das klingt in der Tat seltsam“, gab sie zu.
    „Natürlich kann es tausend Gründe dafür geben, warum er nicht schreibt.“ Er zuckte mit den Schultern. „Möglicherweise will er auch einfach nichts mehr mit mir zu tun haben ... trotzdem bin ich beunruhigt.“
    Joanna seufzte. „Dann haben wir jetzt zwei Sorgenkinder.“
    „Eloïse?“
    Sie nickte. „Es geht ihr überhaupt nicht gut. Nach außen wirkt sie wie immer, aber in ihren Augen ist eine Traurigkeit, die mir ganz und gar nicht gefällt.“
    „Victorian hätte Amira niemals nach Greystone bringen dürfen“, erklärte Ian. „Ich kann Eloïses Verzweiflung nur zu gut nachfühlen. Drei Tage lang dir und Prinz Kaylan zusehen zu müssen, war schon verdammt hart, dabei wart ihr nicht einmal verlobt.“
    Joanna trat zu ihm und strich mit den Fingern über sein Gesicht. „Dafür werden wir bald verlobt sein.“
    „Ein Zustand, den ich kaum erwarten kann.“ Er zog ihre Hand zu seinem Mund und küsste ihre Finger. „Und sobald wir verlobt sind und ich wieder geadelt bin, reite ich zu Ronen nach Delaria.“
    „Dann fang schon mal an zu packen, Ian.“ Jake lehnte am Türrahmen und winkte mit einem Brief in seiner Hand. „Nachrichten von Bennett: Morgen kommt der König.“
     
    Joanna stand in der Bibliothek und nestelte an ihrem Kleid. Die Kunde von der Ankunft des Königs hatte sich gestern wie ein Lauffeuer in der Burg verbreitet und alle Bewohner in Aufregung versetzt. Der Festsaal war geputzt und dekoriert worden, und Hannah hatte seit gestern ihre Küche nicht mehr verlassen. Jake und Galad hatten sich für Stunden zurückgezogen, um ihr strategisches Vorgehen zu besprechen, was Joannas Nervosität nur noch gesteigert hatte. Die Studentinnen waren in kleinen Grüppchen in ihre Zimmer verschwunden, wo sie sich ausführlich um ihre Garderobe kümmerten, während die jungen Männer ein ums andere Mal ihre Schwerter und Stiefel polierten. Nur Ian war nach Jakes Ankündigung die Ruhe selbst gewesen und hatte zu dem Durcheinander um ihn herum nur geschwiegen. Als Joanna ihn am Abend darauf angesprochen hatte, hatte er gelächelt.
    „Seit nunmehr vierzehn Monaten warte ich auf das Eintreffen des Königs, Joanna. Egal, wie die Entscheidung Seiner Majestät ausfallen wird: Das zermürbende Abwarten, die ständige Hoffnung und die Angst, doch enttäuscht zu werden – sie werden morgen ihr Ende finden.“ Er küsste sie auf die Stirn. „Entweder bin ich morgen wieder ein Adliger und dein zukünftiger Ehemann, oder wir verlassen Telamen und beenden meine Ehrlosigkeit auf diese Weise.“
    Zum wiederholten Male strich Joanna eine nicht vorhandene Falte in ihrem Rock glatt. Sie hatte ihr bestes Kleid an, denn, wenn alles gut

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