Das rote Band
Fängen der Entführer befreit hatte.
„Ich bin Connor, das sind Tam und Ned“, stellte der Soldat, der Ian angesprochen hatte, sich und seine Kameraden vor. Der junge Hauptmann war Anfang dreißig, groß gewachsen, mit kurzen braunen Locken und braunen Augen. „Glückwunsch zu deiner Ernennung zum Fechtmeister, Ian.“ Connor reichte Ian die Hand. „Wir waren im Festsaal anwesend. Die Bekanntgabe deiner Ehrlosigkeit hat dem Verlauf des Abends eine gewisse Spannung gegeben“, fügte er grinsend hinzu.
Ian erwiderte sein Lachen. „Wem sagst du das.“
Connor wies auf den Berg von Waffen. „Warum rufst du dir keine Diener, die dir beim Aufräumen helfen?“
„Ich will die Waffen auf ihre Verwendbarkeit durchsehen, die Dienstboten haben dafür zu wenig Ahnung.“
„Aber sie könnten die Kisten reinigen und die Kammer putzen“, erwiderte Connor.
Ian schwieg. Die Idee, Diener zur Unterstützung zu rufen, war ihm auch schon gekommen. Allerdings war er nicht sicher, ob die Knechte und Mägde seiner Anordnung folgen würden. Ronens Worte hatten ihn mehr verunsichert, als er zugeben wollte, weshalb er darauf verzichtet hatte.
„Pass auf“, sprach Connor weiter, „wir helfen dir beim Ordnen der Waffen, dafür besuchst du uns heute Abend in den Soldatenunterkünften.“
„Warum?“
„Weil wir dich kennenlernen wollen. Außerdem schwärmt der Oberbefehlshaber, Sir Perrin, ständig von dir.“
„Gut.“ Ian nickte. „Ich kann fachkundige Hilfe gebrauchen.“ Zudem freute er sich über die Einladung der Soldaten.
Tam und Ned gingen zu den am Boden ausgebreiteten Waffen, während Connor sich erbot, Diener von der Burg zu holen. Ian lehnte ab, doch der Hauptmann, der seine Bedenken zu erraten schien, schüttelte entschieden den Kopf. „Du bist der Fechtmeister, Ian, das hat der Earl unmissverständlich klargestellt. Und wenn sie sich stur stellen“, er zog sein Schwert, warf es in die Luft und fing es geschickt wieder auf, „werde ich ihnen ein bisschen auf die Sprünge helfen. Bis heute Abend ist die Waffenkammer blitzblank, eingeräumt und sortiert.“
Mit Einbruch der Dämmerung machte sich Ian auf den Weg zu den Soldatenunterkünften. Was die Waffenkammer betraf, hatte Connor recht behalten: Durch die Hilfe der Diener und der Soldaten war die Arbeit bereits nach wenigen Stunden erledigt gewesen, und der Raum strahlte vor Sauberkeit. Ian lief an den Pferdeställen vorbei und stand wenig später vor den Unterkünften, in denen die Männer der Burgwache untergebracht waren. Die kleinen, zweistöckigen Gebäude schmiegten sich an die Burgmauer, und aus den winzigen Fenstern drang Kerzenschein. Fackeln erleuchteten den Platz vor den Häusern, und in einiger Entfernung konnte Ian einen überdachten Übungsplatz erkennen. Hinter ihm erklangen Schritte, und er drehte sich um.
Connor kam auf ihn zu. „Willkommen, Fechtmeister! Schön, dass du den Weg hierher gefunden hast.“
Ian lachte. „Ich komme gerne. Außerdem bin ich neugierig, ich habe mich hier noch nie genauer umgesehen.“
„Für eine Führung ist es schon zu dunkel, aber ich bringe dich in unsere Wachstube und stelle dich den anderen vor.“ Connor wies auf ein flaches Gebäude, das etwas abseits der anderen stand.
Kurz darauf betrat Ian an der Seite des jungen Hauptmanns den Raum. Etwa zwanzig Soldaten saßen an Tischen und Bänken zusammen und vertrieben sich die Zeit mit Würfelspielen. Connor stellte ihn vor, und die Männer, von denen Ian die meisten vom Gesicht her kannte, begrüßten ihn erfreut.
„Setzen wir uns und trinken etwas“, sagte Connor, nachdem die Vorstellung beendet war. Sie ließen sich auf einer Bank nieder, und der junge Hauptmann nahm zwei Becher von einem Tablett und goss Wein ein. „Darf ich erfahren, warum du ehrlos bist?“, fragte er und schob Ian den gefüllten Becher zu.
Auf Connors Frage hin reckten einige der Soldaten die Köpfe.
„Das ist eine längere Geschichte“, erwiderte Ian und trank einen Schluck.
Lächelnd klopfte Connor gegen den Weinkrug. „Wir haben Zeit.“
Mehrere Männer standen auf und kamen zu ihnen. Erwartungsvoll sahen sie Ian an.
„Also gut.“ Ian stellte den Becher ab. „Dann hört zu …“, begann er. Neben den Gründen für seine Ächtung interessierte die Soldaten vor allem seine Erfahrungen im Kampf . Und so erzählte Ian ihnen, wie der Burgschmied von Darkwood und ein Wachmann – ein ehemaliger Söldner im Heer des Königs – ihm den Umgang mit Waffen
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